FIFA WM 2022 Irans Torwart spielt weiter - große Gefahr durch Kopfverletzungen
Der iranische Torwart prallte im Spiel gegen England mit einem Mitspieler zusammen und wurde dabei am Kopf verletzt. Er sollte zunächst weiterspielen - was den Umgang mit Kopfverletzungen im Fußball wieder zum Thema macht.
Irans Torwart Alireza Beiranvand krachte bei der Abwehr eines Freistoßes der Engländer mit seinem Mitspieler Majid Hosseini zusammen. Beiranvand wirkte benommen, nach einer Behandlung über mehrere Minuten spielte er aber trotzdem zunächst weiter.
Wenig später lag er am Boden und zeigte an, dass er ausgewechselt werden muss. Sein Trainer Carlos Queiroz erklärte auf der Pressekonferenz nach dem Spiel gegen England, dass Beiranvand mit Verdacht auf eine "schwere Gehirnerschütterung" sowie einen "Nasenbeinbruch" ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Weiterspielen trotz einer möglichen Gehirnerschütterung - es war genau das Szenario, das im Fußball so häufig kritisiert wird.
Spielergewerkschaften fordern vorübergehende Auswechslungen
Denn mit einer Gehirnerschütterung weiter Fußball zu spielen, kann im schlimmsten Fall Lebensgefahr bedeuten - nämlich dann, wenn es danach zu einem zweiten Schlag gegen den Kopf kommt.
"Schon im zweiten Spiel der WM zeigt sich, dass die Protokolle bei Gehirnerschütterungen nicht ausreichen", schrieb Jonas Baer-Hoffmann, Generalsekretär der internationalen Spielergewerkschaft FIFPRO, bei Twitter. "Beiranvand hätte sofort in die Umkleidekabine gebracht und richtig untersucht werden müssen. Deshalb drängen wir seit Jahren auf vorübergehende Auswechslungen bei Gehirnerschütterungen."
Auch andere Spielergewerkschaften hatten in den vergangenen Monaten vorübergehende Wechsel gefordert. Die Idee: Es gibt eine Vertretung auf dem Platz, während der möglicherweise verletzte Spieler untersucht wird. So könnte das Spiel fortgesetzt werden, während sich der zeitliche Druck auf medizinisches Personal und Spieler verringert.
IFAB befürwortet dauerhafte Wechsel
Das International Football Association Board (IFAB) ist die Instanz im Fußball, die die Spielregeln berät und beschließt. Die Regelhüter beschäftigen sich vor allem seit 2020 mit dem Thema - und haben eine andere Auffassung als die Gewerkschaften. "Grundsätzlich vertreten wir den Standpunkt, dass zusätzliche dauerhafte Auswechslungen der richtige Weg sind", sagte IFAB-Geschäftsführer Lukas Brud im Gespräch mit der Sportschau.
Der Grund: Bei Gehirnerschütterungen können manche Symptome erst später auftreten - nach 30 Minuten oder auch nach 72 Stunden. Die Gefahr könnte sein, dass ein zurückgewechselter Spieler mit nicht erkannter Gehirnerschütterung weiterspielt.
Test bei der WM: Iran wechselt sechsmal
Das IFAB lässt derzeit testweise einen zusätzlichen Wechsel bei einem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung zu. Die FIFA nimmt an dem Test bei der WM teil, jedes Team darf im Ernstfall ein weiteres Mal wechseln.
Iran hatte am Ende sechs Auswechslungen vorgenommen. In Gefahr war der verletzte Spieler aber trotzdem, weil er zunächst weiterspielte.
FIFA: "Der Teamarzt hat das letzte Wort"
Die Frage bleibt: Können die Regeln das Problem überhaupt lösen? Auch kulturell muss sich im Fußball noch durchsetzen, dass eine Auswechslung die Heldentat ist, nicht das Weiterspielen. In der Verantwortung stehen dabei laut Reglement die Teamärzte.
Die WM-Regeln der FIFA schreiben eine bestimmte Form der Untersuchung vor, wenn ein Verdacht auf eine Gehirnerschütterung vorliegt. Die Unparteiischen dürfen für drei Minuten unterbrechen und dürfen den Spieler "nur mit der Erlaubnis des Teamarztes weiterspielen lassen". Der Teamarzt habe aufgrund der Untersuchung das letzte Wort, schreibt die FIFA. "Er kann einem Spieler bei einem Verdacht auf eine Gehirnerschütterung die Rückkehr ausdrücklich untersagen."