WDR-Sport Nach emotionalem Sommer: Rückkehrer Mahé in Gummersbach angekommen
Kentin Mahé ist zurück in Gummersbach. Nach einem herben Rückschlag im Sommer und Startschwierigkeiten beim VfL wächst der 33-Jährige mehr und mehr zum Leader.
Es war der Überraschungstransfer im vergangenen Handball-Sommer. Nach elf Jahren kehrte Weltstar Kentin Mahé zum VfL Gummersbach zurück. In Gummersbach war Mahé zwischen 2011 und 2013 zum Topspieler herangereift.
"Es ist ein anderes Gefühl als damals, weil ich in einer anderen Lebenslage bin", sagte Mahé dem WDR über seine Rückkehr nach Gummersbach mit Frau und zwei Kindern. Damals seien auch sportlich "die Dinge ein bisschen anders" gewesen. Man habe nicht um die ersten Plätze gespielt, sondern nur gegen den Abstieg. Der Anspruch und auch die Professionalität im Verein seien anders gewesen. Elf Jahre später ist er dagegen "sehr begeistert von diesem Verein".
Seine Wiedereingliederung in die Mannschaft sei problemlos gelaufen. "Die Jungs haben mich samt Trainerteam sehr gut aufgenommen und ich habe mich sofort wohlgefühlt", so Mahé. Für ihn sei es wie "eine runde Sache", wieder an alter Wirkungsstätte aktiv zu sein.
EM-Titel im Januar mit Frankreich
Der 33-Jährige, der noch bei der EM in Deutschland im Januar seinen zweiten EM-Titel feierte, spielte sowohl national als auch international bis zuletzt auf Top-Niveau. Mahé ist mehrfacher Weltmeister und Olympiasieger. Um so überraschender kam der Wechsel im Sommer, der bereits im Frühjahr verkündet wurde.
Gummersbach sei "das beste Projekt" gewesen, dass sich zum Zeitpunkt seines Wechsels für ihn und seine Familie bot. "Sowohl sportlich als auch drumherum war es für mich das vielversprechendste Projekt", erklärt Mahé. Auch die Nähe zu seiner und der Familie seiner Frau sprachen für seine Rückkehr.
Kentin Mahé folgt seinem Vater nach Deutschland
Kentin Mahé im Oktober 2010 im Ligaspiel Dormagen gegen Lemgo
Der gebürtige Pariser begann seine Laufbahn beim AS Monaco, ehe er Vater Pascal Mahé im Alter von neun Jahren nach Deutschland folgte. Mahé Senior spielte von 1999 bis 2002 in Dormagen, wo er anschließend als Trainer unter anderem auch seinen Sohn trainierte.
Beim TSV Bayer Dormagen durchlief Mahé Junior sämtliche Jugendmannschaften und feierte in der Saison 2008/09 mit 17 Jahren sein Debüt in der Handball-Bundesliga.
Über Dormagen nach Gummersbach
Seine nächste Station fand Mahé in entfernter Nachbarschaft beim VfL Gummersbach. Mit dem VfL erreichte Mahé 2012 das Finale im Europapokal der Pokalsieger, zog 2013 weiter zum HSV Hamburg und später zur SG Flensburg-Handewitt, mit der er 2018 die deutsche Meisterschaft gewann. Im Sommer 2018 zog es den Rückraumspieler zum ungarischen Top-Team KC Veszprém.
Seit diesem Sommer spielt Mahé also wieder beim VfL Gummersbach, bei dem der Routinier eine bislang unbekannte Rolle einnimmt. "Ich werde der älteste Spieler sein. Das war ich noch nie in meiner Karriere. Ich werde mit Jungs spielen, die deutlich jünger sind – zehn Jahre und mehr. Da muss ich erst mal mit klarkommen", sagte Mahé vor dem Saisonstart.
Mahé muss bei Olympia im eigenen Land zuschauen
Nicht nur diese neue Rolle stellte für Mahé in der Vorbereitung eine Herausvorderung dar. Mahé erlebte im Sommer eine emotionale Achterbahnfahrt. Nach der, wie er selbst sagt, "krassesten Vorbereitung aller Zeiten" kassierte Mahé den größten Rückschlag seiner bisherigen Karriere. Trotz frischem EM-Titel im Gepäck wurde er kurz vor Beginn der Olympischen Spiele in Paris aus dem vorläufigen Kader der französischen Nationalmannschaft gestrichen.
"Der Moment, als wir das Abschluss-Meeting hatten und uns mitgeteilt wurde, wer nicht mit zu Olympia fahren darf, war mit das Schmerzhafteste, was ich jemals im Handball erlebt habe", erzählte Mahé im Interview mit "Sport1": "Ich fokussierte mich die Monate davor nur darauf, körperlich und mental die beste Version von mir selbst zu sein, um diesen einen Platz zu bekommen."
Mahé seit Köster-Verletzung mit mehr Verantwortung
Nach dieser herben Enttäuschung ging es für Mahé mit dem VfL ins Trainingslager, Ende August fiel mit dem Qualifikations-Spiel für die European League der Startschuss. Es brauchte seine Zeit, ehe Mahé seine Rolle beim VfL fand.
In den ersten drei Bundesliga-Partien erzielte er insgesamt nur fünf Tore. Bei der 29:34-Niederlage in Leipzig am 3. Spieltag verletzte sich dann Nationalspieler und Kapitän Julian Köster - der Dreh- und Angelpunkt im Gummersbacher Angriffspiel.
Seitdem übernimmt Mahé deutlich mehr Verantwortung. Im ersten Spiel nach Kösters Verletzung gegen den TVB Stuttgart wurde der Stratege mit acht Treffern gleich Topscorer. Und auch in den letzten beiden Liga-Partien glänzte Mahé mit sieben und acht Toren sowie jeweils sechs Vorlagen.
"Ich musste mein Spiel ein bisschen ändern und mich vielleicht auch neu entdecken", sagte Mahé über seine aus der Not geborene neue Rolle. Er habe mehrere Jahre eher als Spielmacher agiert, müsse aber jetzt selbst häufiger abschließen.
Last-Second-Treffer gegen Flensburg
Beim Punktgewinn gegen die SG Flensburg-Handewitt am vergangenen Sonntag traf Mahé in letzter Sekunde zum 29:29 und sorgte für den ersten Punktverlust des Tabellenführers. "Wir hätten durchaus auch zwei Punkte in diesem Spiel verdient gehabt", analysiert Mahé. "Mit den Kräften, die uns zur Verfügung standen, haben wir einen Riesenfight hingelegt."
Nach dem Spiel sei er überzeugt gewesen, dass das Team ohne Ausfälle und "wenn wir unser Spiel entfalten können, auch Gegner wie die SG zuhause und vielleicht auch auswärts schlagen".
Mahé entscheidet auch Spiel in der European League
Und auch unter der Woche lief es sportlich für den Rückkehrer richtig gut. Beim Comeback auf der internationalen Bühne feierte Gummersbach einen 37:35-Erfolg gegen IK Sävehof aus Schweden. Mahé steuerte erneut sieben Tore bei, war damit gemeinsam mit Ellidi Vidarsson bester Werfer. "Das war ein wichtiger Schritt für die Region und uns als Mannschaft. Wir sind der Meinung, dass wir ganz weit kommen können", sagte Mahé nach dem ersten Sieg in der European League. "Der VfL gehört definitiv nach Europa."
Der Rückkehrer scheint in seiner alten Heimat angekommen zu sein - für den VfL, vor allem nach der Verletzung von Köster, ein gutes Zeichen und für Mahé nach einem emotionalen Sommer auch.