Regeln der WM 2022 Schiedsrichter, Videobeweis und Abseitserkennung

Stand: 15.11.2022 07:25 Uhr

Immer mehr Technik: Bei der WM 2022 in Katar kommt erstmals die halb-automatische Abseitserkennung zum Einsatz und soll Entscheidungen beschleunigen. Einziger deutscher Schiedsrichter ist Daniel Siebert - und erstmals pfeifen Frauen bei der WM der Männer.

Die Technik ist für die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter bei der WM der Männer eine immer wichtigere Begleiterin. Nach der Torlinientechnik 2014 in Brasilien und dem Video-Assistenten 2018 in Russland kommt 2022 in Katar erstmals die halb-automatische Abseitserkennung zum Einsatz. In der europäischen Champions League wurde die halb-automatische Abseitserkennung in der Gruppenphase genutzt.

So funktioniert die halb-automatische Abseitserkennung:

  • Mit künstlicher Intelligenz und zwölf Kameras unter dem Stadiondach werden 50 Mal pro Sekunde jeweils bis zu 29 Punkte am Skelett eines jeden Spielers auf dem Platz überwacht, dazu natürlich der Ball - der einen Sensor in sich trägt.
  • Die Daten werden dem Video-Assistenten übermittelt. Die berechnete Abseitslinie und der Zeitpunkt der Ballabgabe stehen nach Angaben des Weltverbands FIFA, der die Entwicklung maßgeblich prägte, "nahezu in Echtzeit zur Verfügung". Eine Abseitslinie muss nicht mehr angelegt werden - das spart Zeit. Und das ist ein großer Zweck der Technik, denn die Dauer der Überprüfungen ist ein häufig genannter Kritikpunkt am Video-Assistenten.
  • Der Video-Assistent muss mit dem Schiedsrichter aber immer noch die Strafbarkeit der Abseitsstellung klären - beispielsweise bei den Fragen, ob die Position passiv war oder ob der Ball vom Gegner kam - daher das Wort "halb-automatisch".
  • Zudem soll der Moment der Ballabgabe genauer als bisher ermittelt werden.

Video-Assistent bei der WM: Zu siebt vor den Bildschirmen

Keine Neuerung mehr ist "Video Assistant Referees" (VAR). Es gibt ein Äquivalent zum "Kölner Keller" in Doha. Sieben Menschen sitzen bei jedem Spiel vor den Bildschirmen:

Zu siebt den Bildschirmen: der VAR-Raum bei der WM in Russland 2018.

Zu siebt den Bildschirmen: der VAR-Raum bei der WM in Russland 2018.

  • Der Videoassistent hat die Perspektive der Hauptkamera auf einem Bildschirm im Blick, zudem steht ihm ein viergeteilter Bildschirm mit weiteren Perspektiven zur Verfügung - und er kommuniziert mit dem Schiedsrichter.
  • Sein erster Assistent verfolgt weiter die Hauptkamera, falls ein Zwischenfall gerade in Prüfung ist.
  • Der zweite Assistent ist alleine für Abseits zuständig.
  • Der dritte behält das TV-Programm im Auge und begleitet die Kommunikation zwischen Videoassistent und dem für Abseits verantwortlichen Assistenten.
  • Drei sogenannte Operatoren stellen den Videoassistenten das Bildmaterial zur Verfügung.

Das ist der Ablauf:

Der VAR darf in diesen vier Situationen eingreifen:

  • Tore und Vorfälle, die zu einem Tor führen
  • Strafstoßentscheidungen und Vorfälle, die einer solchen vorausgehen
  • Vorfälle, die zu glatt Roten Karten führen
  • Die Verwechslung von Spielern bei persönlichen Strafen

Dabei gibt es zwei Fälle, in denen ein Eingriff erfolgen soll:

  1. Der VAR soll bei "klaren, offensichtlichen Fehlentscheidungen" eingreifen.
  2. Der VAR soll bei "wichtigen übersehenen Situationen" eingreifen, wenn die Unparteiischen beispielsweise ein Handspiel überhaupt nicht gesehen und bewertet haben und ein erster Eindruck nur am Bildschirm erfolgen kann.

Einige wichtige Grundsätze:

  • Die Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter sollen sich nur bei Schwarz-Weiß-Entscheidungen per Funk auf den VAR verlassen. Stand ein Spieler im Abseits? War der Ball im Aus? War ein Foul wirklich innerhalb des Strafraums?
  • Auch klar ist, wie weit der Video-Assistent "zurückspulen" darf: Per Videobeweis geklärt werden Fälle, die in der "Angriffsphase" stattfanden, die zu einem Tor/Strafstoß führte. So steht es im Protokoll zum Videobeweis.
  • Eine Spielwertung ist auch dann gültig, wenn die Technik ausfällt oder fehlerhaft funktioniert.
  • Grundsätzlich hat der Mann oder die Frau mit der Pfeife im Zweifel weiter das letzte Wort.

Die vier Unparteiischen im Videoraum müssen 42 Kamerapositionen bewältigen, zwölf davon sind Zeitlupen. Hinzu kommen die zwölf Kameras für die Abseitstechnik. 14 weitere Kameras sind für die Torlinientechnik zuständig, mit ihnen werden zudem die 3D-Animationen erstellt.

36 Unparteiische sind im Einsatz, darunter Daniel Siebert und erstmals Frauen

Menschen kommen auch zum Einsatz. Die FIFA berief 36 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter. 2018 in Russland waren es 35, 2014 in Brasilien 25. An den Seitenlinien sind 69 Unparteiische dabei, im Videoraum kommen 24 verschiedene Menschen zum Einsatz. Einziger Schiedsrichter aus dem Deutschen Fußball-Bund ist Daniel Siebert mit seinen beiden Assistenten Rafael Foltyn und Jan Seidel. Im Videoraum kommen zwei Schiedsrichter aus Deutschland zum Einsatz: Bastian Dankert und Marco Fritz.

Erstmals in der Geschichte der WM der Männer kommen Frauen als Schiedsrichterinnen zum Einsatz: Stéphanie Frappart (Frankreich), Salima Mukansanga (Ruanda) und Yoshimi Yamashita (Japan) wurden berufen. Mit Neuza Back (Brasilien), Karen Díaz Medina (Mexiko) und Kathryn Nesbitt (USA) wird die FIFA zudem erstmals Assistentinnen bei einer Männer-WM einsetzen. "Das ist der Beweis dafür, dass die Qualität und nicht das Geschlecht zählt", sagte FIFA-Schiedsrichter-Chef Pierluigi Collina einer Mitteilung zufolge. "Ich hoffe, dass das Aufgebot von Elite-Schiedsrichterinnen für wichtige Männerwettbewerbe schon bald keine Sensation mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit ist."

Die Referees werden für jedes Spiel von der FIFA-Schiedsrichterkommission ernannt. Der Unparteiische darf aus keinem Land kommen, das an dem Spiel oder der Gruppe beteiligt ist. Falls der Schiedsrichter ausfällt, wird er durch den vierten Offiziellen ersetzt. Falls einer der Assistenten nicht dabei sein kann, wird er entweder durch den vierten Offiziellen oder den Ersatz-Schiedsrichterassistenten ersetzt, den es bei jedem Spiel geben soll.

Schiedsrichter*innen bei der WM 2022
Name Land
Abdulrahman Al Jassim Katar
Ivan Barton El Salvador
Chris Beath Australien
Raphael Claus Brasilien
Matthey Conger Neuseeland
Ismail Elfath USA
Mario Escobar Guatemala
Alireza Faghani Iran
Stéphanie Frappart Frankreich
Bakary Gassama Gambia
Mustapha Ghorbal Algerien
Victor Gomes Südafrika
Istvan Kovacs Rumänien
Ning Ma China
Danny Makkelie Niederlande
Szymon Marciniak Polen
Said Martinez Honduras
Antonio Meteu Spanien
Andres Matias Matonte Cabrera Uruguay
Mohammed Abdulla Mohammed VAE
Salima Mukansanga Ruanda
Maguette Ndiaye Senegal
Michael Oliver England
Daniele Orsato Italien
Kevin Ortega Peru
Cesar Ramos Mexiko
Fernando Rapallini Argentinien
Wilton Sampaio Brasilien
Daniel Siebert Deutschland
Janny Sikazw Sambia
Anthony Taylor England
Facundo Tello Argentinien
Clement Turpin Frankreich
Jesus Valenzuela Venezuela
Slavko Vincic Slowenien
Yoshimi Yamashita Japan