DFB-Defensive endlich stabil Einzelkritik - Henrichs die Entdeckung gegen Frankreich
Dieses Spiel kann für vieles gut sein, ganz konkret aber könnte es zwei chronische Probleme gelöst haben: Benjamin Henrichs als Linksverteidiger war die Entdeckung gegen Frankreich, Thomas Müller überzeugte auf der Neun - die Einzelkritik.
Tor
Marc-André ter Stegen: Im ersten Durchgang praktisch gar nicht geprüft, nur in der 38. Minute beim Kopfball von Aurélien Tchouaméni noch minimal und entscheidend dran. In der 57. Minute parierte er souverän den Flachschuss wiederum von Thouaméni, dann lenkte er mit einer spektakulären Flugeinlage Antoine Griezmanns Schlenzer über die Latte (83.).
Abwehr
Benjamin Henrichs: Machte von Beginn an Dampf auf der linken Außenbahn und leitete mit einem mutigen Sprint bis an die Grundlinie das Führungstor ein. Offensiv und defensiv eine ganz starke Leistung, die Fans in Dortmund feierten ihn. Vielleicht ist er tatsächlich die EM-Lösung auf der chronisch schwach besetzten linken deutschen Außenbahn.
Benjamin Henrichs (Deutschland) und Kingsley Coman (Frankreich) im Zweikampf.
Niklas Süle: Abreise wegen der Geburt seines zweiten Kindes, Rückkehr zum Team am Morgen und dann gleich wieder in der Startelf - dafür wirkte er nach seiner Katstrophenleistung gegen Japan diesmal stabiler. Bei Griezmanns Kopfballchance aber mal wieder zu weit weg vom Mann (58.).
Antonio Rüdiger: Ließ sich in der 20. Minute von Randal Kolo Muani überlaufen und hatte dann Glück, dass es für seinen Schubser weder Elfmeter noch eine Karte gab. Ansonsten konzentriert und mit deutlich weniger Fehlern im Aufbau als zuletzt.
Jonathan Tah: Musste oder durfte auf der für ihn ungewohnten rechten Abwehrseite ran, zu Beginn hielten sich Balleroberungen und Ballverluste die Waage. Sicherte insgesamt seine Seite gut ab, Flankenläufe waren vom gelernten Manndecker natürlich nicht zu erwarten.
Mittelfeld
Emre Can: Fand etwas schleppend in die Partie, dann aber mit starken Grätschen und Ballgewinnen, die sein Heim-Publikum begeistert feierten. Hielt sich offensiv extrem zurück, was aber gegen Frankreich nachvollziehbar war.
Deutschlands Emre Can (r.) am Ball.
Ilkay Gündogan: Der Kapitän eroberte vor dem 1:0 am eigenen Strafraum den Ball - sein Einsatz brachte das Team auf Kurs. Musste dann aber früh ausgewechselt werden, nachdem ihn Adrien Rabiot bei einem hohen Ball bösartig unterlaufen hatte - von dem harten Aufprall im Lendenwirbelbereich erholte sich Gündogan nicht mehr.
Leroy Sané: Sehr aktiv und lauffreudig im ersten Durchgang, auch wenn längst nicht jeder Pass ankam. Aber wie motiviert Sané ist, lässt sich immer bestens an seinem Einsatz bei der Ballrückgewinnung erkennen - der war diesmal top. Sorgte dann mit seinem eiskalten Abschluss für die Vorentscheidung (87.), die er dann mit seinem Foul zum Elfmeter-Tor durch Griezmann (89.) gleich selbst wieder in Gefahr brachte.
Serge Gnabry: Spielte vor dem 1:0 den Doppelpass in die Tiefe mit Flankengeber Henrichs, danach fehlte lange Zeit der Zug zum Tor. Sein Engagement stimmte aber, im Gegensatz zum Samstag in Wolfsburg half er diesmal auch defensiv mit.
Serge Gnabry (l.) und Kingsley Coman (r.) im Duell.
Florian Wirtz: Weil sich Thomas Müller gewohnt freigeistig bewegte, fand sich Wirtz oft in Mittelstürmer-Position wieder. Dort war er deutlich mehr in Bewegung als beim Japan-Debakel, er ging aggressiver und konsequenter ins Pressing und kombinierte immer wieder sehenswert mit Sané und Serge Gnabry. Musste in der 67. Minute eigentlich das 2:0 machen, schloss aber zu überhastet ab.
Angriff
Thomas Müller: Sein Startelf-Comeback nach dem WM-Desaster begann mit dem frühen Führungstor märchenhaft, stark, wie er sich da im Rückraum absetzte und mit links vollstreckte. Danach der Leader auf dem Platz. "Radio Müller" war voll auf Sendung und dirigierte die Kollegen. Denkbar, dass er sich damit tatsächlich die Neuner-Position bis zur EM zurückerkämpft hat.
Thomas Müller jubelt über das frühe 1:0 für Deutschland gegen Frankreich.
Auswechselspieler
Schon nach 25 Minuten kam Pascal Groß für den verletzten Gündogan zu seinem zweiten Länderspieleinsatz. Handelte sich nach Ballverlust und taktischem Foul früh die Gelbe Karte ein, blieb danach weitgehend blass.
Zu lasch in den Zweikämpfen agierte zunächst auch Kai Havertz (64. für Müller), dann kniete er sich aber doch noch voll rein und legte Sané das 2:0 auf. Julian Brandt (64. für Gnabry) zeigte ebenfalls großen Einsatz, aber keine Torgefahr. Jonas Hofmann (78. für Wirtz) und Robin Gosens (78. für Henrichs) sicherten defensiv gut ab und halfen, den Sieg über die Zeit zu retten.