Wintersport-Podcast der Sportschau Martin Nörl: "Die Kristallkugel ist im Koffer neben dem Bett"
Martin Nörl gewann als erster Deutscher den Gesamt-Weltcup im Snowboard-Cross. Im Podcast lässt er den Triumph noch einmal Revue passieren und schaut auf folgenreiche Stürze bei Olympia.
Sportschau: Martin Nörl, hast du den Gewinn des Gesamt-Weltcups nach dem entscheidenden Rennen direkt realisiert?
Martin Nörl: Tatsächlich habe ich mich erstmal richtig geärgert, weil ich im Viertelfinale ausgeschieden bin. Aber nach und nach kam es immer mehr und hat mich ziemlich gefreut.
Sportschau: Was war das Erste, was du dann gemacht hast?
Nörl: Erst musste ich noch warten, weil ich eine Dopingkontrolle hatte, aber dann haben wir mit dem Team noch ein Weinchen getrunken. Aber das Ganze war sehr gesittet, muss man sagen.
Sportschau: Viele Sportler, die solche Wettkämpfe gewonnen haben, die verstecken ihre Medaillen und Trophäen in der hintersten Ecke – wo steht bei dir jetzt die Kristallkugel?
Nörl: In einem Koffer neben unserem Bett. Das liegt aber eher daran, dass ich zwei Kinder habe und ich nicht will, dass sie kaputt geht.
Sportschau: Das wäre tatsächlich schade. Aber schauen wir doch nochmal auf die Saison. Hattest du im Vorfeld schon das Gefühl, dass es so laufen könnte?
Nörl: Überhaupt nicht. Also ich wusste, dass ich fit bin, aber dass es dann auch so aufgeht, war mir nicht klar. Das ist im Boarder-Cross sowieso immer schwierig zu sagen. Ich hatte natürlich auch das Glück auf meiner Seite, dann noch den Weltcup Russland als Doppelevent, wo mir die Strecke so gut liegt – da ist dann auch viel zusammengekommen.
Sportschau: Den Grundstein für diesen Erfolg hast du ja mit den drei Siegen vor den Olympischen Winterspielen in Peking gelegt. Da bist du dann als Mitfavorit angereist und im Viertelfinale ausgeschieden, weil du mit dem vor dir gestürzten US-Amerikaner Mick Dierdorff kollidierst bist. So spektakulär Snowboard-Cross ist, hast du da deinen Sport auch mal ein bisschen verflucht?
Nörl: Überhaupt nicht. Ich mache meinen Sport gern und am Ende ist es Teil des Sports. Und wenn man mal wie ich nicht gut startet, dann kann es auch nicht so gut laufen. Das ist jedem bewusst und macht den Sport auch so spannend und schön.
Sportschau: Wie ist es denn unter euch Fahrern – geht man da nach dem Rennen noch mal in die Diskussion oder bleibt alles auf der Strecke?
Nörl: In dem Fall nicht. Was soll ich da auch sagen? Er stürzt und ich fahre in ihn rein. Es gibt sicherlich Situationen, in denen man danach nochmal drüber diskutiert mit den anderen Fahrern. Aber in dem Fall würde ich jetzt nicht sagen, dass er einen Fehler gemacht hat.
Sportschau: Die Olympischen Spiele finden ja nur alle vier Jahre statt. Da kann man sich schon vorstellen, dass du danach in ein Loch gefallen bist, extrem enttäuscht warst.
Nörl: Also in ein richtig tiefes Loch bin ich nicht gefallen. Klar, es ist ärgerlich gewesen. Aber ich habe zwei Kinder zu Hause und die interessiert das dann herzlich wenig, ehrlich gesagt, und mit denen zusammen kann ich mich dann auch schnell wieder auf die wirklich wichtigen Sachen im Leben fokussieren.
Sportschau: Das war in der vergangenen Saison. Wie ist es denn in der aktuellen Saison: Hast du dir irgendwelche Ziele gesteckt?
Nörl: Konkrete Platzierungen habe ich mir keine als Ziel gesetzt. Zum Schluss wird die WM der Höhepunkt sein, da möchte ich vorne mit dabei sein. Aber es ist wie bei den Olympischen Spielen am Ende ein Rennen, das entscheidet. Da kann einfach wahnsinnig viel passieren.
Sportschau: Verspürst du denn Druck, den Titel im Gesamt-Weltcup verteidigen zu müssen?
Nörl: Druck spüre ich nicht. Klar würde ich gerne den Titel verteidigen, aber bei mir ist es nach wie vor so: Es gibt Strecken, auf denen ich vorne mitfahren kann. Es gibt aber auch Strecken, auf denen ich nicht viel zu melden habe. Also kommt es auf den Verlauf der Saison an, wo die Strecken stattfinden, wie sie gebaut werden - und das Ganze zusammengesetzt entscheidet dann, was dabei rauskommt.
Sportschau: Wie bist du eigentlich zum Snowboard-Cross gekommen?
Nörl: Das war letztendlich mehr ein Zufall. Ich bin früher Ski gefahren, meine Eltern fahren auch Ski. Dann wollte ich irgendwann Snowboard fahren, weil mir die Leute besser gefallen haben, die da auf der Piste mit dem Snowboard gefahren sind. Dann bin ich zu Slalom und Riesenslalom-Rennen mit meinem Papa gefahren. Damals gab es eine Junior-Cup-Tour, und das Finale war in Berchtesgaden. Da gab es auch ein Boarder-Cross-Rennen. Da bin ich das erste Mal draufgestoßen, bin mitgefahren, das hat mir Spaß gemacht und dann habe ich das weiter verfolgt.
Sportschau: Was wärst du denn geworden, wenn du nicht Snowboard-Crosser geworden wärst?
Nörl: Sportlich gesehen, hätte ich gerne Eishockey gespielt.
Sportschau: Warum Eishockey?
Nörl: Das ist ein cooler Sport, ein Team-Sport und ich schaue viel im Eisstadion in Sonthofen zu. Der Sport ist wahnsinnig schnell und körperbetont – das ist echt gut zum Anschauen.