Krise bei Manchester City Pep Guardiola - der Welttrainer muss sich emanzipieren
Pep Guardiola ist der erfolgreichste Vereinstrainer der Welt, doch mit Manchester City erlebt er gerade die erfolgloseste Phase seiner Karriere. Ein Grund: seine Abhängigkeit von Einzelspielern.
18 Titel hat Pep Guardiola in acht Jahren mit Manchester City gewonnen, viermal hintereinander ist diese Klub-Trainer-Kombination in England Meister geworden. Er und seine Spieler haben Ende Oktober Rekorde gefeiert: 26 Spiele in der Champions League ohne Niederlage, 52 ungeschlagene Heimpartien wettbewerbsübergreifend. Einen Monat später hat sich der Himmel vom strahlenden Himmelblau jedoch in ein dunkles Grau verfärbt.
Fünfmal hat Man City in Folge verloren - im Klub gab es das zuletzt 2006, unter Guardiola (seit 2016 im Klub) also noch gar nicht. Der Spanier hat das als Trainer sowieso noch nicht erlebt, solche Miseren gab es auch zuvor beim FC Bayern München und davor beim FC Barcelona nicht.
Früher hatte Guardiola Messi, jetzt ist es Rodri
Bei den Katalanen hat sich Guardiola den Ruf als weltbester Trainer erarbeitet, in der Saison 2008/09 gewann er dort ebenso das Triple wie in Manchester in der Spielzeit 2022/23. Doch der 53-Jährige macht trotz aller Wertschätzung, die er erfährt, keinen Hehl daraus, dass diese Erfolge auch damit zusammenhingen, dass er jeweils einen ganz besonderen Spieler an seiner Seite hatte. Und dass eben Dinge wie aktuell passieren, wenn so jemand fehlt.
"Wir spielen ohne Rodri, wir vermissen ihn. Der beste Spieler der Welt. Erinnern Sie sich zurück an die Erfolge in Barcelona, da war Messi unser bester Spieler - hätten wir diese Saison ohne Messi so spielen können? Glauben Sie, wir hätten das Triple gewonnen? Ich denke nicht", sagte Guardiola, der die gesamte Restsaison ohne Rodri (Kreuzbandriss) auskommen muss.
City-Trainer Pep Guardiola (r.) und sein Spieler Rodri.
Die überragende Bedeutung des City-Kapitäns
Sollte die Bilanz ohne seinen Mittelfeldchef und Weltfußballer nicht besser werden, dürfte es eine bittere Spielzeit werden. Mit Rodri hat Manchester City seit 2019 nur 19 von 223 Spielen verloren, seit Februar 2023 sogar nur zwei von 78 (2,6 Prozent). Ohne den Spanier gab es in der Champions League und Premier League in 28 Partien zehn Pleiten (35,7 Prozent). Oder: Mit ihm holte City in viereinhalb Jahren 2,37 Punkte pro Spiel, ohne ihn lediglich 1,79 Zähler.
Obwohl Guardiola stets Kader mit vielen Topspielern hat, ist seine Taktik sehr auf den jeweils herausragenden Akteur unter diesen ausgelegt - und das rächt sich nun. "Wir sind im Moment etwas fragil, das ist klar", hat der 53-Jährige entsprechend festgestellt. Guardiola braucht Zeit, um sich und sein Team von Rodri zu emanzipieren.
Guardiola versucht es mit Gewohnheiten und Verständnis
Vor gut vier Jahren hatte Guardiola schon mal ein etwas vergleichbares Tief in Manchester und veränderte vieles in Sachen taktischer Formation und spielerischer Herangehensweise. Darauf folgten dann 21 Siege in Serie. Krempelt er City nun also wieder um? Die klare Antwort: Nein. "Wir müssen zu unseren Prinzipien zurückkehren. Wir dürfen nicht viel ändern, sondern weniger denn je", sagte Guardiola.
Gewohnheiten als Sicherheit, das ist sein Weg für die Wende. Und er geht voran, vermittelt seinen Spielern das Selbstvertrauen, das ihnen momentan fehlt. "Ich habe das Gefühl, dass wir in dieser Saison sehr gute Sachen machen werden", so Guardiola. "Wir müssen diese Phase durchbrechen, denn die Siege helfen uns, positiver und selbstbewusster zu sein, das müssen wir schaffen."
Und der erfolgsverwöhnte Coach versucht es mit Verständnis, er hadert nicht mit der Pleitenserie, sondern er bewertet sie öffentlich als logisch. "Wir waren immer und immer wieder unglaublich konstant. Ich habe schon vorher gesagt, dass sowas früher oder später passieren muss", gestand Guardiola. Er nimmt damit seinen Spielern den Leidensdruck, sie können sich darauf verlassen, dass es wenigstens von ihrem Trainer keine Vorwürfe geben wird.
Endspiel in der Premier League in Liverpool
Diese Maßnahmen müssen aber schnell fruchten. Selbst ein Sieg am Dienstag (26.11.2024) in der Champions League gegen Feyenoord Rotterdam - der nach dem 1:4 bei Sporting Lissabon durchaus wichtig wäre - würde nur für einen ganz kurzen Entspannungsmoment sorgen. Denn noch viel wichtiger ist das nächste Spiel in der Premier League. Da muss Man City am Sonntag (01.12.2024) bei Tabellenführer FC Liverpool ran.
Viktor Gyökeres von Sporting Lissabon trifft gegen Manchester City
Guardiola hat bereits angekündigt, dass er den fünften Meistertitel in Folge bei einer weiteren Niederlage schon abhaken würde. "Wenn Liverpool gewinnt, ist das wahr", sagte er angesichts des jetzt schon großen Rückstands von acht Zählern auf die "Reds".
Neuer Vertrag, alte Probleme
Das alles passiert unmittelbar, nachdem Guardiola seinen Vertrag vorzeitig bis 2027 verlängert hat. Der Zeitpunkt kam überraschend, ist aber auch ein Grund für die Entscheidung. "Ich hatte gedacht, diese Saison wird meine letzte. Ich habe aber das Gefühl, dass ich nicht gehen kann, fragen Sie mich nicht, warum. Vielleicht waren die vier Niederlagen der Grund dafür", sagte Guardiola.
Es folgte Niederlage Nummer fünf am Wochenende gegen die Tottenham Hotspur (0:4). Doch damit soll und muss nun Schluss sein. Der laut Erling Haaland "beste Trainer der Welt und wahrscheinlich beste Trainer, der jemals irgendwo auf der Welt existiert hat", muss nun die Wende schaffen. Ohne einen Messi oder Rodri, sondern mit seinem Handwerk als Trainer. Jetzt muss er seine Klasse zeigen, ohne sich auf einen Weltfußballer verlassen zu können.
"Als wir gewonnen haben, dachte ich, dass auch dies vorübergehen wird, und jetzt denke ich, dass auch dies vorübergehen wird. Nichts ist ewig", sagte Guardiola. Seine Mission steht.