Situation bei Borussia Dortmund Blockade beim Ballspielverein
Der Ballspielverein Borussia Dortmund ist wieder mal seiner Strategie gefolgt, den Trainer für eine Misere verantwortlich zu machen. Dessen Wunsch war es, dass "der Verein endlich zur Ruhe findet". Aber dafür gibt es keine Anzeichen.
Matthias Sammer beschwor "Krawall-Schlagzeilen" herauf, die er "jetzt schon sieht", weil der Geschäftsführer Sport von Borussia Dortmund, Lars Ricken, dem - nun ehemaligen - Trainer von Borussia Dortmund, Nuri Şahin, die Rückendeckung entzogen habe.
Jener Matthias Sammer erhält ein gutes Honorar von Borussia Dortmund für seine Tätigkeit als "externer Berater". Auch der Streamingdienst "Prime Video" von Amazon, der die Niederlage des BVB in der Champions League beim FC Bologna übertrug, zahlt Sammer Geld.
Das erwies sich am Dienstag (21.01.2025) als gut angelegt, denn Sammer produzierte Krawall-Schlagzeilen, wie er es vermutlich nennen würde. Borussia Dortmund sei in einer "körperlichen und geistigen Nicht-Verfassung", stellte Sammer fest, die Mannschaft könne weder verteidigen, "aber angreifen kann sie auch nicht".
Das war einerseits eine Bestandsaufnahme, der selbst Fans des Ballspielvereins Borussia zustimmen, aber andererseits auch ein äußerst bemerkenswerter Moment aufgrund seiner bezahlten Tätigkeit für den Klub im Niedergang, aktuell Tabellenzehnter in der Bundesliga.
Şahin: "Es geht darum, dass dieser Verein endlich zur Ruhe findet"
Weit weniger beachtet wurde das Interview mit Nuri Şahin. "Darum geht es gar nicht", sagte der nun ehemalige Trainer auf die Frage, ob er denke, am Samstag im Bundesligaspiel gegen Werder Bremen noch verantwortlich zu sein. "Es geht darum, dass dieser Verein endlich zur Ruhe findet", sagte er, und das wiederholte er dann, um noch anzufügen, "dass wir keine Nebenkriegsschauplätze haben".
Geduldete Differenzen
Ein solcher Wunsch sollte Konsens in einem Unternehmen sein, doch die an der Börse notierte Kommanditgesellschaft lebt seit Jahren mit erheblichen - auch persönlichen - Differenzen zwischen Personen auf höchster und mittlerer Führungsebene. Öffentlich bekannt ist vor allem das Verhältnis zwischen Sven Mislintat und Sebastian Kehl, das Matthias Sammer vielleicht als "Nicht-Verhältnis" beschreiben würde.
Mislintat ist Technischer Direktor, und er wurde in dem Wissen zurückgeholt, dass Sebastian Kehl da ist, und der sogar anstrebte, vom Sportdirektor zum Geschäftsführer Sport zu werden.
Dieser Wunsch wurde ihm verwehrt, stattdessen soll Lars Ricken auf dieser Position aufgebaut werden zu einem Gesicht, das Hans-Joachim Watzke als Gesicht ablösen soll als derjenige aus der Geschäftsführung (zu der auch Carsten Cramer/Marketing und Thomas Treß/Finanzen gehören), der sich zu sportlichen Entwicklungen äußert.
Watzke und die lange Trainerliste nach der Entscheidung seines Lebens
Watzke tritt in den Hintergrund, zumindest sieht das vordergründig so aus, denn er scheidet auf eigene Entscheidung am Ende des Kalenderjahres aus der Geschäftsführung aus.
Auf dem Papier hat das erheblichen Einfluss auf seine Macht im Verein. Aber aus dem Verein ist auch zu hören, dass der "Aki", wie er von den meisten genannt wird, nicht wird loslassen können.
Hans-Joachim Watzke: Boss von Borussia
Hans-Joachim Watzke ist seit nun 20 Jahren der Boss beim BVB. Er hat wichtige Posten bei der Deutschen Fußball Liga (DFL), qua Amt damit auch beim Deutschen Fußball-Bund (DFB), er sitzt im Exekutivkomitee des europäischen Verbandes UEFA und zählt manch Mächtige aus der Fußballbranche (und auch der Politik) zu seinen Freunden.
Keine Entscheidung gegen den Willen des Bosses
Hans-Joachim Watzke trifft nicht jede Entscheidung bei Borussia Dortmund, aber gegen ihn wird auch keine getroffen. Er ist der Cheftstratege. Er rettete den Klub 2005 vor dem finanziellen Ruin und traf 2008 die sportliche Entscheidung seines Lebens, als er Jürgen Klopp holte.
Die Trainer danach hießen Thomas Tuchel, Peter Bosz, Peter Stöger, Lucien Favre, Edin Terzić, Marco Rose, wieder Edin Terzić und zuletzt Nuri Şahin.
Terzić und Şahin verkörperten die Sehnsucht, dass schwarz-gelbe Borussen von Kindesbeinen ihren Klub an der Spitze des deutschen Fußballs halten. Terzić ging, obwohl er es mit der Mannschaft bis ins Finale der Champions League geschafft hatte.
Borussen von Kindesbeinen: Edin Terzić (l.) und Nuri Şahin
Neuer Vertrag für Kehl trotz Bedenken
Şahin stand mit ihr bei 1:0-Führung in Bologna auf dem dritten Platz der Blitztabelle in der Champions League, bei der Freistellung des Trainers war sie auf den 13. Platz abgerutscht.
Der FC Bologna hatte in den sechs Spielen zuvor ein Tor geschossen, gegen den BVB gelangen ihm zwei in anderthalb Minuten. Dortmund hatte zum vierten Mal nacheinander verloren, mt einigen Spielern auf dem Platz, mit denen Bundestrainer Julian Nagelsmann 2026 Weltmeister werden will. Spieler, die zwischen 20 und 30 Millionen Euro Ablöse kosteten.
Das fällt nun zurück auf Sebastian Kehl, der die Transfers in erster Linie verantwortet, und der vor wenigen Tagen mit einem neuen, bis 2027 gültigen Vertrag ausgesttattet wurde. Dabei ist seit Monaten aus dem Verein zu hören, dass es Bedenken gibt. Sie wurden sogar freundlich verpackt in der Mitteilung, die der Verein zur Vertragsverlängerung versandte. Kein Wort des Lobes über die Arbeit des Sportdirektors ist darin zu lesen. "Sebastian und ich kennen und vertrauen uns schon seit vielen Jahren", lautet der erste Satz, mit dem Lars Ricken zitiert wird.
Sie kennen sich, sie haben zusammen gespielt, sie haben zusammen auch schlechte Zeiten erlebt, sie sind zusammen Meister geworden - Stallgeruch als Strategie.
Warum werden so viele gute Fußballer in Dortmund schlechter?
Kehl wurde dafür gelobt, und es erscheint nach wie vor als guter Deal, den damals 21 Jahre alten Maximilian Beier für die Summe zu bekommen, die der Verkauf des 31 Jahre alten Niclas Füllkrug an West Ham United einbrachte.
Aber Beier schleppt sich über den Platz ohne jegliche Orientierung und Selbstvertrauen, Waldemar Anton geht es genauso, Nico Schlotterbeck auch. Gute Fußballer werden bei Borussia Dortmund seit Jahren nicht besser. Wenn es gut läuft, halten sie ihr Niveau, viele fallen ab.
Ist das ein Problem der Trainer, der Größe des Vereins, des Klimas im Verein? Seit Jahren finden sie in Dortmund keine schlüssige Antwort darauf, auch externe Berater mit ausgewiesenem Fußballverstand scheinen nur die Probleme zu sehen, aber keine Lösungen zu finden.
Die Strategie, es in kurzen Abständen mit neuen Trainern zu versuchen, dürfte allmählich als gescheitert gelten.