Nathalie Armbruster jubelt in Seefeld

Nordische Kombination Nathalie I. - von der Schulbank in die Geschichtsbücher

Stand: 02.02.2025 17:31 Uhr

Mit gerade einmal 19 Jahren schreibt Kombiniererin Nathalie Armbruster binnen 24 Stunden doppelt Geschichte. Es ist die vorläufige Krönung einer bemerkenswerten Erfolgsstory.

Von Jonas Schlott

Während ihre Klassenkameradinnen mit den Gedanken bereits beim Abitur sind, stellt Nathalie Armbruster die Nordische Kombination der Frauen auf den Kopf. Beim Seefeld-Triple in Österreich gelang ihr Historisches. Am Samstag holte die angehende Abiturientin aus dem Schwarzwald zunächst den ersten Sieg einer Nordischen Kombiniererin im Weltcup. Am Sonntag setzte sie noch einen drauf und gewann überlegen die prestigeträchtige und überhaupt erstmals an Frauen vergebene Trophäe.

"Ich kann es noch nicht fassen. Das ist das erste legendäre Triple - und ich habe es gewonnen", sprudelte es aus Armbruster heraus. Zuvor hatte sie erneut ein "unfassbar starkes Rennen" abgeliefert und sich mit überwältigendem Vorsprung vor Doppel-Weltmeisterin Gyda Westvold Hansen aus Norwegen durchgesetzt. "Ich habe mich echt gut gefühlt und den Vorsprung sogar weiter ausgebaut", strahlte die überglückliche Premierensiegerin.

Armbruster nutzt die Gunst der Stunde

Eine derartige Sensation hatte sich zuvor keineswegs abgezeichnet. Armbruster lief in dieser Saison zwar bereits viermal auf das Podest, der Platz an der Sonne war aber stets für Überfliegerin Ida Marie Hagen reserviert. Selbst wenn die Norwegerin auf der Schanze geschwächelt hatte, war in der Loipe kein Kraut gegen die Gesamtweltcupsiegerin gewachsen.

Doch in Seefeld wurde Hagen, die noch am Freitag ihren achten Sieg im achten Wettkampf der Saison geholt hatte, einen Tag später aufgrund eines nicht regelkonformen Sprunganzugs disqualifiziert. Der Weg war frei für Armbruster, die ihre Chance eindrucksvoll nutzte und vor den Augen ihrer Familie auch noch die Führung im Gesamtweltcup übernahm - als erste Deutsche überhaupt.

Auf Premiere folgt Premiere

Armbrusters Triumph ist die vorläufige Krönung einer bereits jetzt schon bemerkenswerten Karriere. Im Dezember 2022 schaffte sie es mit gerade einmal 16 Jahren als erste deutsche Athletin aufs Podest in der Nordischen Kombination. Wenige Monate später wurde sie in Planica Vize-Weltmeisterin im Einzel und im Mixed Team. Auch das war bereits historisch. In Seefeld gelang ihr nun der ganz große Wurf.

"Ich hätte niemals damit gerechnet, schon dieses Jahr einen Weltcupsieg zu feiern", meinte sie bereits am Samstag mit Tränen in den Augen. Auch am Sonntag hatte sie Mühe, ihren nächsten Coup zu verarbeiten. "Das ist irgendwie alles noch nicht ganz bei mir angekommen. Ich habe all die Momente während des Rennens aufgesaugt. Diesen Moment, wie ich mit der deutschen Fahne über die Ziellinie laufe, werde ich nie vergessen."

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Schanze statt Schulbank

Bei all den Erfolgen, die Armbruster bereits jetzt aufweisen kann, vergisst man schnell, in welcher Lebenssituation sie sich befindet. In wenigen Monaten schreibt sie ihr Abitur. Die Schulbank wird im Winter gegen Schanze und Loipe eingetauscht. Zwischen den Wettkämpfen holt sie Unterrichtsstoff nach und bereitet sich auf Prüfungen vor.

Dieser Spagat gelingt ihr mit einer erstaunlichen Leichtigkeit. Armbruster wirkt in Interviews kein Stück verkrampft und genießt einfach die Situation. So auch in Tirol, wo sie schmunzelnd ihr Erfolgserlebnis verriet: "Eat pasta, ran faster". Das sollte sich auch am Sonntag bewähren. "Es gab wieder Nudeln mit Tomatensoße in der Pause. Das scheint zu helfen", lachte Armbruster.

Armbruster: "Riesiger Push" für die WM

Drei Wochen vor der WM könnten die Chancen aus deutscher Sicht kaum besser stehen. "Das gibt natürlich einen riesigen Push. Das macht etwas mit dem Selbstvertrauen", weiß auch Armbruster. Dennoch bleibt sie auf dem Boden der Tatsachen. "Das ist ein Großereignis, was seine eigenen Geschichten schreibt. Da kann sehr viel passieren." In Trondheim wird schließlich auch die Norwegerin Hagen wieder mit von der Partie "und natürlich die Goldfavoritin sein".

Zuvor wird Armbruster beim Weltcup in Otepää aber erstmals in den Genuss kommen, im Gelben Trikot der Gesamtweltcup-Führenden zu laufen, ehe das Saisonhighlight in Norwegen ansteht. Auch dort ist ihr alles zuzutrauen, eine Goldmedaille wäre die nächste Sensation. Wie es sich anfühlt, neben dem Abitur auch noch ein Stück deutsche Sport-Geschichte zu schreiben, weiß sie ja mittlerweile.

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