Kerber, Osaka und Nadal in Australien Comeback der Tennis-Superstars
Angelique Kerber, Naomi Osaka und Rafael Nadal kehren nach langen Pausen zurück auf die Tennis-Tour. Während der spanische Superstar wohl seinen Abschied vom Profisport vorbereitet, wollen die Spielerinnen möglichst noch große Erfolge feiern.
Der Beginn des Tennisjahres in Australien wirft seine Schatten voraus, der globale Tennis-Zirkus nimmt wieder Fahrt auf. Und mit dabei sind wieder drei überaus namhafte Akteure, die die Tennis-Fans im vergangenen Jahr vermisst haben dürften.
Schließlich kommen mit Angelique Kerber (3), Naomi Osaka (4) und Rafael Nadal (22) insgesamt 29 Grand-Slam-Titel zurück auf die Frauen (WTA)- beziehungsweise Herren (ATP)-Tour. Aber kann das überhaupt gelingen?
"Die entscheidende Frage wird sein, wie groß das Feuer ist, das in den dreien noch brennt und wie viel Energie sie noch in sich spüren, um ihren Weg nochmal fortzusetzen", sagt Andreas Maurer, ehemaliger Weltklassespieler und Proficoach (u.a. von Marc-Kevin Goellner), der Sportschau. "Denn das ist die unbedingte Voraussetzung, um es wieder zu schaffen, auf höchstem Niveau zu spielen."
Viele Unbekannte für Kerber
Sogar eineinhalb Jahre Pause sind es bei Angelique Kerber. Eine sehr lange Spanne. Zumal in einem Sportlerleben, in dem der Faktor Zeit ohnehin sehr begrenzt ist. Kerber will es aber doch nochmal wissen. Mit 35 Jahren und nach der Geburt ihrer Tochter Liana. Für den Auftakt ihres neuen Karriereabschnitts als Tennis-Profi und Mutter hat sich Kerber den United Cup (29.12.2023 - 07.01.2024) in Australien ausgesucht, einen Teamwettbewerb für Damen und Herren.
In Sydney wird die frühere Nummer eins der Welt unter anderem mit Alexander Zverev für Deutschland antreten. Dabei gibt es nun einige Unbekannte im (Tennis-)Leben der gebürtigen Bremerin. Etwa: Wie wird Töchterchen Liana mit der langen Reise und der Zeitumstellung fertig? Wie geht sie selbst mit dieser neuen Situation um?
"Ich freue mich natürlich riesig. Aber natürlich bin ich auch ein bisschen aufgeregt, weil ich nicht einschätzen kann, wo ich stehe, wie das alles sein wird", sagte Kerber kurz vor Weihnachten. Auf ihr Comeback vorbereitet hat sie sich mit ihrem alten, neuen Trainer Torben Beltz in ihrer Akademie im polnischen Puszczykowo.
Sie werde eher wenig spielen als früher, die Turniere bewusster angehen und sich bestmöglich auf die Australian Open (14. - 28.1. 2024) vorbereiten. "Ich muss mir auch Zeit geben. Ich kann nicht erwarten, in Australien direkt mein bestes Tennis zu spielen", so Kerber.
Ungewohnter Druck bei Matches
Es ist diese Ungewissheit, mit der Profisportler immer leben müssen. Gerade im mental so herausfordernden Tennissport. Sind sie gut genug vorbereitet? Reicht ihr Leistungsniveau aus, um konkurrenzfähig zu sein? Und gerade jetzt, nach dieser langen Zeit ohne Wettkampf-Tennis, dürften die Selbstzweifel bei den Comebackern noch größer als ohnehin schon sein. Der Weg zurück auf die Höhen des Tennissports dürfte für alle drei Akteure überaus beschwerlich werden.
"Es ist natürlich sehr schwierig, nach so langer Zeit wieder auf das alte Fitness-Niveau zu kommen. Diese Quälerei, um da wieder hinzukommen, ist sehr hart", sagt der Chef-Bundestrainer des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Michael Kohlmann, der Sportschau mit Blick auf alle drei Comebacker.
"Training ist ja das eine. Aber Matches zu spielen und diesen Druck wieder zu verspüren, ist nochmal eine andere Herausforderung", so Kohlmann. Und das ist vor allem etwas, was niemand in Trainigseinheiten simulieren kann.
Kohlmann traut aber speziell Kerber noch eine Menge zu - auch wenn nicht alles bei ihrem Comeback sofort funktionieren sollte: "Ich könnte mir vorstellen, dass es bei Angelique erstmal eine gewisse Zeit braucht, um den Willen zu haben, wieder über die eigenen Grenzen zu gehen. Dann aber kann sie wieder ein sehr hohes Niveau erreichen. Ich hoffe, dass das dabei rauskommt, was sie sich vorstellt."
Osaka setzt sich hohe Ziele
Naomi Osaka hat sich für ihren neuen Lebensabschnitt gleich sehr hohe Ziele gesteckt. "Ich möchte nicht zurückkommen, wenn ich nicht auf einem bestimmten Niveau spielen kann", sagte Osaka, die im vergangenen Sommer ihre Tochter Shai zur Welt gbracht hatte.
Acht weitere Grand-Slam-Titel hat die 26 Jahre alte Japanerin sich als Ziel gesetzt. Außerdem will sie 2024 in Paris die Goldmedaille bei den Olympischen Spielen gewinnen. Beim Turnier in Brisbane (31. Dezember bis 7. Januar) wird Osaka ihr Comeback auf dem dortigen Hardcourt geben.
Dass sie sich jetzt selbst so unter Druck setzt, ist auch deshalb überraschend, weil Osaka noch im Jahr 2021 bei den French Open ausstieg, weil sie dem mentalen Druck nach eigenen Angaben nicht mehr gewachsen war. Aber gerade die mentale Stärke ist eine Grundvoraussetzung, um im Spitzen-Tennis widerstandsfähig und erfolgreich zu sein.
"Im Leistungssport entscheidet immer, egal in welchem Alter man sich befindet, die mentale Verfassung", sagt Maurer mit Blick auf mehr als 40 Jahre Erfahrung auf der Profitour. "Die unglaubliche Gier nach Erfolg und die große Leidensfähigkeit des Einzelnen, gerade wenn man zurückkommt, machen am Ende den Unterschied aus. Und Osaka will jetzt, nachdem sie etwas fragil war, nachweisen, dass sie mental bärenstark ist."
Nadal und sein würdiger Abschied
Die größten Fragen dürfte das Comeback von Rafael Nadal aufwerfen. Die vielfältigen physischen Probleme und Verletzungen des spanischen Superstars sind hinlänglich bekannt. Auch er hat eine lange, einjährige Pause hinter sich, scheint sich nun aber körperlich wieder erholt zu haben.
"Ich würde es gerne anders beenden, nicht in einem Presseraum", sagte der 37-Jährige. Nadals Sportsgeist ist enorm ausgeprägt. In Brisbane will der Spanier wieder unter Wettkampfbedingungen aufschlagen.
Dafür hat er hart gearbeitet. "Ich bin sehr gespannt, wozu Rafael Nadal noch in der Lage ist. Er ist sehr erfahren und er würde sicher nicht antreten, wenn er nicht konkurrenzfähig wäre. Sein Ziel dürfte es sein, die zweite Woche bei den Grand Slams zu erreichen", sagt DTB-Cheftrainer Kohlmann.
Nadal dürfte derjenige der drei Comebacker sein, der sein Karriereende am deutlichsten am (Tennis-)Horizont sieht, auch wenn er sich offiziell kein Limit gesetzt hat. Und Nadal kämpft deshalb vor allm darum, sich selbst einen würdigen Abschied zu verschaffen.
"Ich glaube, der ganz tiefe Traum von Nadal ist es, nochmal in Paris eine gute Rolle zu spielen. In seinem Wohnzimmer, wo er so unglaubliche Erfolge gefeiert hat", sagt Maurer.
Vorzeitiges Karriereende möglich
Dass all diese geplanten Comebacks allesamt so funktionieren werden, wie sich die Protagonisten dies vorstellen, das steht allerdings noch lange nicht fest.
"Man muss wissen, dass das für alle drei ein ganz harter Weg ist. Aber nach ein, zwei Turnieren wissen diese Spieler ganz genau, wohin die Reise geht", sagt Maurer. Auch ein vorzeitiges Karriereende ist deshalb nicht ausgeschlossen.