Auf einer Anzeigetafel in einem Fußballstadion wird die Nachspielzeit angezeigt

EM 2024 UEFA: Keine lange Nachspielzeit wie bei der WM

Stand: 12.06.2024 20:39 Uhr

Die UEFA hat kurz vor dem EM-Start klargemacht, wie die Schiedsrichter bei dem Turnier vorgehen werden: Lange Nachspielzeiten wie bei der WM soll es nicht geben, nur der Kapitän darf mit dem Schiedsrichter sprechen.

Bei der WM in Katar dauerten mehrere Spiele mehr als 100 Minuten. Das soll es bei der EM nur in Ausnahmefällen geben. "Wir haben die Schiedsrichter aufgefordert, das Spiel zu beschleunigen", sagte Roberto Rosetti, Schiedsrichterchef der UEFA, bei einem Medientermin in München am Mittwoch (12.06.2024). Bei Unterbrechungen soll das Spiel schnell wieder aufgenommen werden.

Acht oder neun Minuten kämen durchaus in Frage. Das Ausmaß der WM soll aber nicht zum Regelfall werden. Rosetti verwies darauf, dass es in Europa eine hohe Nettospielzeit gebe, gerade in der Champions League.

Roberto Rosetti, Schiedsrichterchef der UEFA

Roberto Rosetti, Schiedsrichterchef der UEFA

Nur der Kapitän soll mit dem Schiedsrichter sprechen

Rosetti verteidigte den Ansatz, dass bei wichtigen Entscheidungen nur der Kapitän mit dem Schiedsrichter sprechen soll. "Wir machen das nicht für die Schiedsrichter, sondern für das Spiel und sein Image." Man wolle Erklärungen liefern, aber eben direkt dem Kapitän und nicht allen Spielern in einer möglichen Situation der Bedrängnis.

Dem Dortmunder Nico Schlotterbeck wird beim Champions-League-Finale in Wembley die Gelbe Karte vom Schiedsrichter gezeigt.

Dem Dortmunder Nico Schlotterbeck wird beim Champions-League-Finale in Wembley die Gelbe Karte vom Schiedsrichter gezeigt.

Das Vorgehen:

  • Bei wichtigen Entscheidungen darf nur der Kapitän mit dem Schiedsrichter sprechen. Ist der Kapitän ein Torwart, soll ein anderer Ansprechpartner festgelegt werden.
  • Die Trainer erhalten laut Rosetti dieselben Informationen über den vierten Offiziellen.

Bundestrainer Julian Nagelsmann sagte, dass er die Regel "generell sehr gut" fände. "Es wird zuviel gelabert im Fußball, auch von mir." Das Vorgehen kommt nun allerdings ohne Erprobung zum Einsatz. "Es ist vielleicht einen Tick spät", sagte Nagelsmann. "Es ist nicht so leicht für Spieler, die an Verhaltensweisen gewöhnt sind, das komplett zu ändern", sagte Nagelsmann. Die Spieler seien aber sensibilisiert.

Die Befürchtung: Drohen viele Gelbe Karten, die im modernen Fußball schnell Auswirkungen auf das Spiel haben können? Rosetti verneint das. "Die Trainer, die Spieler, alle haben die Nachricht verstanden. Alle sind informiert. Wir müssen damit anfangen, und wir fangen damit jetzt an", sagte Rosetti. Der Ansatz ist im Regelwerk grundsätzlich möglich, es ist eine Interpretation der Regeln, wann Gelbe Karten für das Beschweren durch Spieler fällig werden. "Die Spieler sollten nachdenken: Warum zum Schiri gehen? Er ändert seine Entscheidung nicht."

Nagelsmann: "Kommt vielleicht einen Tick spät"

Sportschau

Schneller Rot bei Fouls, Halten soll stärker geahndet werden

Rosetti präsentierte in München mehrere Videos und erklärte weitere Vorgaben an die Schiedsrichter:

  • Die Schwelle zur Roten Karte bei groben Fouls werde niedrig sein.
  • Auf Halten im Strafraum, beispielsweise bei Eckbällen, soll verstärkt geachtet werden und gegebenenfalls ein Elfmeterpfiff erfolgen.
  • Rosetti wies nach eigenen Angaben die Spieler darauf hin, dass Schwalben wegen des Video-Assistenten sinnlos seien.
  • Der Umgang mit Handspiel werde so sein wie im Europapokal
  • Viel Technik kommt zum Einsatz: Video-Assistent, Torlinientechnik, halb-automatische Abseitserkennung und der Chip im Ball, beispielsweise zur Ermittlung des Moments der Ballabgabe bei Abseitspositionen. "Wir haben alles. Und wir haben die beste verfügbare Technik", sagte Rosetti.
  • Bei Entscheidungen des Video-Assistenten soll auf den Videowänden ein Text angezeigt werden, der das Vergehen näher erläutern soll. Bei FIFA-Turnieren sagten die Unparteiischen dies zuletzt durch das Stadionmikro an.

Keine Frau dabei? "Wir wählen nur nach Qualität aus"

Bei der EM ist keine Schiedsrichterin dabei, ausschließlich Männer leiten die Spiele. Bei der WM in Katar war noch Stéphanie Frappart aus Frankreich im Einsatz. "Wir wählen nur nach einem Kriterium aus: Qualität", sagte Rosetti. "Ich bin zufrieden mit diesen Schiedsrichtern."

Stéphanie Frappart leitete bei der WM in Katar das deutsche Gruppenspiel gegen Costa Rica.

Stéphanie Frappart leitete bei der WM in Katar das deutsche Gruppenspiel gegen Costa Rica.

ARD-Schiedsrichterexperte Lutz Wagner äußerte sich ebenfalls zum Thema. "Die UEFA geht nach strikten Leistungskriterien der vergangenen Saison", sagte Wagner. "Da es nicht so viele Spiele sind wie bei der Weltmeisterschaft, wird somit auch eine geringere Anzahl an Schiedsrichtern nominiert."