FIFA WM 2022 Zusammenhalt und Furchtlosigkeit - Kroatien erklärt Erfolgsgeheimnis
Eins ist vor dem WM-Halbfinale am Dienstagabend (13.12.2022, 20 Uhr, Live-Ticker sportschau.de) gegen Lionel Messi und Co. ziemlich sicher: In Ehrfurcht vor Argentinien werden die Kroaten nicht erstarren. Ihre Ansagen klingen nicht nur glaubhaft, sie sind auch vielfach mit Taten unterlegt.
Als Abwehrspieler Josip Juranovic am Sonntagnachmittag (11.12.2022) nach dem Training von einem Journalisten mit der enormen Qualität Argentiniens konfrontiert wurde, kam seine Antwort ziemlich spontan: "Wir brauchen vor niemandem Angst zu haben." Diese Gewissheit leitet der rechte Verteidiger natürlich auch daraus ab, dass eine Runde zuvor mit Brasilien der WM-Favorit ausgeschaltet wurde, obwohl diese Partie bis zur 117. Minute verloren schien.
Widerstandsfähigkeit und Frustrations-Toleranz
Juranovic sieht aber auch eine grundsätzliche Stärke dieser kroatischen Spielergeneration, die sie bei dieser Weltmeisterschaft so widerstandfähig macht wie kein anderes Team: "Das Geheimnis unseres Erfolgs ist unser Zusammenhalt und unsere Geschlossenheit. Wir spielen nicht nur wie ein Team, sondern wie eine Familie."
Dass dieses kleine Land immer wieder mit den Größten der Welt mithält, obwohl es noch nicht mal so viele Einwohner wie Berlin und gerade mal ein Viertel von Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires hat, begründet Juranovic so: "Wir haben eine große Motivation, unser Land stolz zu machen."
"Wir haben immer gesagt: Es geht weiter"
Der Schütze des ganz späten 1:1-Ausgleichs gegen Brasilien hält das Geheimnis des kroatischen Erfolges ebenfalls für eine Glaubensfrage. Stürmer Bruno Petkovic erklärt: "Wir sind zuletzt durch zwei Verlängerungen gegangen. Wir haben gegen Brasilien ein Gegentor zu einem ganz schwierigen Zeitpunkt bekommen. Aber wir haben immer gesagt: Es geht weiter, wir schaffen das noch. Dieses Selbstvertrauen hilft uns sehr."
Kroatien jubelt im Kollektiv - hier nach dem Sieg gegen Brasilien
Boss Luka Modric betonte nach dem Braslien-Coup ebenfalls: "Wir waren nahezu geschlagen, alle erklärten uns für tot. Aber wir haben gezeigt, dass wir nie aufgeben, dass unser Glaube enorm ist."
Erst die Arbeit, dann der Erfolg
Vielleicht auch ein Erklärungsansatz: Anders als die inzwischen ausgeschiedenen Teams wie Spanien beim 7:0 gegen Costa Rica, England beim 6:2 gegen den Iran oder Brasilien beim 4:1 gegen Südkorea hatte Kroatien im ganzen Turnier noch kein Spiel, in dem alles von selbst lief. Selbst beim 4:1 gegen Kanada in der Vorrunde musste Kroatien 70 Minuten lang Schwerstarbeit verrichten, ehe die Partie in halbwegs sicheren Bahnen verlief.
Trainer Zlatko Dalic, der die Kroaten auch schon vor viereinhalb Jahren in Russland ins WM-Finale geführt hat, klingt fast so, als wolle er gar keine Selbstläufer-Partien. Er scheint es zu lieben, wenn sich seine Mannschaft die Siege hart erarbeitet: "Kroatien ist am besten, wenn es darauf ankommt. Dann ist Kroatien immer erfolgreich. Kroatien - das sind Stolz, Mut, Glaube und Patriotismus", erklärt er pathetisch.
Ausgeglichene Bilanz und eine WM-Klatsche
Wie unangenehm diese Patrioten zu spielen sind, haben die Argentinier zuletzt in Russland selbst erlebt. Am 21. Juni 2018 trafen die beiden Teams in der WM-Gruppe D im Stadion Nizhny Novgorod schonmal aufeinander, Messi stand damals ebenfalls in der Startelf. Zur Halbzeit stand es noch 0:0, dann drehte Kroatien richtig auf und kam durch Ivan Rakitic, Ante Rebic und Luka Modric zu einem glatten 3:0-Erfolg.
Insgesamt ist die Länderspielbilanz zwischen Argentinien und Kroatien ausgeglichen, es gab je zwei Siege und ein Unentschieden. Wenn am Dienstagabend nach Schlusspfiff die Kroaten gewonnen hätten, wäre das keine Sensation.