Novak Djokovic gewinnt French Open

French Open Novak Djokovic: Ausnahme-Athlet auf dem Olymp

Stand: 12.06.2023 11:43 Uhr

Novak Djokovic ist nach seinem Triumph bei den French Open der beste Tennisspieler aller Zeiten. Der streitbare Serbe ist damit aber noch lange nicht am Ende angekommen. Neue Rekorde warten bereits.

Es war ihm anzusehen, dass er ein großes Ziel seines Lebens erreicht hatte, als er auf der Terre Battue lag, der feuerroten Asche von Paris. Es war ein Moment der Befreiung für Novak Djokovic. Ein Augenblick, in dem er dort angekommen war, wo er sich schon immer selbst wähnte. Auf dem Olymp des Tennis-Sports - seines Sports. Damit ist er formal der erfolgreichste Spieler aller Zeiten.

Novak Djokovic - "Jeder schreibt seine eigene Geschichte"

Sportschau, 12.06.2023 11:16 Uhr

"Ich bin mehr als glücklich, dass ich 23 Titel in meinem Leben gewinnen konnte. Das ist ein unbeschreibliches Gefühl", sagte Djokovic, als er das Mikrofon auf dem Court Philippe Chatrier in Paris in die Hand gedrückt bekam, um nach seinem souveränen Dreisatzsieg (7:6, 6:3, 7:5) gegen Casper Ruud seinen Emotionen Worte zu verleihen. Es ist nach den Australian Open bereits sein zweiter Major-Titel in diesem Jahr.

Djokovic ist übrig geblieben

Der 36 Jahre alte Serbe ist nun der Erste der "Big three", der großen drei, die im vergangenen Jahrzehnt das Spitzen-Tennis auf der ATP-Tour so dominiert haben. Roger Federer ist bereits zurückgetreten. Rafael Nadal, der gerade eine mehrmonatige Zwangspause wegen einer Hüftoperation einlegen muss, hat sein Karriereende bereits für 2024 angekündigt. Ein Comeback ist derzeit fraglich. Djokovic ist übrig geblieben aus dieser einmaligen Generation, in der jeder den anderen so häufig an seine Leistungsgrenzen gebracht und diese immer wieder weiter verschoben hat.

Novak Djokovic - Der Beste aller Zeiten

Sportschau

Djokovic war stets vom Gedanken getrieben, der Beste zu sein. Auch im fortgeschrittenen Alter kann er sich fokussieren und schinden wie kaum ein anderer Spieler. "Er ist kein einfacher Junge, besonders wenn etwas nicht nach seinem Willen läuft", sagte sein Trainer Goran Ivanisevic, selbst ehemaliger Weltklassespieler und Wimbledon-Sieger. "Wir haben mit dem neuen Sadomaso-Training angefangen. Es ist eine neue Art des Trainings: von 2 Uhr morgens bis 6 Uhr morgens. Ich meine, ich weiß nicht, was man mit ihm machen kann. Es ist immer etwas. Er ist der Typ, der immer etwas will."

Junge Nachrücker beißen sich die Zähne aus

Mehr als 15 Jahre nach seinem ersten Grand-Slam-Titel bei den Australian Open 2008 folgte nun Djokovics Rekordsieg. Einen größeren Beweis für seine Beharrlichkeit, Besessenheit und seinen schier unstillbaren Erfolgshunger nach so vielen Jahren und Triumphen kann ein Profisportler wohl kaum bieten.

Djokovic ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Ausnahme-Athlet. Die jugendlichen Nachrücker beißen sich am Routinier regelmäßig die Zähne aus - zu komplett, zu variantenreich ist Djokovics Spiel. Seine Fitness und seine körperliche Flexibilität suchen weiterhin ihresgleichen.

Nicht überall beliebt

Außerhalb des Tennis-Platzes ist der Serbe seit jeher streitbar. Djokovic verweigerte in der Vergangenheit Impfungen gegen Corona, wodurch er einige große Turniere verpasste. Sein Hang zur Esoterik nimmt häufig skurrile Züge an. Er äußert sich zudem mit umstrittenen Thesen immer wieder politisch und ruft damit die Politiker nicht nur seines Landes auf den Plan. Jüngst in Paris etwa äußerte er sich zur Unabhängigkeit des Kosovo. Auch deshalb eckt er an.

Auch in Paris ließen ihn Teile des Publikums immer wieder spüren, dass seine Botschaften außerhalb, aber auch seine Verbissenheit, sein Siegeswille um jeden Preis, seine ausgelebte Dominanz bis hin zum Hochmut auf dem Platz nicht nur auf Gegenliebe stoßen.

Auspfeifen bewirkt das Gegenteil

Sein immenser Ehrgeiz lässt ihn häufig in der Beliebtheitsskala weit nach hinten rutschen. Unter den Pfiffen des Publikums leidet der Serbe sichtlich - und er reagiert immer wieder und sehr offen mit seinen provokanten Gesten in Richtung seiner Kritiker. Diese Unmutsäußerungen scheinen ihn aber auch auf eine schwer zu erklärende Weise in seinem Erfolgshunger zu beflügeln.

Djokovic möchte beliebt sein, aber er nimmt die Kritik in Kauf, weil der sportliche Erfolg ihm noch wichtiger ist. Wer ihn sportlich stoppen will, der sollte Djokovic nicht auspfeifen. Er ist nicht der Beliebteste der "Big three". Aber der Erfolgreichste. Das dürfte für ihn Genugtuung genug sein.

Nächstes Ziel Grand Slam

Djokovic geht nun in seine 388. Woche als Nummer eins der Tennis-Welt. Niemand außer ihm konnte alle vier Grand-Slam-Turniere mindestens dreimal gewinnen. Das nächste Ziel dürfte Djokovic bereits anvisiert haben, von einem Karriereende ist schließlich noch keine Rede. Schafft er es, in diesem Jahr den Grand Slam, alle vier Majors in einem Kalenderjahr, zu gewinnen?

Das gelang bislang nur Margaret Court (80 Jahre alt), Steffi Graf (53) und Rod Laver (84). Und Court liegt mit 24 Grand-Slam-Titeln auch noch vor Djokovic. "Er wird wieder von irgendwo die Motivation finden, 24 oder 25 zu gewinnen", sagte Ivanisevic: "Wer weiß, wo das endet?