Transfer-Vergleich mit Dortmund Leverkusen führt schon vor dem Anpfiff 4:1
Mit satten zehn Punkten Vorsprung empfängt Bayer Leverkusen zum Bundesliga-Topspiel am Sonntag (03.12.2023, ab 17.30 Uhr in der Radio-Reportage und im Live-Ticker bei der Sportschau) Borussia Dortmund. Den Unterschied machen vor allem die Neuzugänge aus.
Zehn Punkte Unterschied, dabei wollte Dortmund unbedingt wieder um den Titel mitspielen - wo kommt diese Diskrepanz her? In den auf den ersten Blick sichtbaren Statistiken ist der Unterschied leicht herzuleiten: Leverkusen ist offensiv wesentlich effektiver und defensiv deutlich stabiler, hat zwölf Tore mehr geschossen als Dortmund und neun Tore weniger kassiert.
Bayers Bilanz aus bisher zwölf Liga-Partien lautet: elf Siege und keine Niederlage gegen nur sieben Erfolge und schon zwei verlorene Spiele des BVB.
Dortmund in der Champions League top
Das alles klingt fast nach einem Klassenunterschied, dabei hat Dortmund gerade in der Champions League Herausragendes geleistet. In der mit Abstand am stärksten besetzten Gruppe des gesamten Wettbewerbs steht die Mannschaft von Edin Terzic nach dem 3:1 beim AC Mailand vom Dienstag auf Platz eins, hat bereits nach fünf Partien sicher das Achtelfinale erreicht. Nach Punkten kann nur noch Paris St. Germain gleichziehen, Milan und Newcastle United sind bereits abgehängt.
Rolfes schlägt Kehl deutlich
Warum diese Konstanz in der Bundesliga fehlt, beschäftigt die Dortmunder Chefetage seit Wochen. Zumal Konkurrent Leverkusen dieselbe Matchbelastung hat und auf europäischer Bühne ebenfalls herausragend agiert: In der Europa-League-Gruppe H war Platz eins bereits nach vier Partien zementiert.
Mal hört man von interner Kritik an Terzic, die "Sportbild" berichtete von wachsender Distanz zwischen Trainer und Sportdirektor. Dann wieder sind die Formschwankungen von Spielern wie Emre Can, Sébastien Haller, Karim Adeyemi, Marius Wolf oder Niklas Süle das Hauptthema.
Was nach zwölf Ligaspielen, zwei Pokalauftritten und fünf Partien im internationalen Geschäft aber am meisten hervorsticht, ist der Input, den beide Mannschaften schon vor dem Saisonstart durch ihre Neuzugänge bekommen haben.
Vier absolute Volltreffer bei Bayer
Leverkusen hat vier absolute Volltreffer auf dem Transfermarkt gelandet, die das Niveau der gesamten Mannschaft auf ein höheres Level gebracht haben. Hier hat Bayer-Sportdirektor Simon Rolfes in der Sommerpause den um Längen besseren Job gemacht als sein langjähriger Bundesliga-Kollege Sebastian Kehl in Dortmund.
Selbst wenn man beim BVB mit etwas Wohlwollen Niclas Füllkrug mit vier Ligatoren und einem Treffer in der Königsklasse als Verstärkung gegenüber Haller aus der Vorsaison betrachten möchte, geht Bayer dann quasi immer noch mit einer deutlichen 4:1-Führung in das direkte Duell: Victor Boniface, Granit Xhaka, Jonas Hofmann und Alejandro Grimaldo sind aus der Bestbesetzung nicht mehr wegzudenken und haben aus Bayer den inzwischen einzigen großen Bayern-Konkurrenten gemacht - mit den bisher durch die Bank besseren Leistungen als der Rekordmeister. Und als der Beinahe-Meister der Vorsaison sowieso.
Führungsspieler Xhaka und drei Klasse-Scorer
Xhaka führt die Leverkusener Mannschaft, er bestimmt den Rhythmus, die Balance aus Offensive und Defensive, er verhindert mit seiner Aggressivität und Siegermentalität, dass die Lethargie aufkommt, die Bayer in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten so oft um den Erfolg gebracht hat. Boniface hat in zwölf Spielen zwölf Scorerpunkte zu Buche stehen, Grimaldo elf, Hofmann ebenfalls elf.
Bei den Dortmundern taucht Füllkrug als Top-Torjäger (gemeinsam mit Julian Brandt) mit seinen vier Treffern erst auf dem geteilten 18. Rang der Bundesliga auf, vor ihm liegen unter anderem gleich drei Heidenheimer. Die drei anderen neuen BVB-Hoffnungsträger sind bislang reine Mitläufer. Rekordeinkauf Felix Nmecha kam viermal nur von der Ersatzbank, brachte im zentral-defensiven Mittelfeld keine Stabilität, offensiv ist seine Ausbeute ganz dünn (kein Liga-Tor, ein Treffer in der Königsklasse), jetzt bremsen ihn Hüftprobleme aus.
Sabitzer und Bensebaini fehlen Ausstrahlung und Präsenz
Marcel Sabitzer ist von der angedachten Führungsrolle ebenfalls noch ganz weit entfernt, so dominant und mit einer solchen Austrahlung wie im Österreich-Spiel gegen Deutschland würden ihn sich die BVB-Fans auch im schwarz-gelben Trikot wünschen. Immerhin zeigte der Mittelfeldspieler zuletzt aufsteigende Tendenz, erzielte in den vergangenen vier Ligaspielen seine ersten beiden Treffer.
Terzic scheint inzwischen auch die richtige Position im halblinken Mittelfeld für ihn gefunden zu haben, auf der er in Leipzig glänzte, eher er danach bei den Bayern und bei Manchester United schon zunehmend an Form verlor.
Auf der Suche nach der Präsenz, der Körpersprache wie bei seinem Ex-Verein ist auch Ramy Bensebaini. Seine Zweikampfquote von 63,78 Prozent ist zwar in Ordnung, aber ein Führungsspieler wie in Gladbach, wo er auch offensiv permanent unterwegs war (33 Torbeteiligungen in 113 Pflichtspielen), ist er beim BVB in keiner Hinsicht: Offensiv steht bei Toren und Vorlagen die Null, defensiv agiert er wechselhaft. Beim 0:4 in München war der Algerier noch nicht mal eine Option für Terzic und lief sich bis zur 90. Minute nur warm.
Dortmunds Ramy Bensebaini (l.) und Gladbachs Franck Honorat (r.) im Duell.
Nicht nur die Neuen glänzen
Dass Leverkusen mit einem klaren 4:1 nach Volltreffern bei den Neuzugängen in das Match geht, muss aber noch nicht zwangsläufig das Endergebnis dieses Topspiels herleiten. Mit Jamie Bynoe-Gittens und Marco Reus sind auch zwei Dortmunder gerade in Top-Form, Can und Adeyemi deuteten in Mailand das Ende ihrer Krise an.
Allerdings hat auch Leverkusen mit Jeremy Frimpong, Jonathan Tah oder Palacios Spieler im Team, die schon länger im Verein sind und in dieser Saison unter Xabi Alonso nochmal einen Riesensprung gemacht haben.