French Open Alexander Zverev - mit Nervenstärke und Zauberschlägen ins Finale
Alexander Zverev spielt sich abgeklärt und nervenstark in das Finale der French Open, in dem er auf Carlos Alcaraz treffen wird. Sein Gegner Casper Ruud wird von einer Magenverstimmung geschwächt, hätte gegen Zverev in dieser Form aber auch bei bester Gesundheit wohl nicht gewonnen.
Wahrscheinlich war spätestens in diesem Moment jedem Zuschauer klar: Das Halbfinale zwischen Casper Ruud und Alexander Zverev war entschieden, Zverev würde sich nicht mehr aufhalten lassen auf dem Weg in sein zweites Grand-Slam-Endspiel. Der Hamburger hatte im vierten Satz bei 2:1-Satzführung ein Break Vorsprung, sein norwegischer Gegner hingegen ganz offensichtlich Probleme mit dem Magen. Doch Ruud wollte sich nicht kampflos ergeben, warf nochmal seine ganze körperliche Wucht in die Grundschläge und seine das Feld öffnenden Aufschläge, die gerade auf dem Sand auch die besten Gegner in Verlegenheit bringen können.
Nervenstarke und komplette Leistung
So auch beim Stand von 2:4 und 30:15. Präzise zirkelte Ruud seinen Aufschlag nach außen. Doch Zverev machte zwei Schritte zur Seite und spielte den Return mit vollem Risiko am Netzpfosten vorbei ins Feld. Ein Urschrei von Zverev, lauter Jubel auf den Tribünen. Stolz bestätigte Zverev in der Pressekonferenz das spezielle dieses Returns. "Das war schon ein besonderer Schlag. Da hatte ich schon ein gutes Gefühl, muss ich sagen."
Nur zwei Punkte später hatte Zverev das alles entscheidende Break. Es war der Höhepunkt eines an Highlights eher armen Matches. Niemandem wird die Gesamtqualität jedoch egaler sein als Zverev, der im zehnten Anlauf zum zweiten Mal ein Grand-Slam-Halbfinale für sich entscheiden konnte und dabei genau die Art von nervenstarker und kompletter Leistung brachte, die ihm in vorherigen Versuchen mitunter abgegangen war.
Ein wenig im Schatten des ersten Halbfinales
Fast das ganze Match begleitete an diesem nach dem Dauerregen der ersten Woche endlich angenehmen Pariser Abend eine freundliche, wenn jedoch auch nicht enthusiastische Atmosphäre. Was auch an einem Effekt lag, der aus einem anderen Sport bekannt ist: Denn schon im Vorhinein war klar, Zverev gegen Ruud, also die Nummer 4 gegen die Nummer 7 der Weltrangliste, das war an diesem Tag etwas, das man im Boxen die Undercard nennen würde.
Schließlich waren zuvor am Nachmittag alle Augen auf das Match zwischen Carlos Alcaraz und Jannik Sinner gerichtet gewesen, die Kronprinzen des Tennis, die in den nächsten zehn Jahren wohl regelmäßig nicht nur um die großen Titel, sondern auch darum spielen werden, wer der zukünftige König dieses Sports ist. Auch wenn jemand wie Alexander Zverev da, angefangen mit dem Sonntag, sicherlich auch ein Wörtchen wird mitsprechen wollen.
Viele leere Plätze
Zverev selber tat sich schwer zu Beginn des Matches gegen Ruud. Auch der Funke wollte vom Platz nicht auf die Tribüne überspringen. Da in Paris die Tickets für die beiden Halbfinale getrennt verkauft werden, waren zu Beginn dieses Matches nicht mal 50 Prozent der Plätze besetzt und der eher unauffällige Ruud dominierte mit seinem effektiven Spiel das Geschehen auf dem Platz.
Während Zverev hier wieder die Fehler machte, die ihm schon in seinem Match der dritten Runde gegen den Niederländer Tallon Griekspoor beinahe zum Verhängnis geworden wären, spielte Ruud hervorragend. Krachende Vorhand-Schläge wechselten sich mit gefühlvollen Stopps ab.
Irgendwann "ein bisschen langsamer"
Doch mit Beginn des zweiten Satzes, der steigenden Aufschlagsquote, der Entscheidung, seine ja sowieso exzellenten Fähigkeiten in der Defensive auch mit einer kontrollierten Offensive zu unterstützen, übernahm Zverev das Match und geriet nie mehr in Gefahr. Während Ruud mit offensichtlichen Magenproblemen und schmerzverzerrtem Gesicht während der Spielpausen auf seinem Stuhl saß, ließ sich Zverev nicht beirren, spielte die Art von konzentriertem, entschiedenem Tennis. mit dem man große Turniere gewinnen kann.
"Ich habe es irgendwann Mitte des dritten Satzes gemerkt. Seine Schläge wurden nicht qualitativ schlechter. Er hat sich vielleicht ein bisschen langsamer bewegt, aber ich wusste, dass er immer noch einer der besten Spieler der Welt ist. Und wenn ich nicht voll im Match bleibe, kann sich das Match noch mal drehen."
Bekommt Zverev in den nächsten Jahren eine bessere Chance, einen Grand Slam zu gewinnen als hier bei den French Open? Schwer zu prognostizieren. Am Sonntag ist er nicht der Favorit, aber das war er auch gegen Ruud nicht. Im Finale ist das Match von Zverev auf jeden Fall der Hauptkampf.