DFB-Historie Tests im März und Startelf beim Turnier - Politikum und Tradition
Ein Blick in die jüngste Turnierhistorie zeigt, dass häufig schon im März das Gerüst für den Sommer stand. Manche Wechsel gerieten zum Politikum, Manuel Neuer pflegt eine Tradition.
Wie angekündigt, hat Bundestrainer Julian Nagelsmann am Dienstagabend (26.03.2024) gegen die Niederlande dieselbe Startelf auf das Feld geschickt wie beim 2:0-Sieg in Frankreich drei Tage zuvor.
Es würde niemanden mehr überraschen, wenn es beim Eröffnungsspiel der Europameisterschaft am 14. Juni gegen Schottland eine deutsche Mannschaft geben würde, die nur auf einer Position davon abweicht. Manuel Neuer, aktuell verletzt, dürfte dann für Marc-André ter Stegen im Tor stehen.
So jedenfalls legte sich der Bundestrainer fest, der Ende März seine Startelf weitestgehend gefunden zu haben scheint.
Das war bei seinen Vorgängern ähnlich, wie ein Blick in die jüngere Länderspielgeschichte zeigt. Eine identische Startelf im März und dann zum Auftakt einer EM oder WM war allerdings bei den betrachteten Turnieren nicht dabei.
Der Vergleich mit Hansi Flick hinkt zumal gewaltig, und das hat nicht nur damit zu tun, dass er die Weltmeisterschaft 2022 in Katar am 23. November mit einem Spiel gegen Japan begann. Es gab auch ein Vierteljahr vor dem Turnier keine Testspiele, sondern nur ein paar Tage vorher, und selbst da experimentierte Flick gegen den Oman.
Traditionspflege im Tor
Im Spätsommer und Herbst standen Partien der Nations League an, die letzte davon in Wembley gegen England. Auf vier Positionen unterschied sich die Startelf in Katar davon dann letztlich. Überraschungen waren allerdings nicht dabei. Gegen Japan verteidigte Rüdiger, der gegen England wegen einer Sperre gefehlt hatte. Dass Thomas Müller und Serge Gnabry statt Jonas Hofmann und Leroy Sané aufliefen, war auch abzusehen.
Wie die anderen Beispiele zeigen werden, war der Wechsel bei den Torhütern - Neuer statt ter Stegen - Traditionspflege.
EM 2020: Rückkehrer Hummels und Müller
Vom üblichen Rhythmus wich auch die Vorbereitungszeit vor der EURO 2020 ab, denn das Turnier war wegen der Corona-Pandemie in den Juni und Juli des Jahres 2021 verschoben worden.
So stand als letzte Partie im März ein Qualifikationsspiel zur WM 2022 an, und das wurde schmählich in Duisburg mit 1:2 gegen Nordmazedonien verloren. Dabei standen Emre Can, Leon Goretzka und Sané in der Startelf, anders als beim Anpfiff des mit 0:1 gegen Frankreich verlorenen Auftaktspiels bei der EURO, als mit Toni Kroos, Mats Hummels und Thomas Müller drei arrivierte Spieler auf dem Platz standen. Müller und Hummels waren allerdings erst im Mai wieder zurückgeholt worden, nachdem sie Bundestrainer Joachim Löw im März 2019 wie auch Jérôme Boateng aussortiert hatte.
Eine weitere Veränderung gab es im Tor: Neuer statt ter Stegen
WM 2018: Wilde Wechselei aus Übermut
In die Weltmeisterschaft 2018 in Russland ging Deutschland als Titelverteidiger, und das ein bisschen zu selbstbewusst. Nach dem zweiten Testspiel im März des Jahres, das in Berlin mit 0:1 gegen Brasilien verloren ging, schlug Kroos Alarm. Aber so richtig hören wollte niemand auf ihn. Löw hatte gegen Brasilien im Vergleich zum 1:1 gegen Spanien ein paar Tage zuvor sieben Wechsel vorgenommen. Beim Auftaktspiel in Russland gegen Mexiko, das mit 0:1 verloren wurde, standen Hummels, Müller, Timo Werner und Sami Khedira dann im Vergleich zur Partie gegen Brasilien wieder in der Startelf.
Ein wenig Abwechslung gab es im Tor: Neuer spielte statt Trapp.
EM 2016: Startelf früh gefunden
Vor der Europameisterschaft 2016 in Frankreich, bei der der Gastgeber im Halbfinale die Endstation war, hatte sich eine Startelf schon im Vorfeld gefunden. Zwar spielten Khedira, Boateng und Benedikt Höwedes im März beim 4:1-Sieg in München gegen Italien nicht, aber als die EM dann mit einem 2:0 gegen die Ukraine losging, waren sie nach Verletzungen (Boateng, Höwedes) und Schonung (Khedira) wieder dabei.
Kaum noch erwähnenswert: Neuer spielte statt ter Stegen.
WM 2014: Im Mai in der Startelf, im Juni nicht mehr im Kader
Die Vorbereitung auf die WM 2014 in Brasilien wich auch vom üblichen Muster ab. Im März gab es nur ein Testspiel, dafür noch eines Mitte Mai. Es war ein auch in der Höhe verdientes 0:0 in Hamburg gegen Polen, bei dem Löw mit Antonio Rüdiger, Oliver Sorg, Sebastian Rudy, Max Meyer, Leon Goretzka und Kevin Volland sechs Spieler in die Startelf beorderte, die es nicht in den Kader schafften, der Mitte Juli als Weltmeister aus Brasilien nach Deutschland zurückkehrte.
Im Tor spielte gegen Polen Ron-Robert Zieler, der mit nach Südamerika durfte, um Manuel Neuer dabei zuzusehen, wie der sowohl beim 4:0 zum Auftakt gegen Portugal wie auch den weiteren sechs Spielen den Ruf erwarb, bester Torwart der Welt zu sein.
Testspiel und Torwartwechsel als Politikum
Ein kleiner Zeitsprung zeigt, dass es andere Nationaltorhüter als Manuel Neuer gab, und es wäre untertrieben zu sagen, dass der Wechsel von Oliver Kahn hin zu Jens Lehmann so geräuschlos abging, wie der von Sebastian Kehl hin zu Torsten Frings, den es 2006 im Vergleich zwischen letztem Testspiel im März und erstem Spiel bei der WM gegeben hatte.
Dass Jürgen Klinsmann als Teamchef den dekorierten Kahn vom FC Bayern München degradierte, war beinahe ein Politikum wie das 1:4 in Florenz gegen Italien, das als erstes Testspiel für den März angesetzt war. Ein Hinterbänkler wollte Klinsmann tatsächlich vor den Bundestag zitieren.
Der zweite und letzte Test im März wurde mit 4:1 gegen die USA gewonnen, etwa drei Monate später begann mit einem 4:2 in München gegen Costa Rica das sogenannte Sommermärchen. Außer Frings und Lehmann waren im Vergleich zum Spiel gegen die USA auch Tim Borowski und Bastian Schweinsteiger dabei - beide wenig überraschend.