Drei Bochumer Fans freuen sich über den Klassenerhalt ihres Vereins

Mehr Spannung geht nicht Finale furioso in der Bundesliga - ein Fest für die (meisten) Fans

Stand: 28.05.2023 08:11 Uhr

Dieser letzte Bundesliga-Spieltag war an Dramatik kaum zu überbieten. Eine Ode an ein denkwürdiges Finale - und eine Erinnerung an das, was überhaupt alles passiert ist.

Jetzt mal ganz tief durchatmen. Und dann überlegen. Welche Entscheidungen sind eigentlich am letzten Spieltag in der Fußball-Bundesliga gefallen? Dass der FC Bayern München zum elften Mal in Folge Meister geworden ist, weil Borussia Dortmund seinen Matchball gegen Mainz 05 (2:2) versemmelt hat, sollte allen bekannt sein. Doch die Dramatik dieser Entscheidung war so überwältigend, dass außerhalb der jeweiligen Fan-Universen sicherlich viel untergegangen ist.

Union und Frankfurt feiern nahezu unbemerkt

Gehen wir der Reihe nach von oben nach unten. Union Berlin hat zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte die Qualifikation für die Champions League erreicht. Rani Khedira schoss kurz vor Schluss das entscheidende Tor. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte der SC Freiburg, der durch noch spätere Tore gegen Frankfurt verlor, noch Rang vier inne. Der Kampf um den letzten Platz für die Königsklasse, dem überragenden Wettbewerb dieser Sportart, war hochspannend - aber lief bei vielen unter dem Radar.

Dramatisch gescheitert ist auch der VfL Wolfsburg. Die "Wölfe" erzielten das erste Tor eines verrückten Nachmittags - verloren dann aber gegen die bereits abgestiegene Hertha aus Berlin und verpassten damit das europäische Geschäft. Ein 0:3 in Bochum reicht Bayer 04 Leverkusen für die Conference League. Sollte RB Leipzig Pokalsieger werden, wird es sogar die Europa League. Frankfurt wird auch in einem der beiden Wettbewerbe vertreten sein. Wahnsinn, oder? Aber vollkommen untergegangen.

Schalke geht runter, Stuttgart versucht dies abzuwenden

Und dann gab es da noch das Tal der elementaren Tränen. Schalke und Dortmund waren in ihrer Trauer vereint - doch die Auswirkungen für S04 sind weitaus dramatischer. Klar, der Meistertitel war eine nahezu einmalige Chance nach zehn Jahren Bayern-Schale-Langeweile, aber das Scheitern kostet keine Arbeitsplätze, Millionen von Euro und Ähnliches. Schalke spielt dagegen in der nächsten Saison in der zweiten Liga, das trifft jeden Mitarbeiter. Denn in vielen Arbeitsverträgen werden im Unterhaus andere Bezüge stehen als in der Bundesliga. Aber man verdient nicht weniger Geld, weil man kein Meister geworden ist - da ist höchstens eine Prämie ausgeblieben.

Auch Schalkes Scheitern war voller Dramatik. Nach einem frühen 0:2 kam das Team von Trainer Thomas Reis zurück und glich aus, um dann doch 2:4 zu verlieren. Und der VfB Stuttgart hat ebenfalls eine riesige Chance vergeben, hätte mit einem Sieg gegen Hoffenheim - das Spiel endete 1:1 - noch den FC Augsburg in die Relegation geschossen. Aber auch das war nur eine Randnotiz.

Hochspannung, weil andere es zuließen

Das alles an einem Tag, in dem die Agentur über einen Sieg von Real Madrid beim FC Sevilla titelt: "Real Madrid legt im Kampf um Vizemeisterschaft vor." Dramatik sucht man in den Top-5-Ligen vergeblich. Der FC Barcelona ist in Spanien längst Meister, Manchester City in England auch seit vergangener Woche, der SSC Neapel in Italien noch länger. Und Paris St. Germain steht seit Samstag ebenfalls wenig überraschend als französischer Titelträger fest.

Jahrelang haben sich die Fans in Deutschland danach gesehnt, dass die Bundesliga ein solches Spektakel bietet. Mehr als an diesem letzten Spieltag geht da nicht. Das spricht gar nicht so sehr für Klasse, denn vieles von dem, was passierte, war die Folge davon, dass ein Team eine ganz große Chance verpasst hat. Bayern feierte wegen Dortmund, der direkt gerettete VfL Bochum wegen Stuttgart.

Eine Woche der Bundesliga-Fans

Was da alles passiert ist, ist dennoch das größte Geschenk für die Fans und der zweite Sieg innerhalb weniger Tage. Unter der Woche hatte die Liga in einer DFL-Sitzung den Einstieg internationaler Investoren abgeschmettert, der eigentlich bewirken sollte, dass die Bundesliga im Vergleich mit Spanien, England und Italien besser als aktuell dastehen wird. Den Fans ist aber viel wichtiger, was auf nationaler Bühne passiert. Kein Erfolg in der Champions League kann landesweit so elektrisieren, wie es dieser letzte Spieltag gemacht hat. So viele Tränen der Freude und der Trauer, so viele Wendungen.

Es war das große Spektakel, allerdings auf eher dürftigem Niveau. Was aber zählt für die, die das ganze Geschehen abseits des Platzes verfolgen? Emotionen, Emotionen, Emotionen. Ewig lange wurde die Bundesliga nicht mehr so gefühlt. Das gilt im Übrigen auch für die Bayern und ihren Meistertitel.

Das alles hat vielen Menschen richtig wehgetan, vielen aber auch richtig Freude gemacht. Nur ganz, ganz wenigen war es egal.

Das Warten auf den Rückschlag des FC Bayern

Was passiert aber nun? Mit Schalke und Hertha gehen zwei Traditionsklubs und mit Darmstadt 98 und wahrscheinlich dem 1. FC Heidenheim (sofern er am Sonntag in Regensburg gewinnt) kommen zwei Vereine, die keine vergleichbar große Fanpower mitbringen - allein schon wegen ihrer deutlich kleineren Stadien. Es sind auch Namen, die nicht allzu sehr elektrisieren.

Und auch im Kampf um die Meisterschaft gibt es eine Befürchtung. Die Bayern werden im Sommer sicherlich eine Reaktion zeigen und auf dem Transfermarkt ihre Muskeln spielen lassen. Es wird ein Nachfolger von Hasan Salihamidzic installiert, der für Käufe zuständig sein wird.

Gerade im Sturm werden nur die ganz großen Namen gehandelt. Harry Kane, Victor Osimhen oder Frankfurts Randal Kolo Muani? Sein aktueller Sportchef Markus Krösche wird schon als Nachfolger gehandelt. Und Millionen Fans beten, dass auch er ein weiteres Finale auf diesem Spannungs-Niveau nicht verhindern kann.