Serge Gnabry, Ilkay Gündogan und Leroy Sané (v.l.n.r.) diskutieren

Blamage in Österreich Deutschland - kein Tor, kein Sieg, kein Team

Stand: 22.11.2023 13:21 Uhr

Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft beschließt das Jahr mit einer ganz schwachen Leistung in Österreich (0:2). Bundestrainer Julian Nagelsmann kündigt kleine Korrekturen bei der Auswahl des Personals an. Arbeiter sind gefragt.

Mats Hummels schlich vorweg und er schaffte es so gerade noch, den deutschen Fans zu applaudieren. Es waren ohnehin nur wenige nach Wien gekommen, und von denen verließen manche schon vor dem Schlusspfiff das Ernst-Happel-Stadion, die meisten dann fluchtartig mit dem Schlusspfiff.

Hummels und seine Kollegen hatten ein schlechtes Jahr mit einem sehr schlechten Länderspiel beendet. Die österreichischen Fans genossen sowohl den 2:0-Sieg als auch die Demütigung des Nachbarn, der als großer Nachbar gilt, und das galt mal außer auf die Fläche und die Einwohnerzahl bezogen auch auf die Qualitäten im so beliebten Fußballsport.

Gündogan: "Schlechter kann es gerade nicht sein"

Aktuell gilt das gewiss nicht, und die österreichischen Fans hatten einen Gesang dafür parat: "Der DFB ist so im Arsch." İlkay Gündoğan sah das ähnlich: "Schlechter kann es gerade nicht sein. Vielleicht ist das der einzige positive Aspekt."

Als der Kapitän Gündoğan nach gut einer Stunde gegen Joshua Kimmich ausgewechselt wurde, reichte er nicht seinem Stellvertreter Kimmich die Binde, sondern dem deswegen auch verdutzt schauenden Antonio Rüdiger. Es gibt aber weit, weit größere Probleme in der deutschen Nationalmannschaft als diese Merkwürdigkeit.

Deutschland: Auch Rüdiger und Hummels schwach

Im Grunde ist die Mannschaft das Problem, zum einen, weil sie laut Bundestrainer Julian Nagelsmann und vieler weiterer glaubwürdiger Augenzeugen nicht als Mannschaft auftritt. Zum anderen, weil sieben Monate vor Beginn der Europameisterschaft kaum abzusehen ist, wie die Mannschaft aussehen soll.

Selbst ein Profi wie Rüdiger, der als gesetzt gilt, wirft die Frage auf, warum er als gesetzt gilt. In Wien leistete sich der Innenverteidiger krasse Fehler, sowohl beim Abspiel als auch bei der Positionierung. Hummels war kaum besser, Jonathan Tah als rechter Verteidiger auch nicht.

Sané frustriert - Rot war logische Folge

Gündoğan verschleierte seine Qualitäten erfolgreich, Julian Brandt versteckte sie gar. Mittelstürmer Niclas Füllkrug, der seine Stärke im Abschluss hat, kam nicht zum Abschluss und kaum mehr an den Ball. 

Leroy Sané, seit Monaten in bestechender Form, wirkte von Beginn an frustriert und übermäßig aggressiv. Seine Rote Karte wegen einer Tätlichkeit überraschte gar nicht so sehr.

"ÖFB-Team demütigt Deutschland"

"Bärenstarkes ÖFB-Team demütigt Deutschland", schrieb die Wiener Zeitung "Der Standard" in einem Bericht, der reich an bildhafter Sprache war. Etwa in der Beschreibung der beiden Trainer Ralf Rangnick und Nagelsmann: "Beide gelten als vom Ehrgeiz vielleicht nicht zerfressen, aber doch angeknabbert."

Wenn ein vom Ehrgeiz mindestens angeknabberter Fußballlehrer aus seinen ersten vier Spielen gegen gute, aber keinesfalls überragende Mannschaften nur einen Sieg holt und im Schnitt zwei Tore kassiert, ruft das vermutlich zwangsläufig große Verärgerung hervor.

Nagelsmann mit deutlicher Kritik

Die war am Dienstag (21.11.2023) bei Nagelsmann zu sehen, zu hören und zu spüren. Die Ausführungen wurden bisweilen wirr, etwa bei der ständigen Wiederholung, dass er mit der Mannschaft weder in die "Opferrolle" wolle noch er sich darin sehe.

Nagelsmann ging hart, aber zutreffend mit seiner Mannschaft ins Gericht, als er ihr einen "langsamen Spielvortrag" und "absurde Ballverluste" vorwarf. Zu häufig habe sie daher verteidigen müssen, und das könne sie nicht, jedenfalls nicht gut, und das werde sich auch bis zur Europameisterschaft nicht ändern.

Bundestrainer Nagelsmann - "Mehr arbeiten als je zuvor"

Sportschau, 21.11.2023 23:52 Uhr

Mehr Arbeiter nötig?

Die Stärke der deutschen Nationalmannschaft, so der Bundestrainer, seien die Ballkontrolle und das offensive Spiel. Daran habe er keine Zweifel und diese Stärken will er auch weiterhin mit seiner Ausrichtung hervorheben.

Allerdings brauche er dafür gar nicht so viele Spieler, die vor allem ihre Stärke in Ballkontrolle und Offensive hätten. "Vielleicht braucht es mal ein Toptalent weniger und einen Worker mehr", nahm Nagelsmann eine Anleihe von Freiburgs Trainer Christian Streich, der das englische Wort mal nutzte, um sich über Jugendsprache lustig zu machen.

Nagelsmann deutet andere Mischung an

"Zwei Prozent weniger Talent, dafür zwei Prozent mehr worken" - der Bundestrainer stellte eine andere Personalauswahl in Aussicht.

Im März, wenn gegen Frankreich und vermutlich die Niederlande gespielt werden wird (es sei denn, es gibt ein Duell gegen die Niederlande in der Vorrunde der EM), soll alles ein bisschen anders und viel besser werden.

2023: Nur drei Siege aus Elf Länderspielen

Dieser Vorsatz zog sich durch das Jahr nach der enttäuschenden WM in Katar. Aber es wurde nur anders, selten besser. Von elf Länderspielen 2023 wurden nur drei gewonnen, sechs dagegen verloren. Lediglich im ersten, beim 2:0 gegen Peru, blieb der Gegner ohne Treffer.

Die Stimmungslage um die Nationalmannschaft könnte kaum schlechter sein, und es gibt beim Bundestrainer keine Hoffnung, dass dieses Problem extern behoben werden könnten. Einzig Siege würden helfen, so Nagelsmann: "Wir müssen es machen, und nicht labern."

Deutsche Spiele seit der WM 2022
Datum Gegner Ergebnis
25.03.2023 Peru 2:0
28.03.2023 Belgien 2:3
12.06.2023 Ukraine 3:3
16.06.2023 Polen 0:1
20.06.2023 Kolumbien 0:2
09.09.2023 Japan 1:4
12.09.2023 Frankreich 2:1
14.10.2023 USA 3:1
18.10.2023 Mexiko 2:2
18.11.2023 Türkei 2:3
21.11.2023 Österreich 0:2