Betreiben momentan Jobteilung: Die deutschen Stürmer Kai Havertz und Niclas Füllkrug

Achtelfinale gegen Dänemark Havertz oder Füllkrug - beide zu ihrer Zeit

Stand: 26.06.2024 18:16 Uhr

Kai Havertz oder Niclas Füllkrug? Bundestrainer Julian Nagelsmann setzt auf beide, aber zu ihrer Zeit. Im EM-Achtelfinale gegen Dänemark spricht auch wieder einiges für diesen Plan.

Beatles oder Stones? Berge oder Meer? Pizza oder Pommes? Drei zeitlose Fragen, die außer einer klaren Antwort auch die Gegenfrage erlauben: "Warum nicht beides?" Oder die Antwort: "Beides, nur nicht gleichzeitig."

Zeitlos ist die Frage nicht, aber sie wird derzeit inflationär gestellt. Auch Füllkrug selbst wurde am Mittwoch (26.06.2024) im Interview mit der Sportschau gefragt. Er antwortete: "Am Ende ist das Wichtigste, dass wir den Titel holen. Ob das jetzt als Startelfspieler ist oder als Einwechselspieler, das muss der Trainer entscheiden."

Breite Mehrheiten für Füllkrug

Unter deutschen Fußballfans gibt es meist eine klare Antwort. In Online-Umfragen ergeben sich teils sehr große Mehrheiten für Füllkrug als Spieler in der Startelf. Der Mittelstürmer profitiert dabei sicherlich von seinem umjubelten Tor zum 1:1 gegen die Schweiz, das in der Nachspielzeit den Gruppensieg brachte und die deutsche Fußballnationalmannschaft ins Achtelfinale der EURO 2024 nach Dortmund.

Zumindest an diesem Ort wäre der Platz auf der Bank für den Stürmer ein ungewohnter. Im Stadion der Borussia ist Füllkrug seit etwa zehn Monaten zu Hause. Erst ein Mal erlebte er in dieser Zeit, dass er zunächst Ersatz war und später eingewechselt wurde. Das war bei seinem Bundesligadebüt für den BVB am 1. September gegen den 1. FC Heidenheim.

Havertz ist der Stürmer für Plan A

Ein zweites Mal wird es wohl am Samstag (29.06.2024) passieren. Bundestrainer Julian Nagelsmann hat nämlich seit Wochen eine sehr klare Antwort auf die Frage "Havertz oder Füllkrug?". Sie lautet: "Beide, aber zu ihrer Zeit."

Kai Havertz ist der zentrale Stürmer für Plan A, ein Spiel, das sich in der Offensive auf die Mitte konzentriert, mit vielen Positionswechseln zwischen eben Havertz und der Dreierreihe dahinter mit Jamal Musiala, İlkay Gündoğan und Florian Wirtz.

Schnelle kurze Pässe, Dribblings und Läufe, die Raum für den Spieler mit Ball schaffen sollen, sind die erste Option für den Bundestrainer, und daher ist Havertz seine Wahl für die Startelf.

Deutlich bessere Passquote bei Havertz

Der Profi des FC Arsenal ist einer, der ein besseres Gefühl dafür hat, Räume zu schaffen, der lieber mal in die Halbräume oder gar auf den Flügel ausweicht. In der Nationalmannschaft kommen bei ihm 87,5 Prozent aller Pässe an. Bei Füllkrug sind es knapp unter 70 Prozent.

Kai Havertz und Niclas Füllkrug im Vergleich
Havertz Füllkrug
Länderspiele 49 19
Einwechslungen 12 13
Minuten gespielt 3.088 739
Tore 17 13
Minuten für ein Tor 182 57
Assists 17 2
Min. für einen Assist 182 370
Tore zum 1:0 4 3
Kopfballtore 2 1
Torschüsse 81 37
Torschüsse für ein Tor 4,8 2,8
Großchancen verwertet (in %) 66,7 63,6
Passquote (in %) 87,5 69,3
Ballkontakte pro 90 Min. 56 28
Zweikämpfe gewonnen (in %) 42,6 46,8
Flanken 17 2

Tiefenläufe, die Raum schaffen, sind im Fußball keine harte Währung, erst recht nicht für Stürmer. Anders sieht das schon bei den Assists aus. Havertz liefert jedes zweite Spiel erfolgreich zu, Füllkrug benötigt doppelt so lange.

Füllkrugs herausragende Quote

Dafür benötigt Niclas Füllkrug nur 57 Minuten für ein Tor. Das ist ein sensationeller Wert. Zum Vergleich: Miroslav Klose brauchte zu seiner aktiven Zeit in der DFB-Elf 124 Minuten für ein Tor, und der ist immerhin mit 71 Treffern in 137 Länderspielen Rekordtorschütze der deutschen Nationalmannschaft.

Klose und Hitzlsperger auf Linie des Bundestrainers

Daher kam er an seinem ersten Tag auf dem Platz als Cheftrainer des Zweitligisten 1. FC Nürnberg auch nicht um die Frage herum, ob er Havertz oder Füllkrug aufstellen würde. "Wichtig ist, dass man immer Spieler hat, die reinkommen und den Unterschied ausmachen. Jeder weiß, was Füllkrug kann, ich habe ihn ja quasi mit in die Nationalmannschaft geredet", sagte er und lag damit ganz auf der Linie des Bundestrainers.

Sportschau-Experte Thomas Hitzlsperger hat eine Antwort auf die Frage parat: "Wenn sich das Spiel verändert, dann ist Niclas Füllkrug Gold wert. Aber Kai Havertz leistet durch seine vielen Laufwege, durch die Technik, die er mitbringt, einen großen Beitrag in der Art, wie die Mannschaft zusammenspielt, dieses Kurzpassspiel, was wir häufig jetzt gesehen haben."

Am Mittwoch (26.06.2024) wurde auch Sportdirektor Rudi Völler, ehemaliger Teamchef und vor allem auch Torjäger, die Stürmerfrage gestellt. "Die Quote von 'Fülle' ist sicher außergewöhnlich. Das ist ja unglaublich, wie er trifft", begann er seine Antwort, um "nichtsdestotrotz" nachzuschieben, dass Havertz auch ein "überragender Fußballer" sei, "enorm wichtig für die Mannschaft", der den Ball "vorne festmacht" und "ihn auch fordert". Obwohl "Havertz nicht der klassische Mittelstürmer ist, wie wir ihn vielleicht früher hatten oder wie 'Fülle' einer ist, macht er das auf seine Art auch außergewöhnlich gut".

Völler über Havertz und Füllkrug - "Bin ein bisschen befangen"

Sportschau UEFA EURO 2024, 26.06.2024 13:21 Uhr

Tenor also: Havertz soll beginnen, Füllkrug eingewechselt werden, falls Plan B benötigt wird, wie es gegen die Schweiz der Fall war.

Nur eins von 13 Toren mit dem Kopf

Niclas Füllkrug erzielte dabei sein 13. Tor im 19. Länderspiel, es war sein siebtes als "Nationaljoker" bei 13 Auswechslungen, und es war sein erstes Kopfballtor für die Nationalmannschaft.

Dass es sein erstes Kopfballtor war ist verwunderlich, denn gerade in dieser Disziplin gilt der Dortmunder im Vergleich mit Havertz als überlegen.

Schon vor dem letzten Testspiel gegen Griechenland wurde Nagelsmann mit dieser These konfrontiert. "Auch Kai hat ein herausragendes Kopfballspiel", sagte der Bundestrainer, Havertz habe in der vergangenen Jahren einige Kopfballtore für Arsenal erzielt.

Ein Tor und ein Assist für Havertz bei EURO 2024

Flanke, Kopfball, Tor - das ist ohnehin Plan B, wie Nagelsmann bei jeder Gelegenheit beteuert: "Wir haben schon den Anspruch, tiefstehende Gegner nicht nur per Kopfball zu besiegen. Es ist eine zusätzliche Option." Falls "Kai performt, hat er die Nase ein bisschen vorne", fügte der Bundestrainer an.

Bislang zeigte Havertz solide Leistungen ohne Ausschläge nach oben oder unten. In harter Währung stehen ein verwandelter Elfmeter und ein Assist aus dem Spiel gegen Schottland zum Auftakt zu Buche.

Dänemark mit Hüne Vestergaard

Jetzt geht es in die K.o.-Phase, und mit Dänemark wartet ein "brandgefährlicher Gegner", wie Völler sagte. Die Gefahr besteht vor allem in der Defensivstärke. Beim 0:0 im abschließenden Gruppenspiel erlaubte die Mannschaft von Trainer Kasper Hjulmand den Serben nur fünf Torschüsse. Auch in den beiden Partien zuvor, die gegen Slowenien und England jeweils 1:1 endeten, war die Defensive das Prunkstück.

Der ehemalige Bundesligaprofi Jannik Vestergaard räumt als Abwehrchef auch wegen seiner Größe von 1,99 Meter vieles ab. Die beiden anderen Innenverteidiger Joachim Andersen und Andreas Christensen sind 1,92 Meter und 1,87 Meter groß. Das Konzept, sie aus der Position locken zu wollen, um freie Räume zu schaffen, dürfte zunächst vielversprechender als Flanken sein. Plan A dürfte also Plan A bleiben.