Das Stadion Bilino Polje vor dem Spiel der deutschen Nationalelf gegen Bosnien-Herzegowina

Nations League in Bosnien-Herzegowina Deutschland ohne sieben in der "Hölle von Zenica"

Stand: 10.10.2024 20:14 Uhr

Stadien wie das Bilino Polje in Zenica sind für Blamagen wie gemacht: klein, rustikal und extrem laut. Dort muss Deutschland stark ersatzgeschwächt um Nations-League-Punkte kämpfen.

Gerade mal 13.632 Plätze hat dieses Mekka für Fußballromantiker und Groundhopper, es gibt keine Laufbahn rumd um den Rasen, flache Tribünen, die das Spielfeld von den umliegenden Plattenbauten sehr gut einsehbar machen. Im Alltag spielt hier NK Celik Zenica, jetzt am Freitag (11.10.2024, 20.45 Uhr) sollen hier feine Techniker wie Florian Wirtz, Serge Gnabry oder Deniz Undav dem Team von Julian Nagelsmann drei Punkte in Bosnien-Herzegowina bescheren. "Ich gehe davon aus, dass es da emotional wird im Stadion, dass die Heimfans Bosnien-Herzegowina extrem anfeuern und nach vorn puschen werden", sagte Nagelsmann. "Wir werden da eine hitzige Atmosphäre vorfinden."

Kimmich findet die Absagenflut "verrückt"

Dabei muss der Bundestrainer stark improvisieren, denn es hagelte Absage nach Absage: Torhüter Marc-André ter Stegen fehlt wegen seines Patellasehnenrisses im Knie noch monatelang, auch Niclas Füllkrug ist mit chronischen Achillessehnenproblemen länger absent.

Dann aber folgten noch die Selbstausladungen von Jamal Musiala, Kai Havertz, Robin Koch, David Raum und Benjamin Henrichs - ähnlich tröpfchenweise wie die Kaderbekanntgabe des DFB vor der Heim-EM. "Verrückt", sagte Kapitän Joshua Kimmich dazu.

Erst Nübel, dann Baumann im Tor

Doch all das muss nicht zwingend ein Nachteil sein. Nagelsmann, der zwar nach eigenen Worten "so wenig Veränderung wie möglich" wollte, bekommt so die Chance, neue Gesichter und mögliche Alternativen für die WM in zwei Jahren kennenzulernen. Jamie Leweling, Tim Kleindienst und Jonathan Burkardt sind erstmals dabei, Kevin Schade und Serge Gnabry kehren zurück. Im Tor soll in Bosnien-Herzegowina Alexander Nübel eine Chance bekommen, drei Tage später gegen die Niederlande ist dann Oliver Baumann dran.

Die PK mit Nagelsmann und Nübel vor dem Bosnien-Spiel

Sportschau, 10.10.2024 19:33 Uhr

Geht es nach der Form in der Bundesliga, müsste im Sturm eigentlich Burkardt auflaufen dürfen, der zuletzt für seine Mainzer teilweise richtig sehenswerte Tore schoss oder in Uwe-Seeler-Manier mit dem Rücken zum Gehäuse köpfte.

"Schönstes Telefonat meines Lebens"

Kleindienst litt zuletzt in Mönchengladbach unter den äußerst mangehaften Zulieferdiensten von den Flügeln und aus dem zentralen Mittelfeld, bei seiner einzigen Torchance in Ausgburg erzielte er aber dennoch das 1:2. Zur Sportschau sagte er anschließend: "Der Anruf vom Bundestrainer war das schönste Telefonat, das ich je geführt habe. Aber es fühlt sich immer noch irreal an, vor allem zu diesem Zeitpunkt hätte ich nie damit gerechnet."

Denn vor Augsburg war er dreimal torlos geblieben, Burkardt hingegen kommt mit dem Rückenwind von vier Toren in zwei Spielen. Einer dieser Doppelpacks gelang ihm witzigerweise gegen Bosniens Torwart Nikola Vasilj, der sein Geld beim FC St. Pauli verdient und einer von etlichen Profis mit Deutschland-Erfahrung im Kader von Sergej Barbarez ist.

Kleindienst oder Burkardt in der Startelf

Die wahrscheinliche Aufstellung vor Keeper Nübel ist eine Viererkette mit Kapitän Joshua Kimmich rechts, Antonio Rüdiger und Jonathan Tah in der Innenverteidigung, und Maximilian Mittelstädt links. Auf der Sechs dürften wie gewohnt Pascal Groß und Robert Andrich spielen. Rückkehrer Gnabry wird nach einem Jahr Pause aufgrund der Ausfälle von Havertz und Musiala wohl von Beginn an auf dem rechten Flügel gebraucht.

Links könnte Florian Wirtz spielen, in der Mitte Undav als hängende Spitze. Das wiederum würde im Sturmzentrum wohl das Debüt von Tim Kleindienst bedeuten - oder spielt doch erstmals Jonathan Burkardt? "Sie können davon ausgehen, dass einer von beiden beginnen wird", sagte Nagelsmann schmunzelnd.

Sturm mit Demirovic und Altstar Dzeko

Bei den Bosniern wird vorne neben Altstar Edin Dzeko (38) der Stuttgarter Ermedin Demirovic spielen und versuchen, seinen Vereinskumpel Nübel zu ärgern.

Edin Dzeko im Kopfballduell mit dem Niederländer Virgil van Dijk

Edin Dzeko im Kopfballduell mit dem Niederländer Virgil van Dijk

"Wir müssen ehrlich sein. Wir wissen, dass wir ganz klar der Underdog sind", sagte der Stürmer. Das Spiel zu gewinnen, so Demirovic, sei "sehr, sehr schwierig. Um nicht zu sagen, es ist unmöglich."

Viertelfinale in der eigenen Hand

Für die Bosnier wäre etwas Zählbares extrem wichtig, zum Auftakt hatten sie gegen Ungarn nur 0:0 gespielt. Deutschland schlug bislang die Ungarn 5:0 und holte in Amsterdam gegen die Niederlande ein 2:2. Das bedeutet: Mit zwei Siegen in den Oktober-Spielen hat das DFB-Team den Einzug in das neu eingeführte Viertelfinale im März selbst in der Hand.

Zeit, mit diesem aus DFB-Sicht bisher ziemlich ungeliebten UEFA-Wettbewerb Frieden zu schließen, wird es langsam: Bisher blamierte sich das Team bisher in unschöner Regelmäßigkeit, das Finalturnier der besten vier Nationen im Sommer durfte Deutschland bislang immer nur am Fernseher verfolgen.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

Bosnien und Herzegowina: Vasilj/FC St. Pauli (28 Jahre/11 Länderspiele) - Barisic/FC Basel (23/6), Katic/FC Zürich (28/5), Bicakcic/Eintracht Braunschweig (34/38), Kolasinac/Atalanta Bergamo (31/58) - Burnic/Karlsruher SC (26/4) - Gazibegovic/Sturm Graz (24/19), Gigovic/Holstein Kiel (22/6) - Huseinbasic/1. FC Köln (23/4), Dzeko/Fenerbahce (38/136), Demirovic/VfB Stuttgart (26/28)

Deutschland: Nübel/VfB Stuttgart (28/0) - Kimmich/Bayern München (29/93), Rüdiger/Real Madrid (31/74), Tah/Bayer Leverkusen (28/31), Mittelstädt/VfB Stuttgart (27/8) - Groß/Borussia Dortmund (33/10), Andrich/Bayer Leverkusen (30/12) - Gnabry/Bayern München (29/45), Undav/VfB Stuttgart (28/4), Wirtz/Bayer Leverkusen (21/25) - Kleindienst/Borussia Mönchengladbach (29/0)