Assistent von Julian Nagelsmann Sandro Wagner - inzwischen still
Sandro Wagner ist lange keinem Shitstorm aus dem Weg gegangen, auch weil er sich unterschätzt fühlte. Als Assistent von Bundestrainer Julian Nagelsmann schweigt er, unterschätzen wird ihn niemand mehr.
Erst am Montag (17.06.2024) wird die deutsche Fußball-Nationalmannschaft wieder gemeinsam trainieren. Am Tag nach dem 5:1-Auftaktsieg gegen Schottland hatte Bundestrainer Julian Nagelsmann frei gegeben und am Sonntag wurde individuell trainiert.
An solchen Tagen saßen bei Pressekonferenzen des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) häufig die Assistenten der Bundestrainer Joachim Löw und Hansi Flick auf dem Podium, also etwa Thomas Schneider und Marcus Sorg.
Der Assistent von Julian Nagelsmann ist Sandro Wagner, und vermutlich würden selbst Thomas Schneider und Marcus Sorg zugeben, dass dessen Unterhaltungsfaktor höher ist als ihrer. Schließlich hat Sandro Wagner schon einige große Auftritte gehabt. Bei der EM 2021 bewertete er noch die Leistungen der Nationalmannschaft als Experte für das ZDF, gut vorbereitet, eloquent und meinungsstark.
Früher Schlagzeilen, heute Schweigen
Große Schlagzeilen rief er mit gedruckten Aussagen hervor, etwa im Jahr 2016 mit: "Viele meiner Fußball-Kollegen finde ich nur noch peinlich und zum Fremdschämen." Wenn er schaue, wie viele Profis sich "aalglatt geben und deren Hauptsache es ist, nichts Falsches zu sagen, das finde ich unglaublich".
Der "Sport-Bild" sagte er im selben Jahr: "Gemessen an all dem, was man aufgibt, finde ich, dass auch die bei Bayern zu wenig verdienen - selbst zwölf Millionen oder so. Die Profis in den amerikanischen Ligen bekommen auch deutlich mehr."
Sandro Wagner scheut keinen Shitstorm, aber inzwischen hält er sich in der Öffentlichkeit verbal zurück. Seitdem der gebürtige Münchner im September 2023 zum Assistenten von Nagelsmann aufstieg, ist nichts von ihm zu hören und zu lesen.
Beim Training ist hingegen viel von ihm zu hören, auch bei den Spielen ist er sehr aktiv und häufig mit Nagelsmann im Austausch. Über Wagner ist zu hören, dass er extrem gut bei den Spielern ankommt und ziemlich großen Einfluss hat, auch auf seinen ebenfalls erst 36 Jahre alten Chef, gerne auch eigene Ideen einbringt.
Khedira über Wagner: "Großer Kommunikator mit klarer Meinung"
Sami Khedira wurde 2009 mit Wagner zusammen Europameister mit der U21, Stürmer Wagner schoss im Endspiel beim 4:0 gegen England zwei Tore. Es sei ein "Coup", dass der DFB nun einen solchen Assistenztrainer habe, sagte Khedira dem Portal "fussballnews". Er nennt Wagner einen "großen Kommunikator mit klarer Meinung", der "aber auch mit hohem fachlichen Wissen" überzeuge und deshalb "eine perfekte Ergänzung zu Nagelsmann" sei.
Khedira wurde 2014 mit der A-Nationalmannschaft Weltmeister. Wagner spielte damals bei Hertha BSC. In der Saison vor dem Turnier in Brasilien schoss er in 25 Bundesligaspielen zwei Tore, in der Saison danach in 15 Spielen keines.
Darmstadt, Hoffenheim, Nationalmannschaft, FC Bayern
Große Klappe, wenig dahinter - das war der Eindruck. Sandro Wagner war aber immer von sich überzeugt, und er strafte die Kritiker Lügen. Bei Darmstadt 98 blühte der Mittelstürmer auf, wechselte zur TSG Hoffenheim und später zum FC Bayern München. Er wurde sogar zum Nationalspieler, gewann 2017 in Russland den Confed Cup und hoffte darauf, ein Jahr später dort auch bei einer Weltmeisterschaft spielen zu können.
Aber Joachim Löw nominierte ihn nicht. Wagners Reaktion war ein sofortiger Rücktritt aus der Nationalmannschaft mit entsprechendem Tamtam. Via "Bild-Zeitung" teilte er mit: "Für mich ist klar, dass ich mit meiner Art, immer offen, ehrlich und direkt Dinge anzusprechen, anscheinend nicht mit dem Trainerteam zusammenpasse."
Vom DFB nach Unterhaching und zurück
Zwei Jahre später, inzwischen hatte er seine Karriere nach einem Gastspiel in China beendet, war der DFB sein Arbeitgeber. Trainer zu sein, sei schon lange sein Wunsch gewesen, sagte Wagner dem Magazin "11Freunde", daher habe er sich schon lange Notizen über seine Trainer gemacht.
Die erste Station außerhalb des Verbandes war die SpVgg Unterhaching, mit der er in die 3. Liga aufstieg. Schon vorher hatte er aber seinen Abschied angekündigt. Wagner ging wieder zum DFB, wurde Co-Trainer bei der U20 und wenig später bei der Nationalmannschaft.
Wie Nagelsmann und die weiteren Mitglieder des Trainerstabes, unterschrieb auch Wagner im Mai einen neuen, bis nach der Weltmeisterschaft 2026 gültigen Vertrag. Was kommt danach? Unterschätzen wird ihn niemand mehr.