FIFA WM 2022 Traumtor von Richarlison - Brasilien mit Topstart gegen Serbien
Titelkandidat Brasilien hat den ersten Härtetest der WM gegen Serbien erfolgreich bestanden. Doppelpacker Richarlison war beim 2:0 (0:0)-Sieg der Held des Abends - und begeisterte vor allem mit seinem zweiten Treffer.
In den ersten 20 Minuten bekam die brasilianische Mannschaft einen Eindruck davon, wie schwer die Aufgabe gegen Serbien wird. Die "Selecao"-Stars bekamen keinen Platz, um ihre technischen Stärken auszuspielen, immer wieder wurde das intensive Spiel durch Fouls unterbrochen und vor den Toren passierte bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt nichts (beide Teams ohne Schussversuch).
Casemiro war der erste Spieler, der den Ball auf das serbische Tor brachte. Sein Fernschuss stellte Keeper Vanja Milinkovic-Savic jedoch vor keine großen Probleme (21. Minute). Seine Klasse unter Beweis stellen musste er dafür in der 27. Minute, als Vinicius Junior per Steilpass in Szene gesetzt wurde und der herauseilende Torhüter des FC Turin den Ball im letzten Moment noch wegspitzeln konnte.
Nach vorne mit Schwierigkeiten, hinten ohne Probleme
Brasilien fand nun mehr Mittel gegen das serbische Bollwerk, bekam vor allem etwas mehr Tempo in das bis dahin eher behäbige eigene Spiel. Doch in der letzten Reihe konnte die starke serbische Dreierkette um Milos Veljkovic (SV Werder Bremen) die Angriffe des Titelfavoriten immer wieder verteidigen. Und wenn sich die Braslianer doch durchkombinierten, fehlte die Präzision wie beim Abschluss von Raphinha direkt auf Milinkovic-Savic (35.).
So ausbaufähig die Offensivleistung der "Selecao" war, so lobend ist aber die Defensive zu erwähnen. Die gegnerischen Angriffe wurden meist frühzeitig durch das aggressive Pressing unterbrochen, in der letzten Reihe überzeugten die Routiniers Marquinhos und Thiago Silva, der mit seinen 38 Jahren nun ältester brasilianischer Spieler der WM-Geschichte ist, mit starkem Stellungsspiel.
Erst rettet der Torhüter, dann der Pfosten
Das zeigte auch Milinkovic-Savic, als die zweite Halbzeit nur wenige Sekunden alt war. Nach einem haarsträubenden Ballverlust von Nemanja Gudelj tauchte Raphinha frei vor Serbiens Torhüter auf, der auch die bis dahin beste brasilianische Torchance abwehren konnte (46.). Bei der ersten echten Chance für Neymar musste Milinkovic-Savic jedoch nicht eingreifen - der Superstar der "Selecao" verzog nach einer Flanke von Vinicius Junior deutlich (55.).
Erstmals geschlagen war der serbische Torhüter in der 60. Minute. Ein fulminanter Linksschuss von Außenverteidiger Alex Sandro klatschte da an den Pfosten - Milinkovic-Savic wäre da machtlos gewesen (60.). Es war die größte Chance eines einseitigen Spiels und der Beleg dafür, dass Brasilien bei aller Überlegenheit nun auch Gefahr entwickelte.
Richarlison erfüllt den Job eines Mittelstürmers
Zu diesem Zeitpunkt waren auch die Zahlen eindeutig: 58 Prozent Ballbesitz, 57 Prozent der Zweikämpfe gewonnen, 14:1 Torschüsse - nur das Erfolgserlebnis fehlte. Das kam jedoch mit dem 16. Versuch. Vinicius Junior zwang Milinkovic-Savic zu einer weiteren Großtat, Mittelstürmer Richarlison staubte aber aus vier Metern ins leere Tor ab - das überfällige 1:0 für Brasilien (63.). Es war erst der 20. Ballkontakt des 25-Jährigen, kein Feldspieler hatte weniger.
Erst danach wurde es auch im brasilianischen Strafraum mal turbulent. Nach einem Eckball wurde das Spielgerät mehrfach gefährlich vor das Tor gebracht, kurz vor der Linie konnte Marquinhos jedoch zweimal klären (70.).
72 Minuten lang dominierte Brasilien, spielte abgeklärt, zeigte Klasse ohne zu glänzen - und dann die ganz große Kunst des Fußballs. Vinicius Junior flankte mit dem Außenrist, Richarlison stoppte den Ball mit dem linken Fuß in die Luft, schraubte sich direkt zum Seitfallzieher in die Luft und knallte das Leder mit rechts ins Netz. Das schönste Tor der bisherigen Weltmeisterschaft, der zweite Treffer für Richarlison, die Vorentscheidung für Brasilien.
Trainer Tite will den Titel-Abschied
Nach den überzeugenden Auftritten von England (6:2 gegen Iran), Frankreich (4:1 gegen Australien) und Spanien (7:0 gegen Costa Rica) zeigte mit Brasilien die vierte Mannschaft, warum sie zu den größten Anwärtern auf den WM-Titel zählt. 20 Jahre nach dem Gewinn des Turniers in Japan und Südkorea soll es in Katar endlich klappen - auch für Trainer Tite. Nach sechseinhalb Jahren hört der 61-Jährige nach der Weltmeisterschaft auf. Die Amtszeit soll mit dem sechsten Titel des Rekordweltmeisters enden.
Und auf dem Weg dahin will Brasilien offenbar auch etwas bieten. Casemiro wäre beinahe das zweite Traumtor des Abends gelungen. Sein Schlenzer aus 22 Metern geriet jedoch wenige Zentimeter zu hoch und prallte an die Latte (81.). Kurz darauf musste Milinkovic-Savic einen Fernschuss von Antony abwehren (83.).
Es war das letzte Mal, dass er eingreifen musste. Der Torhüter war neben den kleinen Ungenauigkeiten im Abschluss der Brasilianer der einzige Grund, warum es keinen Kantersieg des Favoriten gab, sondern "nur" ein 2:0. Neben der Chancenauswertung gab es jedoch noch einen Wermutstropfen.
Neymar verletzt ausgewechselt
Neymar musste verletzt ausgewechselt werden, humpelte mit stark geschwollenem Knöchel in die Kabine. Nach Angaben von Teamarzt Rodrigo Lasmar hat Neymar sich eine Verstauchung des rechten Sprunggelenks zugezogen. "Wir haben direkt die Behandlung gestartet, auf der Bank schon mit Physiotherapie angefangen. Wir müssen 24 bis 48 Stunden warten, um eine genauere Diagnose abgeben zu können", sagte Lasmar nach dem Spiel. Ihr nächstes Spiel bestreiten die Brasilianer am Montag gegen die Schweiz.