Saisonreport Frauen-Bundesliga Ausgaben wachsen schneller als Einnahmen
Der Aufwand in der Frauen-Bundesliga ist auf einen neuen Rekordwert gestiegen. Im Schnitt gab jeder Klub fast drei Millionen Euro aus, doch nicht mal die Hälfte des Etats war dabei gedeckt.
Noch immer sind die Summen, die in der Frauen-Bundesliga umgesetzt werden, im Vergleich zum Männerfußball höchst bescheiden. Dennoch ist der Trend klar: Die Etats und Gehälter steigen rasant an, wie der am Montag (06.02.2023) vorgestellte Saisonreport des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) belegt.
"Was Sichtbarkeit, Reichweite und Erträge angeht, konnte unsere Liga erneut zulegen - wie schon in der Spielzeit davor", sagt die für den Frauenfußball zuständige Vizepräsidentin Sabine Mammitzsch. Doch zur Wahrheit gehört auch, dass die Kostenseite noch schneller steigt.
Der Verlust beträgt im Schnitt fast 1,5 Millionen Euro
Die fast drei Millionen Euro Gesamtaufwendungen pro Klub bedeuten im Vergleich zur Saison 2017/2018 eine Steigerung von mehr als 50 Prozent. Klar ist: Das können sich nur Lizenzvereine leisten, die aus dem Männer-Spielbetrieb immer höhere Summen für die Frauen abzweigen. Ein Grund, warum reine Frauenfußballvereine wie Turbine Potsdam, aktuell Tabellenletzter, mittlerweile so schwer haben. Auch für einen Ausbildungsklub wie SGS Essen dürfte es vor diesem Hintergrund immer schwieriger werden.
Mit RB Leipzig als Tabellenführer der 2. Frauen-Bundesliga drängt die nächste große Marke nach oben - und kann sich das Zuschussgeschäft locker leisten. Ein Frauen-Bundesligist macht im Schnitt mittlerweile fast 1,5 Millionen Euro Verlust, wobei es bei den vier Clubs mit klarer Priorisierung des Frauenbereichs (Potsdam, Essen, SC Sand, Carl-Zeiss Jena) im Schnitt nur 151.000 Euro waren.
Der DFB hält daher ausdrücklich fest, dass sich die Liga "in keiner wirtschaftlich bedrohlichen Situation" befinde, denn: "Das negative Saisonergebnis spiegelt vielmehr das immer größer werdende nachhaltige Engagement der Lizenz-Klubs im Frauenfußball wider. Man ist bereit, Investitionen zu tätigen, sieht damit aber auch werthaltige Gegenleistungen hinsichtlich Marke und Imagegewinn verbunden."
Größter Treiber sind die Gehälter
Größter Treiber bei den Kosten sind die Gehälter, die auf durchschnittlich 1,64 Millionen Euro gestiegen sind. Allein der Personalaufwand wird nicht mit den Gesamteinnahmen gedeckt. Hier sind die Aufwendungen in den letzten fünf Jahren um 55 Prozent gestiegen. Die Professionalisierung hat eben ihren Preis, "dennoch bestehen zwischen den einzelnen Klubs teils große Unterschiede", heißt es von Verbandsseite.
Saison 2019/2020 | Saison 2020/2021 | Saison 2021/2022 |
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Einnahmen 1,21 Millionen Euro | Einnahmen 1,32 Millionen Euro | Einnahmen 1,42 Millionen Euro |
Ausgaben 2,14 Millionen Euro | Ausgaben 2,47 Millionen Euro | Ausgaben 2,94 Millionen Euro |
Es gibt Vereine, die zahlen weiterhin nur dreistellige Aufwandsentschädigungen, die Topklubs wie VfL Wolfsburg und FC Bayern können den Topspielerinnen hingegen fünfstellige Monatsgagen bieten. Ansonsten würden manche EM-Heldin wohl auch nicht mehr in Deutschland spielen. Tobias Trittel, Koordinator Sport Frauenfußball beim VfL Wolfsburg und designierter Vorsitzender des Ausschusses Frauen-Bundesligen, urteilte bei der Vorstellung des Saisonreports, dass sich "vieles in die richtige Richtung bewegt, aber es liegen auch noch viele Aufgaben vor uns".
Die Frauen-Bundesliga hat in 2021/2022 Einnahmen von rund 17 Millionen Euro generiert. 40 Prozent mehr als in der Saison davor, dennoch gelten die Erlöse aus Werbung (678.000 Euro im Schnitt), medialer Verwertung (244.000) oder Zuschauereinnahmen (76.000) als steigerungsfähig. So lag der Zuschauerschnitt vergangene Saison ja nur bei rund 800 Fans pro Spiel.
In der laufenden Saison haben sich die Fanzahlen mehr als verdreifacht
Erst die EM in England hat für die laufende Saison eine (deutliche) Besserung gebracht. Vereine und Verband haben mit Highlight-Spielen einige geschickte Doppelpässe gespielt, aber auch in der Breite hat sich der Zuspruch deutlich erhöht: 183.477 Besucher an den ersten zehn Spieltagen (im Schnitt 3058) sind absoluter Bestwert.
Zum Vergleich: In der bisherigen Rekordsaison 2013/2014 waren es nach 22 Runden insgesamt 173.438 Fans (im Schnitt 1314). Hält der Zuspruch in der Rückrunde an, dann hat der EM-Hype tatsächlich einen Effekt auf die Bundesliga ausgelöst. "Das, was nach der EM in England passiert ist, hat eine enorme Dynamik bekommen. Vor allem in der Liga", sagt Doris Fitschen, Gesamtkoordinatorin Frauen im Fußball. Die ehemalige Nationalspielerin und -managerin wird nicht müde, nach höherer Sichtbarkeit für höhere Vermarktungserlöse zu rufen.
Insgesamt bereits 77 Stunden TV-Berichterstattung
Rund 77 Stunden wurde über die Liga im Fernsehen berichtet. Weil ARD und ZDF ihre Berichterstattung deutlich verstärkten, stieg die kumulierte Reichweite auf 211 Millionen im Free-TV, ein Plus von 83 Prozent. Die meistgesehene Sendung war die ARD-Liveübertragung der Partie FC Bayern gegen TSG Hoffenheim mit 1,52 Millionen Zuschauern.
ARD und ZDF seien "die zentralen Treiber der Gesamt-Reichweite mit einem prozentualen Anteil von 66 Prozent", heißt es in dem DFB-Report. Und weiter: "Die Sendungen Sportschau live und Sportschau erzielten die meisten Werbeträgerkontakte." Mit dem neuen TV-Vertrag ab der Saison 2023/2024 soll die nächste Stufe der Fernsehvermarktung gezündet werden. Dann erlöst die Liga pro Saison Einnahmen von 5,1 Millionen Euro für die zwölf Vereine Die Spieltage werden dafür von Freitag bis Montag für die verschiedenen Anbieter zerstückelt. Zehn Spiele laufen als Live-Übertragung bei ARD und ZDF.
Immer noch eine große Lücke zu England
Die Lücke zu der mit internationalen Topstars gefüllten Women's Super League (WSL) in England ist aber auch mit "einem richtungsweisenden Abschluss" (DFB-Geschäftsführer Holger Blask) nur bedingt geschlossen. Für die englische Liga werden TV-Erlöse auf rund zehn Millionen Pfund (umgerechnet 11,4 Millionen Euro) veranschlagt. "Die Engländer sind noch ein Stück davor, aber wir reihen uns jetzt direkt dahinter ein", sagt Blask, wohlwissend, dass auch im deutschen Markt noch erhebliche Wachstumspotenziale schlummern.
Voraussetzung ist, dass wirklich alle großen Vereinsmarken in den professionellen Frauenfußball investieren und auch die Liga vergrößert wird. Das Format mit zwölf Vereinen ist allerdings für die nächsten vier Jahre festgeschrieben. "Früher als der Saison 2027/2028 ist eine Aufstockung nicht realistisch", sagte der für den Spielbetrieb zuständige Leiter Manauel Hartmann. Nach einer DFB-Studie könnte der kommerzielle Wert in den nächsten zehn Jahren erheblich steigen: Demnach würde es 2031/32 bestenfalls eine Liga mit 16 Lizenzvereinen gegeben, die im Schnitt vor 7500 Zuschauern spielt und 130 Millionen Euro in einer Saison umsetzt. Bis dahin ist es aber noch ein ganz weiter Weg.