Einst in Kansas City gefeuert Die offene Rechnung von Eagles-Coach Sirianni mit den Chiefs
Nick Sirianni startete seine Trainer-Karriere als Assistent bei den Kansas City Chiefs und musste dort gehen, als Andy Reid Cheftrainer wurde. Im Super Bowl trifft er nun in der Nacht zu Montag (13.02.2022/MEZ) mit den Philadelphia Eagles auf die Chiefs - und eben jenen Andy Reid.
Im Jahr 2013 war der damals 31 Jahre alte Sirianni auf dem aufsteigenden Ast. Eine NFL-Karriere als Spieler auf dem Feld hatte für den Wide Receiver zur College-Zeit nie wirklich zur Debatte gestanden. Eine am Spielfeldrand aber durchaus. Und als Assistenztainer bei den Chiefs lief es für ihn gerade eigentlich ziemlich gut. 2009 hatte er dort als junger Mann angeheuert und stieg in der Hierarchie immer weiter auf.
Reid übernahm und entließ Sirianni
2012 wurde er schließlich zum Wide Receiver Coach befördert, lernte in dieser Zeit auch seine zukünftige Frau kennen. Das Problem: Die Kansas City Chiefs hatten gerade so gar keinen Erfolg.
In der 2012er-Saison gelangen nur zwei Siege, Head Coach Romeo Crennel wurde gefeuert und ein Routinier übernahm: Andy Reid hatte 13 Jahre lang die Philadelphia Eagles trainiert.
Siriannis Problem dabei: Erfahrene Head Coaches haben oft ihre Vertrauten und Schützlinge, die sie in ihrem Trainerstab installieren. So auch Reid. Und so teilte dieser dem jungen Wide Receiver Coach als eine der ersten Amtshandlungen dessen Entlassung mit.
Was folgte, war die Runderneuerung einer Franchise, die seit über zehn Jahren kein einziges Playoff-Spiel gewonnen hatte. Reid krempelte die Chiefs um und steht nun zum dritten Mal mit ihnen im Super Bowl (Montag, live ab 0.20 Uhr in der Radio-Vollreportage) - gegen sein Ex-Team Philadelphia, bei dem Sirianni als Head Coach fungiert.
Hurts, Sirianni und Co. - Eagles-Umbruch in Rekordzeit
Als Sirianni 2021 bei den Eagles seine erste Station als Head Coach antrat, waren die Erwartungen an das Team gering. Nach dem Super-Bowl-Sieg in der 2017er-Saison war der Kader älter und teurer geworden, der sportliche Erfolg dafür aber geringer - ein Umbruch stand an. Mit einem neuen, unerfahrenen Quarterback, Jalen Hurts, dessen NFL-Tauglichkeit als Passer doch von einigen Experten angezweifelt wurde, und mit dem jungen und unerfahrenen Head Coach Sirianni.
Doch schon im ersten gemeinsamen Jahr des Duos Hurts/Sirianni erreichte Philadelphia mit starker Defense die Playoffs. Und auch wenn dort in der ersten Runde bereits Schluss war, war unschwer zu erkennen: In Philadelphia wächst schneller etwas heran als gedacht.
Sirianni hatte schnell eine Offense installiert, die den Stärken und Schwächen seines sehr athletischen Quarterbacks entgegenkam. Viel kreatives Laufspiel und gleichzeitig möglichst viele "einfache" Entscheidungen für Hurts bei seinen Pässen.
Das ist auch heute die Basis, aber Hurts' Passspiel ist auch dank der starken Receiver Devonta Smith und A.J. Brown, ebenfalls noch sehr jung, deutlich besser geworden. Mittlerweile sind auch seine tiefen Pässe eine echte Gefahr, nur wenige Starting-Quarterbacks werfen den Ball im Durchschnitt pro Passversuch weiter als er.
Begegnung mit der Vergangenheit
Dabei sehr hilfreich: Die Offensive Line der Eagles gehört zu den besten der Liga, Hurts hat also hervorragenden Schutz vor gegnerischen Spielern und Zeit, seine Entscheidung zu treffen und seine Stärken im Laufspiel auszuspielen.
Bemerkenswert übrigens: Ihre Topspieler in der O-Line haben die Eagles allesamt selbst im Draft ausgewählt und niemanden "extern" dazugeholt. Center Jason Kelce wurde sogar noch von Andy Reid gedrafted. Und so ist es am Sonntag für beide Coaches definitiv eine Begegnung mit der Vergangenheit.
Odyssee durch die halbe USA
"Er hat mich in meinem Entlassungsgespräch wirklich aufgebaut und mir alles erklärt. Ich habe mich in meiner weiteren Laufbahn immer wieder an dieses Gespräch erinnert, weil es mir eine Blaupause gegeben hat, wie man die wirklich schwierigen Aspekte dieses Jobs bestreitet", sagt Sirianni. Viele Krisengespräche hat er in seiner Zeit bei den Eagles bisher allerdings nicht führen müssen
Von Rachegedanken gegen Reid fehlt bei Sirianni also trotz der Entlassung damals jede Spur. Und das, obwohl ihm und seiner Frau als Folge eine echte Odyssee bevorstand. Sie mussten aus "ihrem" Kansas City nach San Diego zu Siriannis neuem Arbeitgeber ziehen und dann kurz darauf ihren Lebensmittelpunkt wiederum für ein Jahr nach Los Angeles verlegen, weil die Chargers ihren Heimat-Standort wechselten.
2018 ging es weiter nach Indianapolis, wo Sirianni bei den dort ansässigen Colts die Chance bekam, als Offensive Coordinator anzuheuern, also dem zweithöchsten Job in einer Trainerhierarchie. Seine gute Arbeit dort brachte ihn schließlich in die Position für seinen ersten Job als Head Coach in der NFL bei den Eagles - und nach nur zwei Saisons in den Super Bowl. So folgenschwer die Entlassung damals war - wer weiß wo Sirianni heute stünde, hätte er seinen Job damals behalten dürfen.