Nagelsmann muss umbauen DFB-Offensive - Wirtz und die drei Fragezeichen
Nach mehreren Absagen ist Julian Nagelsmanns Improvisations-Talent gefragt. Die Frage für den Bundestrainer in der Nations League: Wer stürmt außer Florian Wirtz?
Als sich die deutsche Nationalmannschaft erstmals nach dem verlorenen EM-Viertelfinale gegen Spanien (1:2 nach Verlängerung) wiedertraf, meldete sie sich mit einem Schützenfest zurück. Im ersten Spiel der Nations League gab es ein begeisterndes 5:0 gegen Ungarn. Niclas Füllkrug und Kai Havertz überzeugten als Torschützen im Zentrum, um sie herum zauberte das Traumduo "Wusiala" - Jamal Musiala und Florian Wirtz.
Neue Gesichter und Rückkehrer beim DFB
Doch einen Monat später ist von diesem Quartett mit Wirtz nur ein Spieler übrig. Seine drei Kompagnons mussten für die kommenden Partien in Bosnien-Herzegowina (Freitag, 11.10.2024, 20.45 Uhr) und gegen die Niederlande (Montag, 14.10.2024, 20.45 Uhr) verletzungsbedingt absagen. In den Trainingseinheiten vor diesen Partien geht es für Julian Nagelsmann also darum, die Wirtz-Begleiter für diese Spiele zu finden. Denn Erfahrungswerte gibt es kaum.
Mit Jamie Leweling, Tim Kleindienst und Jonathan Burkardt hat der Bundestrainer drei DFB-Neulinge nominiert. Dazu sind mit Kevin Schade und Serge Gnabry zwei Offensivspieler in den Kader zurückgekehrt, mit denen Wirtz vor etwa einem Jahr letztmals auf dem Platz stand. Einzig Deniz Undav ist für den Offensivkünstler von Bayer Leverkusen eine Bekannte im DFB-Sturm - entsprechend ist auch wahrscheinlich, dass der Angreifer vom VfB Stuttgart einen Platz bekommen wird.
Burkardt kommt mit dem meisten Rückenwind
Immerhin: Alles, was hinter dem Quartett, das für die Tore sorgen soll, passiert, ist eingespielt. Zwar werden Oliver Baumann - Nagelsmann hat bereits sein Debüt angekündigt - und Alexander Nübel den Ausfall von Marc-André ter Stegen im Tor kompensieren müssen, aber in der Abwehr und im Mittelfeld sind die Vielspieler des Bundestrainers wieder dabei. Mit Antonio Rüdiger kehrt sogar Nagelsmanns wichtigster Verteidiger zurück.
Der 37-Jährige kann sich also voll und ganz auf seine Planspiele im vorderen Drittel des Spielfeldes konzentrieren. Der Formstärkste unter den Kandidaten ist Burkardt, der den FSV Mainz 05 in den vergangenen drei Wochen jeweils mit einem Doppelpack zu den Auswärtssiegen beim FC Augsburg (3:2) und FC St. Pauli (3:0) geschossen hat. "Deutschland muss die besten Stürmer der ganzen Welt haben, wenn Jonny nicht dabei ist", hatte sein Klubtrainer Bo Henriksen gesagt, bevor Nagelsmann ihn für Havertz nachnominierte.
Leweling und Kleindienst können ihr Glück kaum fassen
Ebenfalls in guter Form präsentierte sich Leweling in den ersten Wochen der Saison, er ist auch einer der Gründe, warum sein VfB-Kollege Chris Führich, der ebenfalls wieder im DFB-Kader ist, im Klub kaum noch auf Spielzeiten kommt. Insbesondere Lewelings Auftritte gegen Borussia Dortmund (5:1) und in der Champions League bei Real Madrid (Assist beim 1:3) dürften Nagelsmann imponiert haben.
"Es wurde ja schon ein bisschen darüber geredet, ob ich dabei bin oder ob ich das Potenzial dafür habe. Dass es dann so schnell geht, war natürlich überraschend, aber hat mich gefreut", sagte der 23-Jährige nach seiner ersten Nominierung. Ähnlich erfreut war auch Kleindienst. "Das ist tatsächlich immer noch sehr irreal", sagte der Angreifer von Borussia Mönchengladbach vor seinem Debüt mit 29 Jahren.
Eine starke Saison beim 1. FC Heidenheim hatte Kleindienst ins DFB-Blickfeld gebracht, mit drei Toren und einem Assist samt guter Leistungen in einer ansonsten bisher eher schwachen Gladbacher Mannschaft hat er sich dann den frei gewordenen Platz von Füllkrug ergattert. Bei ihm läuft es allerdings wohl darauf hinaus, dass es zunächst "nur" die Jokerrolle wird. Ähnlich ist es auch bei Schade, der in dieser Premier-League-Saison beim FC Brentford noch keine großen Erfolgserlebnisse hatte.
Gnabry nach der Enttäuschung direkt in die Startelf?
Dagegen ist es Gnabry gelungen, sich erst bei FC Bayern München zurückzumelden und nun auch beim DFB-Team. "Es gibt wenig Schlimmeres für einen Sportler als ein Event wie eine EM zu verpassen, gerade im eigenen Land. Das war extrem bitter, aber es geht wieder nach vorne", hatte der 29-Jährige, der im November 2023 letztmals dabei war, gesagt. Nagelsmann nominierte ihn danach nicht mehr, für den EM-Kader war er auch aufgrund einer Verletzung keine Option.
45 Länderspiele hat Gnabry bisher bestritten und dabei 22 Tore erzielt, er ist zudem aktuell wieder Stammspieler beim FC Bayern - seine Aussichten auf einen direkten Sprung zurück in die Startelf sind also groß. Wirtz, Undav, Gnabry - und dann? Sollte Nagelsmann bei seinem 4-2-3-1-System bleiben, ist noch ein Platz frei, sofern dieses Trio steht. Bis Freitag haben alle Zeit, den Bundestrainer im Training zu überzeugen.