
Fußball | Bundesliga Schlusspunkt statt Ausrufezeichen? So fällt Ilzers Zwischenbilanz in Hoffenheim aus
Für Christian Ilzer könnte schon am Saisonende Schluss sein als Trainer bei der TSG Hoffenheim. Dabei hat er große Ziele formuliert und wollte Muster brechen. Eine Zwischenbilanz.
Wenn es nach Christian Ilzer geht, würde sein Team immer ganz viel Energie "am Platz" bringen. Es ist die Energie, die der 47-Jährige immer auch selbst ausstrahlen will. Vor fünf Monaten etwa, als Ilzer an seinem ersten offiziellen Tag als TSG-Trainer mit einer Mischung aus Euphemismus und Euphorie aus seinem Auto ausstieg, "Servus" über den Parkplatz rief und im strömenden Regen breit grinsend hinterherschob: "Da werden wir die Sonne schon wieder zum Scheinen bringen."
Genau danach sah es zu Beginn auch aus. Denn Ilzer kam nicht nur mit viel Energie, sondern auch mit Erfolgen im Gepäck in den Kraichgau. Bei Sturm Graz war er zum Erfolgstrainer gereift, hatte mit dem Club erst den österreichischen Pokal und schließlich sogar das Double geholt. Bei der TSG setzte der Coach vielleicht auch deshalb auf eine Mischung aus Mut und Überzeugung.
Taktische und personelle Umstellungen
Er stellte spielerisch von Dreier- auf Viererkette um und sorgte so dafür, dass die hoch veranlagte Offensive der Hoffenheimer nicht nur inspirierter wirkte, sondern auch traf. Bei seinem Debüt feierte Ilzer mit der TSG einen 4:3-Sieg gegen RB Leipzig. Nicht nur taktisch stellte Ilzer um: Der Coach beorderte Anton Stach, der unter Ilzers Vorgänger Pellegrino Matarazzo regelmäßig zentral in der Dreierkette spielte, wieder zurück in das defensive Mittelfeld.
Stach selbst sprach in einem Interview zuletzt davon, dass sich seine Rückkehr ins Mittelfeld "gut anfühle", er in der Innenverteidigung allerdings viel gelernt habe. Mit seiner Stärke im Zweikampf und der Präzision im Passspiel aber ist Stach im Mittelfeld gesetzt und funktioniert neben Youngster Tom Bischof als Kombination aus Sicherheit und Spielfreude gut.
Erst Traumstart, dann Tiefpunkt
Auf Traumstart und Torspektakel zum Auftakt gegen Leipzig aber folgten für Ilzer bei der TSG sechs Spiele ohne Sieg, mit dem 0:5 in München als Tiefpunkt. Keine Spur also von Sonnenschein in einem Winter, in dem die Hoffenheimer zudem von Verletzungssorgen geplagt waren. Noch immer fehlen etwa mit Grischa Prömel und Ihlas Bebou einstige Stammkräfte. Die Liste der Ausfälle war zwischenzeitlich so lang, dass selbst der eigentlich breite Hoffenheimer Kader diese auch nominell kaum kompensieren konnte.
All das können Fans und Verantwortliche dem Coach zu Gute halten – nicht für alles ist er verantwortlich. Und doch könnte bereits am Saisonende Schluss sein für Ilzer im Kraichgau. Das berichteten zuletzt mehrere Medien übereinstimmend. Klar ist, für einen hochveranlagten und zudem kostspieligen Kader wie den der Hoffenheimer ist die Punkteausbeute schmal. Der Blick auf die Statistik zeigt: Ilzer holte im Schnitt einen Punkt pro Spiel, unter Vorgänger Matarazzo waren es immerhin 1,2. Zudem hat der Österreicher von allen Hoffenheimer Trainern, die mindestens 17 Spiele Verantwortung trugen, die schlechteste Bilanz.
Vom Musterbrecher zum Meistertraum
Das aber ist nicht alles. Es knirscht – auch in Sachen Kommunikation. Das wurde spätestens im Februar deutlich, als publik wurde, dass Ilzer bei einer Kabinenansprache seiner Mannschaft nicht nur als Koch verkleidet mit Chili-Schoten, sondern auch mit einem Dildo als vermeintlichem Symbol für die Männlichkeit einzuheizen versuchte. Selbst im männlich dominierten Fußball ist das eine Schlagzeile.
Während da mehr die Wahl der Mittel thematisiert wurde, setzte Ilzer – darauf angesprochen – einen anderen Fokus und beklagte auf einer Pressekonferenz, dass die Geschichte überhaupt an die Öffentlichkeit gelangen konnte. Er habe in Sachen Motivation zudem vor allem "Muster brechen" wollen.
Schlusspunkt statt Vision?
Vom Musterbrecher zum Meistermacher – so hieß es nur wenige Wochen später. Ende März formulierte Ilzer in einem Interview mit dem "kicker" eben jenes Ziel. "Ich will in drei Jahren Hoffenheim zurückbringen ins internationale Geschäft. Und ich will in fünf Jahren um die Deutsche Meisterschaft spielen mit Hoffenheim", sagte der Coach da. Große Ziele und Visionen zu haben, das betonte Ilzer, sei zentral.
Auch das dürfte für viele Ausdruck eben jener Energie sein, die der 47-Jährige auszustrahlen versucht – sei es am Spielfeldrand, wo Ilzer extrovertiert coacht, oder in Interviews: Er will Ausrufezeichen setzen. Schon im Sommer könnte es statt Ausrufezeichen aber einen Schlusspunkt geben, unter Ilzers Kapitel als Trainer der TSG Hoffenheim.
Sendung am Sa., 19.4.2025 14:00 Uhr, Stadion, SWR1 Rheinland-Pfalz