Schult und Hildebrand zu Neuer/ter Stegen Torwartexperten über Kampf ums deutsche Tor
Bundestrainer Julian Nagelsmann interessiert die Torwartdiskussion nicht, Almuth Schult hält sie für "absolut nachvollziehbar". Die Sportschau-Expertin und der ehemalige Nationaltorhüter Timo Hildebrand sprechen über Manuel Neuer und Marc-André ter Stegen, mögliche Unruhe und das Duell Kahn gegen Lehmann 2006.
Die einen Zahlen sagen, dass Marc-André ter Stegen ins Tor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft soll, andere Zahlen sprechen für Manuel Neuer.
Ter Stegen hat das Momentum der Fans
Ter Stegen hat das berüchtigte Momentum, das sich aus Online-Umfragen ergibt, die in den überwiegenden Fällen nicht repräsentativ, dafür aber sehr stimmungsabhängig sind. Daher ist ter Stegen aktuell in den meisten Umfragen deutlich vorne, er profitiert dabei von der Stimmung unter den deutschen Fußballfans, die wiederum geprägt wird von den Fehlern Manuel Neuers.
Schult: Diskussion ist "absolut nachvollziehbar"
"Es ist ungewöhnlich, dass das gerade so häufig passiert", sagte der ehemalige Nationaltorhüter Timo Hildebrand im Gespräch mit der Sportschau, Neuer sei in den vergangenen Wochen "nicht die Institution und der vertrauensvollste Torwart" gewesen. Woran das liege, "kann ich nicht hundertprozentig sagen".
Sportschau-Expertin Almuth Schult hält die seit Tagen wabernde Torwartdiskussion für "absolut nachvollziehbar", schränkt jedoch ein: "Es ist ja nicht so, dass Manuel Neuer katastrophal gespielt hat, sondern er hat einzelne Fehler drin gehabt."
Schult und Hildebrand einig: Nagelsmanns Entscheidung richtig
Sowohl Schult als auch Hildebrand finden die Entscheidung von Bundestrainer Julian Nagelsmann richtig, an Neuer festzuhalten. Die ehemalige Nationaltorhüterin Schult sagt: "Also einen oder zwei Tage vorher noch was zu ändern, bringt schon Unruhe in die Mannschaft." Dann würden auch Feldspieler Zweifel bekommen, ob der Bundestrainer zu seinem Wort stehe, das er in den Rollengesprächen im Frühjahr gegeben habe.
Die Zahlen, die für Neuer sprechen, generieren sich aus den Daten, die in jedem Spiel erhoben werden. Neuer kassierte in seinen 119 Länderspielen weniger als einen Treffer pro Partie, bei ter Stegen sind es 1,2. Nur die Spiele seit der WM 2022 berücksichtigt, sind es bei ter Stegen sogar 1,5 Tore. Die einzige Kategorie, in der ter Stegen in der Nationalmannschaft mit seinem Kontrahenten mithält, ist die Quote der vereitelten Großchancen, also meistens Eins-gegen-eins-Duelle.
Vereinfacht gesagt sind Marc-André ter Stegens Leistungen beim FC Barcelona besser als in der Nationalmannschaft, in der er seit Jahren geduldig auf einen Einsatz bei einem großen Turnier warten muss.
"Die Rollen sind klar verteilt und deswegen bringt es auch nichts, wenn er auf Radau geht", sagt Timo Hildebrand zu ter Stegens defensiven Äußerungen mit Blick auf den Kampf um das deutsche Tor.
Auch Kahn und Lehmann damals dem großen Ziel untergeordnet
Hildebrand erlebte vor und während der WM 2006 hautnah, wie ein solcher Kampf aggressiv geführt werden kann. Oliver Kahn als Platzhirsch und Jens Lehmann als Herausforderer forderten den Platz vehement ein, behaupteten öffentlich, auf jeden Fall der Bessere zu sein. "Natürlich waren das zwei Alphatiere", blickte Hildebrand zurück, und "es war jetzt nicht das lockere Verhältnis".
In der direkten Vorbereitung auf die WM und während des Turniers in Deutschland sei von dem angespannten Verhältnis aber nichts zu merken gewesen oder habe sich sogar auf die Gruppe übertragen. "Letztlich war es so, dass sich jeder untergeordnet hat, um dieses große Ziel, Weltmeister zu werden, zu erreichen."