Ausrutscher oder mehr? Hackl stürzt Deutschland in die Rodel-Krise
Es ist immer noch irgendwie surreal: Georg Hackl jubelt im Ziel, wenn ein Österreicher gewinnt. Der Abgang der Rodel-Legende hat Deutschland in die Krise gestürzt - aber wie langfristig?
Verlassen vom Glück und von seinem Mentor Georg Hackl hockte Felix Loch am Sonntag (04.12.2022) angeschlagen in der Eisrinne von Innsbruck - es war ein Bild mit großer Symbolkraft beim Weltcup-Auftakt der Rodler in Österreich.
Alle Siege an Österreich
Für die Gastgeber wurde das Heimspiel zum größtmöglichen Triumph, alle Siege gingen an Hackls neue sportliche Heimat.
Deutschland dagegen wurde geschlagen, am deutlichsten bei den Männern: Loch stürzte heftig, am Ende stand für ihn Platz 15. War all das schon der Hackl-Effekt? Der "Überläufer" selbst wollte das Ergebnis nicht überbewerten. "Das war jetzt einfach ein Heim-Weltcup zum Auftakt, der gut und glücklich gelaufen ist", sagte Hackl in der ARD: "Das ist aber auch für mich sehr überraschend. Ich wusste, dass wir in jeder Disziplin Topleute haben, aber dass es in dieser Leistungsdichte klappt, habe ich nicht erwartet."
Denn ob bei Männern, Frauen oder in beiden Doppelsitzer-Kategorien - der Sieg ging immer an Österreich. Besonders deutlich wurde es am Sonntag.
Vierfach-Triumph für Team Austria im Einsitzer
Loch lag schon nach dem ersten Lauf als Sechster aussichtslos zurück, am Ende gewann Nico Gleirscher vor seinen Landsleuten Wolfgang Kindl, Jonas Müller und David Gleirscher. Bester Deutscher: Weltcup-Debütant Timon Grancagnolo als Siebter.
Grancagnolo gab danach im Sportschau-Interview zu: "Wir staunen nicht schlecht, was die Österreicher in der Sommerpause gemacht haben. Ich würde aber einfach behaupten, wir wollen die nächsten Rennen gewinnen und zeigen, dass wir immer noch die Besten sind." Doch das wird schwierig, vor allem auf die Schnelle.
Procks Kampfansage ist deutlich
Bundestrainer Norbert Loch befürchte nach diesem Start einen "kleinen Knacks" bei seinem Sohn Felix. Vor allem für den einstigen Dominator war Hackl als Trainer ein Mentor, im vergangenen Mai wechselte er dann überraschend die Seiten. Nun soll er Österreich helfen, an der "Rodel-Großmacht Deutschland vorbeizuziehen und die Nummer eins zu werden", das sagt Markus Prock, Präsident des österreichischen Verbandes.
Der Auftakt war verheißungsvoll für die einen - und beängstigend für die anderen. Es gilt allerdings einzuschränken. Innsbruck war ein Heimspiel, hier sehen die Österreicher traditionell gut aus, wenn auch selten derart stark. Zudem wird das Material langfristig entwickelt, Hackls Einfluss dürfte zum Start des Winters noch recht oberflächlich sein.
"Waren nicht konkurrenzfähig"
Es ist in jedem Fall ein deutliches Warnsignal für die Deutschen, "bei den Männern waren wir nicht konkurrenzfähig", sagte Norbert Loch. Bei den kommenden Übersee-Weltcups im kanadischen Whistler und auf der US-Bahn in Park City hat keines der beiden Teams einen grundsätzlichen Vorteil, hier dürfte es ein deutlicheres Leistungsbild geben. Auf Heimbahnen fahren die Deutschen erst spät in diesem Winter: Die WM steigt Ende Januar in Oberhof, danach stehen noch ein Weltcup in Altenberg und zwei davon in Winterberg an.
Toni Eggert und Sascha Benecken sind enttäuscht über ihr Ergebnis
Julia Taubitz, die in Innsbruck zweimal Dritte wurde, zeigt sich auf jeden Fall kämpferisch: "Die Herausforderung von Österreich nehmen wir sehr gerne an. Wir werden zeigen, dass wir bald wieder Rennen gewinnen können und immer noch die Besten sind."
Wendl setzt auf Heimvorteil
Tobias Wendl, der im sieggewohnten Doppelsitzer einen Dreifach-Sieg der Österreicher miterleben musste und auf Platz fünf hinter seinen Landsleuten Toni Eggert und Sascha Benecken durchgereicht wurde, sieht es ähnlich. Er begründete das Desaster von Innsbruck auch mit dem Auswärtsspiel und verspricht: "Wir werden zurückkommen. Die WM steigt bei uns zu Hause in Oberhof, und da wissen wir ja ganz gut, wie man fährt."