EM-Teamcheck, Gruppe A Schweiz muss um Trainer Yakin kämpfen
Deutschlands Gruppengegner Schweiz ging mit einem XXL-Kader in die Vorbereitung und ist auch zum EM-Start in der Findungsphase. Das trifft auch auf Trainer Murat Yakin wegen seiner Zukunft zu.
"Es hat sich nichts verändert: Eine Vertragsverlängerung mit Murat ist Plan A", sagte Nationalmannschaftsdirektor Pierluigi Tami im Vorbereitungscamp in St. Gallen. Die Zukunft seines Coaches hätte er gerne schon vorab geklärt, Yakin selbst wollte aber noch keine Entscheidung treffen. So schwebt diese offene Personalie wie ein Damoklesschwert über dem Turnier.
Ausgangslage
Die Schweiz ist so etwas wie der ewige Geheimfavorit, aber konnte noch nie auch nur annähernd in die Regionen kommen, um wirklich dann auch die ganz große Überraschung zu schaffen. Aber die Schweizer bestechen durch Konstanz, seit 2004 waren sie abgesehen von der EM 2012 bei allen großen Turnieren dabei, bei Welt- und Europameisterschaften haben sie fünfmal in Folge die Gruppenphase überstanden. Mehr als das Viertelfinale bei der EURO 2020 war aber noch nicht drin.
Und auch in diesem Jahr sieht nicht allzu viel danach aus, als würde sich daran etwas ändern. Die Qualifikation verlief sehr holprig, das Gelingen entschied sich erst in der Schlussphase - dabei war die Gruppenbesetzung mit Rumänien, Israel, Belarus, dem Kosovo und Andorra nicht allzu stark. Es reichte dennoch nur zu vier Siegen in zehn Spielen.
Vielleicht hatte Yakin auch deswegen 38 Spieler in den vorläufigen Kader berufen, schickte dann fünf Profis nach Hause, ehe er seinen endgültigen 26-Mann-Kader bekanntgab. In dem stehen mit Breel Embolo und Denis Zakaria auch zwei ehemalige Bundesligaspieler, die allerdings in den vergangenen Wochen verletzt waren.
Trainer
Nach der vergangenen EM hat Murat Yakin den Trainerposten in der Schweiz angetreten, ist der Nachfolger von drei Coaches (Jakob Kuhn, Ottmar Hitzfeld und Vladimir Petkovic), die die "Nati" jeweils über mindestens sechs Jahre geprägt haben. Sein Vertrag läuft nur noch bis zum Ende der EM, weil er ihn selbst bisher nicht verlängern wollte. Der Verband hat diesen Wunsch mehrfach geäußert, der Trainer selbst will aber erst nach dem Turnier entscheiden. Vielleicht auch, weil er schon häufig in der Kritik stand.
Im März hat Yakin auf ein 3-5-2-System umgestellt - auch, weil es viele der Spieler aus ihren Vereinen kennen. Das fiel zulasten der Offensive, war aber erfolgreich, die Schweiz blieb gegen Dänemark (0:0) und Irland (1:0) ohne Gegentor. Der Trainer versprach aber: "Wir werden in diesem System zu Chancen kommen, weil wir variabel auftreten und im Sturm unterschiedliche Optionen haben." Und tatsächlich gab es zumindest im Test gegen Estland (4:0) vor dem EM-Start eine Verbesserung, gegen Österreich (1:1) war es wieder holprig.
Superstar
Mit Spannung war die Entscheidung im "Nati"-Tor erwartet worden. Mit Yann Sommer, der seit ewigen Zeiten die Nummer 1 war, und Gregor Kobel von Borussia Dortmund hat die Schweiz zwei herausragende Keeper zur Auswahl, das Duell erinnert ein wenig an das in Deutschland zwischen Oliver Kahn und Jens Lehmann 2006 - mit dem Unterschied, dass Platzhirsch Sommer seinen Platz behält. Ansonsten ragen Manuel Akanji von Manchester City und Granit Xhaka, der mit Bayer Leverkusen das Double gewann, heraus.
Akanji ist beim englischen Meister unter Pep Guardiola gesetzt, weil er stark verteidigt, aber auch für den Ballbesitzfußball enorm wichtig ist. Selbiges gilt auch für Xhaka, der obendrein wie im Klub der unangefochtene Leader ist. Ihre Performance wird für den Schweizer Erfolg entscheidend sein.
Players to watch
Der Kader ist vor allem in der Defensive sehr erfahren, die Offensive litt zuletzt sehr unter der neuen Taktik - aber genau da sind die talentierten Spieler der Schweizer "versteckt". Noah Okafor und Dan Ndoye sind zwei Außenbahnspieler, die in der italienischen Serie A bei AC Mailand und dem Überraschungsteam FC Bologna für Furore gesorgt haben. Mit ihrer Schnelligkeit könnten sie der Schlüssel sein, wenn die Schweiz aus einer dichten Defensive heraus ihre Gegner auskontern möchte.
Nice to know
Für die Schweizer wäre es sogar möglich, Pausen während des Turniers für einen kleinen Abstecher in die Heimat zu nutzen. Die "Eidgenossen" haben sich entschieden, ihr Mannschaftsquartier in Stuttgart zu beziehen, sie sind damit am nächsten von allen Teilnehmern (abgesehen von Gastgeber Deutschland) am eigenen Land dran. Von der Schweizer Grenze bis zum EM-Quartier sind es Luftlinie lediglich etwas mehr als 200 Kilometer.
So könnten sie spielen
Die Taktik ist mittlerweile klar, aber das Personal sehr offen. Anders als Gruppengegner Deutschland hat die Schweiz in den Testspielen noch nicht ihre Startelf gefunden. Es gibt ein Gerüst, aber drumherum finden in der Vorbereitung harte Positionskämpfe statt. Vieles hängt auch davon ab, ob Zakaria (Oberschenkelverletzung) und Embolo (Muskelverletzung) mitwirken können.
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