NFL-Playoffs Aufstand der neuen Quarterback-Generation
Rookie-Spielmacher Brock Purdy hat bei den San Francisco 49ers einen erstaunlichen Aufstieg hingelegt - und steht in den NFL-Playoffs stellvertretend für eine neue Quarterback-Generation.
Brock Purdy hat es erstaunlich weit gebracht, für einen "Mister Irrelevant". Purdy wurde vor der Saison im Draft, der alljährlichen Talentbörse in der US-Football-Liga NFL, von den San Francisco 49ers als Nummer 262 ausgewählt - und damit als Letzter seines Jahrgangs. Bei der Draft-Zeremonie werden die Spieler, die ganz am Ende doch noch gezogen werden, traditionell abgefeiert, mit einer Portion Selbstironie: Sie bekommen den Titel als "Mr. Irrelevant" - frei übersetzt: der Spieler, den eigentlich niemand braucht.
Brock Purdy - vom "Mister Irrelevant" zur Quarterback-Hoffnung
Oft bleibt den Jungen von der Draft-Reste-Rampe auch in der späteren NFL-Karriere nur eine Nebenrolle. Zu den wenigen Ausnahmen gehört Kicker Ryan Succop, dem beim Draft 2009 die zweifelhafte Ehre des Letzten zufiel - 2020 gewann Succop mit Tampa Bay den Superbowl. So weit hat es Nachfolger Brock Purdy noch nicht geschafft. Dafür hat Purdy schon jetzt die wohl steilste Karriere aller "Mister Irrelevants" seit 1967 hingelegt: Der 23-jährige Liga-Neuling hat sich als Quarterback bei den 49ers durchgesetzt – mit ihm als Spielmacher gehören die 49ers in den Playoffs zu den Titelanwärtern.
Dabei gab Purdy erst Anfang Dezember sein Debüt, nachdem sich nach Jungstar Trey Lance auch Ersatzmann Jimmy Garoppolo verletzt hatte. Quasi ohne Vorbereitung eingewechselt, führte er die 49ers zu einem 33:17-Sieg gegen die Miami Dolphins.
Debüt als dritter Spielmacher im Dezember
In der Woche darauf gab Purdy sein Debüt in der Startaufstellung. Die 49ers feierten den nächsten Sieg - gegen die Tampa Bay Buccaneers um die Quarterback-Legende schlechthin: Tom Brady. Purdy war auf einmal der erste Quarterback in der Geschichte der NFL, der sein Startelf-Debüt gegen ein Brady-Team hatte und gewann. "Es war unwirklich", sagte Purdy im Anschluss über die Begegnung mit Brady auf dem Platz. Vom Nobody aus der hintersten Ecke des Kaders zum neuen Anführer - ein Aufsteiger-Märchen im Schnelldurchlauf, wie es die Amerikaner und die US-Medien lieben.
Rookie Purdy bei den 49ers - besser als Mahomes
Auch in den restlichen Partien der Hauptrunde ging San Francisco als Sieger vom Feld. 13 Touchdown-Pässe sammelte Purdy in seinen ersten fünf Spielen als Starter – und übertraf damit Chiefs-Superstar Patrick Mahomes in dessen Anfangszeit.
Und auch bei seinem Playoff-Debüt zeigte Purdy keine Nerven. Im Wildcard Game gegen Seatlle brachte der Rookie drei Touchdown-Pässe an den Mann, warf für 332 Yards und blieb dabei ohne Interception. "Er ist der Grund, warum wir überhaupt eine Chance auf den Titel haben", sagte 49ers-Linebacker Fred Warner: "Das Selbstvertrauen, wie er Woche für Woche auftritt, das ist beeindruckend."
Brady, Rodgers, Wilson - alte Garde schon im Urlaub
Im Viertelfinale am Sonntagabend (22.01.2023, Ortszeit) warten nun die Dallas Cowboys. Dass die Cowboys mit Dak Prescott ebenfalls einen Quarterback haben, der einst wie Purdy von der Ersatzbank kam und sich überraschend als Stammspieler etablierte, passt ins Bild des Saisonverlaufs: Für die erfahrenen und langjährigen Star-Regisseure wie Brady, mit den Buccaneers gegen Prescotts Cowboys ausgeschieden, Kirk Cousins (Minnesota), Aaron Rodgers (Green Bay Packers) oder Russell Wilson (Denver Broncos) ist die Saison bereits beendet.
Patrick Mahomes von den Kansas City Chiefs ist der einzige Super-Bowl-Champion unter den Quarterbacks der verbliebenen-Teams.
Prescott ältester Quarterback - mit 29 Jahren
Es riecht etwas nach Wachablösung in der NFL: Jalen Hurts, 24 Jahre, führte die Philadelphia Eagles in seiner erst zweiten Saison als Starter zur besten Bilanz aller NFL-Teams. Trevor Lawrence, gerade einmal 23, sorgte dafür, dass die Jacksonville Jaguars trotz eines 2:6-Starts zu Saisonbeginn erstmals nach fünf Jahren wieder die Playoffs erreichten.
Cowboys-Anführer Prescott, der es mit dem sechs Jahre jüngeren Super-Rookie Purdy zu tun bekommt, ist mit 29 Jahren auf einmal der älteste Quarterback in den Playoffs. "Die Scheiße ändert sich schnell", sagte Prescott angesprochen auf einen möglichen Generationswechsel. Der Quarterback hätte bestimmt nichts dagegen, wenn er mit den Cowboys dabei die Hauptrolle spielen würde.