Vor dem Heimspiel gegen Freiburg Dortmund hängt am Tropf von Guirassy
Wenn Borussia Dortmund am Samstag (Ausschnitte in der ARD-Sportschau ab 18 Uhr) den SC Freiburg empfängt, wird wieder viel von Serhou Guirassy abhängen. Der heimstarke und auswärts schwache BVB hängt am Tropf des Mittelstürmers.
Der im französischen Arles an der Mittelmeerküste geborene Angreifer, der für Guinea spielt, hat in seiner Bundesligazeit in 79 Partien 49 Tore erzielt. Sein Jubiläumstreffer könnte also gegen den Sportclub fallen, und Guirassy hat eine vielversprechende Bilanz gegen das Team aus dem Breisgau: Zwei Duelle gab es bisher, dreimal hat er getroffen.
Für Guirassy persönlich läuft es in diesem Kalenderjahr ohnehin überragend. 17-mal in 22 Einsätzen hat er für den VfB Stuttgart und Borussia Dortmund 2024 getroffen. Deshalb ist er jetzt einer der fünf Kandidaten für die Wahl zu Afrikas Fußballer des Jahres. Von der Trefferquote am nächsten kommt ihm Frankfurts Omar Marmoush, der in 2024 16 Treffer erzielt hat, aber ebenso wenig nominiert wurde wie dessen ägyptischer Landsmann Mo Salah (13 Tore) vom FC Liverpool.
Serhou Guirassy
Guirassy hat zwar in Achraf Hakimi (Paris Saint-Germain), Ademola Lookman (Atalanta Bergamo), Simon Adingra (Brighton) und Ronwen Williams vom Mamelodi Sundowns FC aus Südafrika noch vier starke Konkurrenten um die Nachfolge von Victor Osimhen (SSC Neapel). Dennoch wäre seine Kür keine Überraschung, denn er ist vom reinen Abschlussstürmer inzwischen zu einem deutlich kompletteren Spieler geworden.
Schon vier Assists in Bundesliga und Königsklasse
Beim VfB kam er am Ende einer gigantischen Saison, die aus der Abstiegs-Relegation direkt in die Champions League führte, auf 28 Tore und zwei Vorbereitungen. Nur zwei. Diese Quote hat er in Dortmund bereits jetzt nach acht Bundesligaeinsätzen erreicht, er sucht inzwischen mehr die Mitspieler, weicht öfter in die Halbräume aus, als in der zentralen Position auf die Fütterung zu warten. Auch in der Königsklasse hat er neben seinen drei Treffern in vier Partien bereits zweimal erfolgreich die Kollegen bedient.
Die Top-Werte von Guirassy sind die eine Seite, sie zeigen aber auch drastisch die Abhängigkeit des BVB von ihm auf: Karim Adeyemi, Donyell Malen, Jamie Gittens und Emre Can sind die nächstbesten Dortmunder Bundesliga-Torjäger - allesamt mit zwei Treffern. Maxi Beier steht erst bei einem Saisontor.
Auch diese fehlende Entlastung und Ausrechenbarkeit des Teams trägt bisher dazu bei, dass nach der 1:3-Niederlage in Mainz schon wieder mächtig Druck auf dem Kessel ist. Die Stimmungslage wechselt in dieser Saison in Dortmund ungefähr im Wochen-Rhythmus, was kein Wunder ist, denn selten in den vergangenen Jahrzehnten hat eine Top-Mannschaft zwei derart verschiedene Gesichter gezeigt.
Platz eins in der Heimtabelle, aber...
Absolut makellos und mit teilweise begeisternden Vorstellungen hat sich die Mannschaft von Nuri Sahin bisher im heimischen Stadion präsentiert. In fünf Ligaspielen gab es fünf Siege mit insgesamt 14 Treffern - das ist besser als Bayern, Leipzig oder Leverkusen und bedeutet Rang eins in der Heimtabelle.
Auswärts hingegen stolpert der Beinahe-Meister von 2023 von einer Peinlichkeit in die nächste: Von 15 möglichen Punkten hat Dortmund einen einzigen geholt und nur vier Tore erzielt - das ist die Bilanz eines direkten Absteigers. Die Anzahl der Torschüsse, Ecken und der zu erwartenden Treffer ("x-Goals") ist beim BVB zu Hause doppelt so hoch, an Großchancen gab es im Park sogar fast viermal so viele.
Sahin hat wieder ein paar Alternativen
Dass sich Sahin dafür rechtfertigen muss, gehört zum Geschäft. Dennoch ist es schon erstaunlich, wie schnell rund um Dortmund über einen jungen Trainer diskutiert wird, mit dem gerade erst ein großes und langfristiges Projekt gestartet werden sollte.
Nuri Sahin
Was sicher zur fehlenden Konstanz beiträgt, aber auch nicht allein die Auswärtsschwäche erklären kann: Personell musste der Coach in dieser Saison schon extrem viel basteln. Jetzt gegen Freiburg entspannt sich die Lage aber trotz der Rotsperre von Kapitän Can etwas: "Ich bin froh, dass ich wieder Entscheidungen treffen kann", sagt Sahin bei der Pressekonferenz vor dem Match.
"Zuletzt musste ich eher bis elf zählen und dann aufstellen." Vor allem Pascal Groß und Felix Nmecha sollen der Mannschaft Stabilität geben. Sahin: "Diese beiden werden in den nächsten Spielen sicher sehr viele Spielminuten bekommen."
Freiburgs Schuster hat ein sehr gutes Gefühl
Einen Punkt mehr auf dem Konto, aber vor allem eine wesentlich entspanntere Arbeitsatmosphäre hat Sahins Kollege in Freiburg. Dort stand bis zur vergangenen Saison Christian Streich stolze zwölfeinhalb Jahre an der Seitenlinie, er durfte sogar 2015 einmal mit dem Sportclub ab- und anschließend wieder aufsteigen. Nun hat er sein Amt an Julian Schuster übergeben, der einen hervorrragenden Start hingelegt hat: Freiburg liegt auf Rang fünf sogar vor den titelambitionierten Dortmundern, aber auch, wenn der SC auf Rang 15 liegen würde, wäre es dort ruhiger als beim BVB.
In das BVB-Stadion mit über 80.000 Fans nimmt Schuster trotz der Dortmunder Heimstärke eine große Portion Optimismus mit. Was ihm Hoffnung auf ein Erfolgserlebnis macht, beschreibt er so: "Die totale Energie meiner Mannschaft auf dem Trainingsplatz. Wie die Jungs trainieren, wie sie arbeiten, wie fokussiert sie sind - das gibt mir ein gutes Gefühl. Und mit diesem Gefühl fahren wir nach Dortmund."