Völler da, Krise gestoppt DFB-Team feiert die Wende gegen Frankreich
Die deutsche Nationalmannschaft hat das erste Spiel nach der Entlassung von Hansi Flick gewonnen. Gegen Frankreich gab es unter Interimstrainer Rudi Völler am Dienstag (12.09.2023) ein 2:1 (1:0). Thomas Müller (4. Minute) und Leroy Sané (87.) erzielten die Tore für das DFB-Team, dessen Auftritt bemerkenswert war.
"Wir wussten, dass wir heute leiden müssen. Wir waren fleißig und haben uns in den richtigen Momenten belohnt. So macht es natürlich Spaß, wenn du gegen Frankreich gewinnst", sagte Müller nach der starken kämpferischen Leistung der deutschen Mannschaft.
"Aber wir brauchen das jetzt auch nicht überbewerten, wir haben noch einen langen Weg vor uns. Aber es war so ein kleiner emotionaler Befreiungsschlag." Zudem lobte der 1:0-Torschütze Völler und dessen Co-Trainer Hannes Wolf und Sandro Wagner, "wie sie das Ganze in der Kurzfristigkeit angegangen sind".
"Das tut einfach gut. Selbst wenn wir noch unentschieden gespielt hätten - es ging eigentlich gar nicht so sehr um das Ergebnis, sondern um die Art und Weise, wie wir gekämpft und mit Leidenschaft gespielt haben. Das war schon wichtig und das hat mir sehr gefallen", sagte Völler.
DFB-Team: Drei Umstellungen von Völler
Der 63-Jährige verzichtete zumindest personell darauf, die Signale auf Neustart zu stellen. Im Vergleich zum blamablen 1:4 gegen Japan stellte der Interimstrainer nur dreimal um: Jonathan Tah rückte für den angeschlagenen Joshua Kimmich auf die rechte Abwehrseite, links verteidigte Benjamin Henrichs statt Nico Schlotterbeck und vorne stürmte Müller für Kai Havertz. Ansonsten glichen Personal und Formation der Aufstellung von Hansi Flick bei dessen letztem Spiel als Nationaltrainer.
Auch für Völler war die Partie gegen Frankreich die letzte, er hatte mehrfach bekräftigt, dass der Test eine Ausnahme sein werde. So ging er über 19 Jahre nach seinem letzten Einsatz als Teamchef in sein 54. Länderspiel, um anschließend gemeinsam mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf und dessen Vize Hans-Joachim Watzke den neuen Chefcoach zu suchen.
Müller vollendet wunderschönen Angriff
Und wer auch immer das sein wird, er bekam in der Anfangsphase der Partie gegen Frankreich vorgeführt, wie gut die deutsche Mannschaft sein kann. Nach einer tollen Kombination samt Kabinettstücken von Leroy Sané und Emre Can flankte schließlich Henrichs auf Müller, der sein erstes DFB-Tor nach fast 15 Monaten erzielte (4.). Und kurz danach fehlte nur ein wenig Genauigkeit für den zweiten Treffer, als Serge Gnabry per Schlenzer knapp das lange Eck verfehlte (9.).
Zwar war das Personal sehr ähnlich zum Japan-Spiel, der Auftritt des deutschen Teams aber ein ganz anderer. Völler ließ seine Spieler deutlich tiefer verteidigen und die Franzosen in Ballbesitz kommen - um dann aus einer defensiveren Grundordnung mit schnellen Angriffen selbst zuzuschlagen. Diese Sicherheit beflügelte die Mannschaft, sie versprühte zu Beginn nach langer Zeit mal wieder Leichtigkeit und Spielfreude.
Frankreich übernimmt das Kommando, Deutschland verteidigt diszipliniert
Doch dann blitzte die Klasse des Vize-Weltmeisters auf. Randal Kolo Muani wurde in den Strafraum geschickt, aber von Antonio Rüdiger umgestoßen und am Abschluss gehindert (20.) - Schiedsrichter Anthony Taylor sah darin kein unfaires Vergehen, dennoch war die Entscheidung etwas glücklich aus deutscher Sicht. Das schwand danach aber insofern, dass Ilkay Gündogan wegen einer Verletzung früh ausgewechselt werden musste (25.). Der Kapitän war in der Anfangsphase nach einem Kopfball unsanft auf den Rücken gefallen und konnte nicht mehr weiterspielen.
Kurz darauf hatte Kolo Muani dann den ersten Abschluss der Franzosen. Aus 15 Metern versuchte es der Ex-Frankfurter und Neu-Pariser, verzog schließlich aber doch recht deutlich (30.). Erstmals eingreifen musste Marc-André ter Stegen, als Aurelien Tchouameni nach einer Freistoßflanke zum Kopfball kam (37.). Mehr ließ das diszipliniert verteidigende DFB-Team gegen den dominanter werdenden Gegner jedoch in der ersten Halbzeit nicht zu.
Frankreich prallt ohne Mbappé an den Deutschen ab
"Les-Bleus"-Trainer Didier Deschamps verzichtete zunächst auf eine Reaktion, ließ Superstar Kylian Mbappé weiter draußen. Seine Kollegen hatten weiter Probleme mit dem leidenschaftlichen Völler-Team, das für seine Zweikampfführung immer wieder von den Fans bejubelt wurde. Tchouameni ließ mit einem Fernschuss, den ter Stegen parieren konnte, nach einiger Zeit wieder einen Hauch von Gefahr aufkommen (57.).
Dem DFB-Team gelang es in der Folge, das Spiel offener zu gestalten, es gelang immer häufiger, die Defensive mit eigenen Ballstafetten zu entlasten. Es entstand immer mehr der Eindruck, dass die deutsche Mannschaft gegen Frankreich nach dem Vorrunden-Aus bei der WM und vier Pleiten aus den vergangenen fünf Spielen die Krise stoppen kann. Schon vor Beginn der Schlussphase war eigentlich klar, dass es ungeachtet des Ergebnisses ein großer Schritt nach vorne war. Weil die Mannschaft unter Völler wieder Disziplin, Leidenschaft und Selbstvertrauen zeigte.
Sané glänzt vorne und tritt hinten
Und das brauchte das DFB-Team auch in der Schlussphase. Frankreich machte nochmal Druck und Antoine Griezmann zwang ter Stegen mit einem Schlenzer zu seiner ersten Großtat des Abends (83.). Und dann sorgte Leroy Sané für die endgültige Belohnung des aufopferungsvollen Kampfes. Nach einem tollen Zuspiel von Kai Havertz blieb der Flügelstürmer vor dem Tor eiskalt und erzielte das 2:0 (87.).
Leroy Sané erzielte den Treffer zum zwischenzeitlichen 2:0 für das DFB-Team.
Doch Sané war auch dafür verantwortlich, dass der Sieg zumindest ein wenig ins Wanken geriet. Nach seinem Foul an Eduardo Camavinga gab es Elfmeter für Frankreich - und den verwandelte Griezmann sicher (89.). Mehr ließen die Deutschen aber nicht zu. Es blieb beim Sieg für die Mannschaft und Völler, der mit seinem Einspringen direkt die Krise gestoppt hat.
"Das war Balsam für die Seele - sowohl für die Fans als auch für uns. Das gibt uns Vertrauen und das war das, was wir jetzt auf jeden Fall brauchten", sagte ter Stegen.