Diskussion um VAR Schwedens Fußballbasis widersetzt sich dem Videobeweis
Schweden ist eine der wenigen europäischen Ligen, die den Video-Assistenten noch nicht nutzen. In den mitgliederbestimmten Klubs deutet sich ein klares Bild gegen den VAR an.
Ende Mai hielt der schwedische Fußballverband SvFF eine Vorstandssitzung ab. Das Thema Videobeweis sei so bedeutsam, dass man mehr Zeit brauche, um darüber zu diskutieren, sagte Verbandspräsident Fredrik Reinfeldt im Anschluss. Mehrere Aspekte müssten abgewogen werden. Die Folge: Damit schloss der Verband aus, dass im November in einer Versammlung über das Thema abgestimmt wird.
Reinfeldt sprach sich Ende Juni öffentlich für den Video-Assistenten aus. Er nannte ihn "die Zukunft des schwedischen Fußballs" und bemängelte das kategorische Nein der Kritiker, nur "einige Fans" seien dagegen. Mehrere Profiklubs reagierten auf diese Aussage.
Schwedens Verbandspräsident Fredrik Reinfeldt: "Der Videobeweis ist unsere Zukunft"
Mitgliederversammlungen mehrerer Klubs entschieden: Nein zum Videobeweis
IF Elsborg, aktuell Tabellenführer der Liga Allsvenskan, teilte mit, dass sich der Klub weiterhin gegen den Videobeweis ausspreche. Im Herbst 2022 habe Elsborg mit neun anderen Klubs diesen Standpunkt bereits in einem Brief an den Verband erläutert. Der Spitzenklub Malmö FF vertrat dieselbe Position. "Malmö FF ist gegen die Einführung des Video-Assistenten im schwedischen Fußball", hieß es Anfang Juli in einer Mitteilung und verwies auf das Votum seiner Mitglieder. "Wir schützen die Verbandsdemokratie und die einzigartige Kraft, die sie für den schwedischen Fußball bedeutet."
Vorangegangen waren Mitgliederversammlungen in den Klubs. Dort gab es mehrere Abstimmungen, die sich mehrheitlich dafür aussprachen, den Profifußball in Schweden weiter ohne Video-Assistenten durchzuführen. In Schweden gibt es eine Struktur ähnlich der deutschen 50+1-Regel. 51 Prozent der Stimmrechte müssen im schwedischen Sport bei den Vereinen liegen, sie sind dadurch weitgehend von Mitgliedern bestimmt.
Schwedischer Ligaverband: "Eine Mehrheit der Klubs ist dagegen"
Svensk Elitefotboll, eine mit der Deutschen Fußball Liga (DFL) vergleichbare Interessenvertretung der schwedischen Profiklubs, teilte mit, dass eine Mehrheit der Klubs beschlossen habe, sich aktiv gegen die Einführung des Video-Assistenten zu positionieren. "Unsere Aufgabe ist es, unsere Mitglieder in dieser Angelegenheit zu vertreten. Und eine Mehrheit der Klubs hat eine klare Haltung eingenommen", sagte Johan Lindvall, Generalsekretär der Organisation.
Der Videobeweis ist damit noch nicht abgelehnt, wird aber vorläufig auch nicht eingeführt - abhängig ist das von einem späteren Votum in den Verbandsgremien.
Fanbündnis fordert den Verband auf, die Abstimmungsergebnisse zu respektieren
Das schwedische Fanbündnis SFSU forderte den Verband SvFF auf, das Meinungsbild aus den Mitgliederversammlungen der Klubs zu respektieren. "Es sind nicht nur ein paar Fans mit Transparenten auf der Tribüne. Das sind Entscheidungen, die bei Jahreshauptversammlungen der Klubs getroffen worden sind", sagte der SFSU-Vorsitzende Isak Edén beim schwedischen Sender SVT.
Der Videobeweis sei alleine etwas für den Elitefußball, für die höchsten Ligen. Also müsste dort die Meinung der Klubs das größte Gewicht haben. Und da sei das Bild klar: "Es gibt eine große Mehrheit gegen den Video-Assistenten, die Entscheidungen wurden demokratisch getroffen." Er äußerte zudem die Befürchtung, dass die SvFF die Entscheidung trotz der Abstimmungen in der Klubs durchsetzen könnte und sagte, dass dies die Verbandsdemokratie gefährden könne.
Ob und wann der Verband sich des Themas entscheidend annimmt, bleibt derzeit offen. Auch in der Saison 2024 wird Schwedens oberste Liga vorerst ohne Videobeweis spielen.
Schweden hat die einzige Liga unter Europas Top 30 ohne Videobeweis
Schweden bleibt damit beim Videobeweis vorerst einer der wenigen weißen Flecken auf der europäischen Fußballlandkarte. In der Fünf-Jahres-Wertung der UEFA belegt Schweden Platz 23, unter den Top 30 gibt es kein anderes Land ohne Videobeweis in der höchsten Liga. Die UEFA schließt gleichzeitig ihre Lücken und führt zur kommenden Saison auch in der Conference League schon in den Playoffs und in der Gruppenphase den Video-Assistenten ein. Die FIFA versucht derzeit, weniger finanzkräftigen Ligen mit abgespeckten Systemen ("VAR light") den Zugang zur Technik zu ermöglichen.