Nach dem Dortmund-Coup An diesem Brandt kann Nagelsmann nicht vorbei
Aus Borussia Dortmunds großer Gala im Viertelfinale der Champions League gegen Atlético Madrid wird auch Julian Nagelsmann seine Erkenntnisse ziehen. Zuletzt hatte der Bundestrainer fast alle BVB-Spieler aussortiert - das dürfte nicht so bleiben.
Was er denn im kommenden Sommer so machen würde, wurde Julian Brandt kurz nach dem 4:2-Triumph am Dienstagabend (16.04.2024) gefragt. Der BVB-Nationalspieler wusste natürlich, dass die Frage auf seine mögliche EM-Teilnahme in Deutschland abzielte, die zuletzt in weite Ferne gerückt war.
Bei den wichtigen Testspiel-Siegen gegen Frankreich und die Niederlande war Brandt nicht im Kader gewesen, genau wie seine Dortmunder Vereinskollegen Mats Hummels, Emre Can, Nico Schlotterbeck, Niklas Süle oder Karim Adeyemi. Allein Niclas Füllkrug durfte noch anreisen, doch selbst er stand nach zuletzt neun Pflichtspielen ohne Treffer und dem drohenden Stammplatzverlust an Sébastien Haller auf der Kippe.
Dortmunds Füllkrug kann Widerstände überwinden
Die Nacht gegen Atlético dürfte einiges verändert haben. Mit welcher Überzeugung Füllkrug in der 71. Minute die Maßflanke von Marcel Sabitzer in den Winkel wuchtete, das war ein starkes Zeichen: Der Stürmer kann gegen Widerstände ankämpfen, er verliert nicht den Glauben an sich und seine Fähigkeiten, auf ihn wird Nagelsmann bei der Europameisterschaft auf keinen Fall verzichten können.
Das Gleiche gilt auch für Brandt. Wobei der Mittelfeldspieler im Moment nicht nur seine bekannten Stärken abruft, sondern sogar noch neue entdeckt: Gegen Atlético riss er gemeinsam mit dem ebenfalls überragenden Marcel Sabitzer nicht nur offensiv die Mannschaft mit, traf mit enormer Willenskraft zum 1:0, sondern machte auch viele Wege nach hinten und eroberte verlorene Bälle zurück.
Dortmunds Niclas Füllkrug
Hummels hätte es auch verdient
Von den "zwei, drei Plätzen", die Nagelsmann in seinem EM-Kader zuletzt noch für vakant erklärt hatte, muss nun eigentlich einer für Brandt reserviert sein. Wenn es rein nach Leistung ginge, hätte auch Mats Hummels die Berufung verdient. Dass Dortmund unter den Top vier Europas steht, ist ganz maßgeblich auch seiner Konstanz und Klasse in dieser Saison zu verdanken, auch zuletzt beim Sieg der Dortmunder in München bewies der Innenverteidiger noch einmal seine herausragende Form.
Dass ihm gegen Atlético ein Eigentor unterlief, sollte da zu verschmerzen sein, zumal Hummels mit seinem langen Außenrist-Pass in die Tiefe vor dem Treffer von Brandt eine Fähigkeit nachwies, die auf europäischer Top-Ebene in dieser Form kein Innenverteidiger beherrscht. Allerdings hat Nagelsmann zuletzt schon recht deutlich gemacht, dass er Antonio Rüdiger und Jonathan Tah für seine Stammbesetzung auserkoren hat und Hummels - warum auch immer - als Back-up "keine Idealbesetzung" sei.
Für Can und Schlotterbeck wird es eng
Mögliche weitere Back-ups hätte Edin Terzic noch einige für Nagelsmann, und alle waren auch schon mal Stammspieler im Nationalteam. Die Betonung dürfte allerdings auch weiterhin auf "waren" liegen, vor allem bei Süle, der seine Fitnessprobleme nicht in den Griff bekommt und auch in Dortmund ganz weit hinten dran ist.
Auf Schlotterbeck und Can setzt Terzic aber weiterhin, doch sie agierten auch gegen Atlético zu wechselhaft, um sich wirklich nachhaltig für die EM zu empfehlen: Beide haben zwar ein überragendes Kämpferherz, aber vor allem die Abstände zu den Gegenspielern waren immer wieder zu groß, das nutzten die Madrilenen bei beiden Treffern zum 1:2 und 2:2.
Adeyemi war schon mal Turnier-Joker
Eine Wundertüte war, ist und bleibt Karim Adeyemi. Der Flügelspieler hat sich zuletzt seinen Platz im BVB-Team zurück erkämpft und mehrfach gezeigt, dass er mit seinem Blitzantritt ein Spieler für die besonderen Momente sein kann. So kontraproduktiv noch am vergangenen Samstag sein Auftritt mit zwei unnötigen Fouls und Gelb-Rot beim 2:1 in Gladbach war, so sehr ist er auch immer in der Lage, eine massive und tief stehende Defensive aufzureißen.
Diese Eigenschaft kann bei der Euro beispielsweise in den Gruppenspielen gegen Schottland und Ungarn durchaus gefragt sein. Daher ist nicht komplett auszuschließen, dass Nagelsmann Adeyemi aus dem Hut zaubert, so wie es auch Hansi Flick vor der Pleiten-WM in Katar gemacht hat. Adeyemi und die anderen BVB-Kandidaten können ihre Argumente jetzt durchaus noch auf höchstem Niveau liefern: Im Halbfinale der Champions League geht es am 30. April und am 7. Mai gegen Paris St. Germain.