Abstiegsplatz und Pokal-Aus drohen Gladbach ratlos in den Heidenheim-Doppelpack
Dass der Umbruch bei Borussia Mönchengladbach Zeit in Anspruch nehmen würde, war klar. Aber dass aktuell gar nichts besser wird, macht die Verantwortlichen ratlos. Nun stehen binnen vier Tagen zwei wegweisende Spiele gegen den 1. FC Heidenheim an.
Wenn es ganz schlecht läuft, dann sind die Fohlen am nächsten Dienstag (31.10.2023) gegen 22 Uhr schon in der 2. Runde aus dem DFB-Pokal ausgeschieden und stehen in der Bundesliga auf einem Abstiegsplatz. Das ist natürlich Schwarzmalerei, es ist der sportlich gesehen schlimmste anzunehmende Unfall.
Aber es ist möglich. Und wenn man die jüngste Darbietung der Gladbacher im Derby beim zuvor Tabellenletzten 1. FC Köln zum Maßstab nimmt, dann ist dieses fußballerische Horrorszenario für den fünfmaligen Deutschen Meister gar nicht mal so unwahrscheinlich.
Hohe Erwartungen, null Gegenleistung
Wenn Gladbach gegen Köln antritt, erwarten die VfL-Anhänger soviel von ihrer Mannschaft wie in keinem anderen Spiel der Saison. Geboten bekamen sie so wenig, dass der Kampf gegen den Abstieg plötzlich Realität ist, zumal die Borussen auch schon im Heimspiel zuvor ein Schlusslicht der Tabelle nicht bezwingen konnten: Kurz vor Schluss gelang gegen Mainz nur noch der 2:2-Ausgleich.
Beim FC waren die Fohlen auch nach Ansicht ihres Trainers nicht mal für einen Punkt gut genug: "In allen Bereichen ungenügend", lautete seine schonungslos ehrliche Analyse, was angesichts der Zahlen keinen Widerspruch zulässt: 5:16 Torschüsse, keine herausgespielte Chance in den gesamten 90 Minuten, weniger als 45 Prozent Ballbesitz - und jeder vierte Pass war direkt beim Gegner gelandet.
Virkus und Bonhof völlig bedient
Selbst Sportdirektor Roland Virkus, der nach den Abgängen von Leistungsträgern wie Marcus Thuram, Jonas Hofmann, Lars Stindl und Ramy Bensebaini immer wieder für Zeit und Geduld wirbt, gab anschließend frustriert zu: "Ich dachte, dass wir schon weiter sind." Vor allem die erste Halbzeit sei "unterirdisch" gewesen, wobei die zweite keinen Deut besser war.
Roland Virkus, Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach
Vize-Präsident Rainer Bonhof, sonst auch eher moderat bei seinen seltenen Kommentaren, war noch zwei Tage nach dem Spiel fassungslos: "Scheiße war das."
Das seine Mannschaft schon weiter ist, dachte Gerardo Seoane auch. Als er auf die bevorstehenden Partien gegen Heidenheim angesprochen wurde, hatte er erstmal ganz andere Dinge im Kopf: "Die beiden Spiele sind extrem wichtig, aber wir müssen erstmal Köln sehr ordentlich aufarbeiten, mit der Mannschaft, aber auch wir im Trainerteam."
Seoane selbstkritisch und auf der Suche
Seoane ist ein selbstkritischer Mensch, er ist weit davon entfernt, die Schuld nur bei seinen Spielern zu suchen. Es ärgert ihn, dass er seine anspruchsvollen Inhalte nicht gewinnbringend vermitteln kann, dass auch seine durchaus frühen und sinnvollen Eingriffe in die laufenden Spiele oft verpuffen.
Als ihn die Sportschau in der Woche vor dem Köln-Spiel darauf ansprach, welche Fortschritte er im Laufe seiner bisherigen Tätigkeit schon festgestellt hat, hatte er geantwortet: "Die Mannschaft hat verstanden, dass die Haltung in den ersten zehn, 15 Minuten sehr ausschlaggebend für den gesamten weiteren Verlauf des Spiels ist."
In Köln hätte es nach 15 Minuten eigentlich schon 0:3 stehen müssen, so schlimm war die Haltung der Gladbacher. Vor den Heidenheim-Duellen fängt Seoane also auch in diesem Punkt nochmal bei Null an.
Keine Stammformation in der Offensive
So richtig weiß Seoane auch noch nicht, auf wen im Kader er sich nun dauerhaft verlassen soll, die beiden Kapitäne Jonas Omlin (fällt aber monatelang wegen einer Schulter-Operation aus) und Julian Weigl mal ausgenommen. Vor allem in der Offensive ist er noch komplett auf der Suche. Spielgestalter Florian Neuhaus rutscht bei ihm immer sehr schnell aus der Mannschaft. Alassane Plea hat ihn nun schon mehrfach krass enttäuscht, auch Tomas Cvancara konnte seine Klasseleistungen aus der Vorbereitungsphase nicht bestätigen.
Dessen Backup Jordan Siebatcheu ist bisher zumeist ein Fremdkörper, der wenig Torgefahr ausstrahlt. Manu Koné war lange verletzt, in Köln wieder dabei und trat sich mit einem sinnlosen Foul mit der Roten Karte gleich wieder in die nächste Zwangspause. In der Vorbereitung hatten sich auch Nathan Ngoumou und Robin Hack empfohlen, mit ihnen konnte Seoane zuletzt auch nicht mehr viel anfangen.
Die Fans werden unruhig
Verändert hat sich durch das Köln-Spiel die Haltung der Gladbacher Fans. Nach allen sieben Partien davor wurden die Profis nach Schlusspfiff gefeiert, sogar nach den vier sieglosen Heimspielen, obwohl davon drei verloren gingen.
Beim Derby kippte die Stimmung komplett, und in einem Punkt können sich die VfL-Profis jetzt sicher sein: Wenn gegen Heidenheim am Samstag (15.30 Uhr, Live-Ticker und Audio-Reportage bei sportschau.de und Zusammenfassung in der Sportschau ab 18 Uhr) und am Dienstag im Pokal keine drastische Steigerung gelingt, die sich dann auch in Ergebnissen niederschlägt, dann wird der Gang vor die Nordkurve extrem ungemütlich.