Kaishu Sano und Nadiem Amiri vom 1. FSV Mainz 05

Bundesliga Kaishu Sano - Aus Amiris Schatten zum Dauerbrenner bei Mainz 05

Stand: 10.04.2025 14:30 Uhr

Im Sommer wechselte Kaishu Sano aus Japan zum 1. FSV Mainz 05. In seinen bisher 28 Bundesliga-Spielen entpuppte sich der Mittelfeldspieler als Königstransfer.

Den Transfer von Kaishu Sano zum 1. FSV Mainz 05 im vergangenen Sommer als geräuschlos zu bezeichnen, wäre unzutreffend. Wegen des Verdachts der sexuellen Nötigung in seiner Heimat saß der damals 23-Jährige 16 Tage in Untersuchungshaft. Dann wurden die Ermittlungen eingestellt. Über die Ereignisse in Japan darf Sano laut der zuständigen japanischen Staatsanwaltschaft nicht sprechen. Im Gespräch mit SWR Sport gibt Sano Einblicke in seine ersten neun Monate in Mainz und darüber, was ihm bei der Eingewöhnung in Europa geholfen hat.

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Kaishu Sano ist der Dauerbrenner beim 1. FSV Mainz 05. Kein anderer Feldspieler sammelte in dieser Saison mehr Spielminuten als der defensive Mittelfeldspieler. 28 Ligaspiele, 2 DFB-Pokal-Partien: 100 Prozent Startelf-Quote. Beeindruckende Zahlen, wenn man bedenkt, dass der 1,76 Meter große Japaner kaum englisch und überhaupt kein deutsch sprach, als er nach Rheinhessen kam.

Kommunikation ist - auf seiner Position in der Schaltzentrale des Mainzer Spiels - eigentlich unabdingbar. Dazu war der Japaner der designierte Ersatz für Publikumsliebling und Leistungsträger Leandro Barreiro, der nach Lissabon abwanderte. Der Druck auf Sano war alles andere als gering.

Sano startet nach schwieriger Anfangsphase durch

Dass er mit den hohen Erwartungen umgehen kann und welches fußballerische Potenzial im vierfachen japanischen Nationalspieler schlummert, zeigte sich aber schon bei seinem Debüt. In der ersten Pokalrunde verblüffte Sano mit überragender Fitness und Laufstärke. Er wirkte selbst in der Verlängerung noch frisch und hinterließ Eindruck. Dass Trainer Bo Henriksen dem wuseligen Sechser auch anschließend das Vertrauen in der Startelf schenkte, lag aber auch an fehlenden Alternativen. "Ich hatte keinen anderen Spieler für diese Position", sagte der Übungsleiter in der "Allgemeinen Zeitung". Deswegen spielte Sano trotzdem, obwohl seine ersten Bundesliga-Partien eher schwach waren.

Eine weitere Qualität, die Sano auszeichnet: Selbstreflektion. Seine Leistungen in den ersten Wochen in der Liga sieht er kritisch. "Ich habe gedacht, dass es fußballerisch in Deutschland nicht leicht wird", so der 24-Jährige. Er beschreibt auch, was der Schlüssel für die schnelle Eingewöhnung in Rheinhessen war: Nadiem Amiri. "Als ich am Anfang noch etwas unsicher war, auch was die Taktik angeht, hat Nadiem mich oft angesprochen und mir geholfen - vor allem, weil wir auch gemeinsam im defensiven Mittelfeld spielen." Die Beziehung zwischen beiden sei sehr eng, nicht erst seit einem Dreier-Gespräch der beiden Spieler mit Coach Henriksen.

Klärendes Gespräch mit Henriksen und Amiri

"Nadiem hat mir gesagt, dass er auch etwas von mir lernen kann und dass er bereit ist, Extra-Meter für mich zu machen", erinnert sich Sano. "Das hat mir sehr geholfen und mir Selbstvertrauen gegeben." Es war der Dosenöffner zu Sanos rasanter Entwicklung. "Nur weil meine Mitspieler und der Verein mir so gut geholfen haben hier anzukommen, konnte ich bisher so gut spielen", sagt er typisch japanisch bodenständig.

Kaishu Sano: "Mainz ist eine schöne Stadt, um hier zu leben"

Ein weiterer Punkt: Sano fühlt sich in Mainz sehr wohl. "Die Stadt Mainz hat Gebäude und Natur, die es in Japan nicht so gibt. Wenn ich Freizeit habe, gehe ich gerne raus und schaue mir diese Gebäude an", sagt er. Dazu kommt die japanische Community in Mainz. Mit Shinji Okazaki, Trainer des japanischen Klubs FC Basara Mainz, hat sich Sano schon mehrmals getroffen. Für ihn etwas ganz Besonderes, weil Okazaki, der zwischen 2013 und 2015 die Fußballschuhe in Rheinhessen schnürte, einer der Gründe war, durch die Sano mit der Bundesliga in Berührung kam. "Ich habe von kleinauf schon viel Bundesliga geschaut", so Sano. "Und Natürlich kannte ich auch Mainz 05 - alleine weil Shinji und Yoshinori Muto schon hier gespielt haben."

Japanische Community hilft beim Einleben

Er ist davon überzeugt, dass die Erfahrungen, die der Verein bereits mit japanischen Spielern gesammelt hat, ihm jetzt bei seiner eigenen Eingewöhnung geholfen haben. Mit Takahashi Yamashita, dem Trainer des 05er-Frauenteams, hat Sano einen Ansprechpartner direkt im Verein, der auch als Dolmetscher fungiert. Er hilft noch immer bei der Verständigung, auch wenn Sano auf dem Platz und in der Kabine mittlerweile auf einfachem Englisch kommuniziert.

Außerdem konnte sich Sano zumindest ein wenig auf das europäische Abenteuer einstellen: Sein Bruder Kaido kickt seit 2023 für den niederländischen Klub NEC Nijmegen. "Ich habe ich mich natürlich viel mit ihm ausgetauscht", sagt Sano. "Ich hatte auch immer selbst den Traum, in Europa Fußball zu spielen und dieser Traum ist noch nicht zu Ende. Ich will weiterhin in Europa Fußball spielen, mich verbessern und meine Qualität beweisen." Genau das tut Sano, der für die Mainzer immer unersetzlicher wird.

Kaishu Sano: "Gerade weil ich nicht so groß bin, muss ich mehr mit Köpfchen verteidigen"

Er ist der defensive Fixpunkt im zentralen Mittelfeld und räumt ab - am Boden und in der Luft. Mit seinen 176 Zentimetern purer Explosivität führt er ligaweit die drittmeisten Zweikämpfe aller zentralen Mittelfeldspieler. Seine Zweikampfquote ist die beste aller Stammspieler auf seiner Position. Ins Auge sticht aber auch seine Kopfballstärke. Auch hier liegt er ligaweit unter den Top-15 bei den gewonnenen Duellen - obwohl er körperlich oft wuchtigeren und größeren Gegenspielern gegenübersteht.

Arbeiter und Zweikämpfer im Mittelfeld

"Ich bin nicht so groß und nicht so robust, wie viele meiner Gegenspieler. Deswegen muss ich noch mehr mit Köpfchen verteidigen", sagt Sano. Für seine enorme Sprungkraft macht er keine speziellen Übungen, hat aber Routinen und kleine Übungen, die er in seinen Alltag einbaut. "Ich will jeden Tag auch im Kleinen an mir arbeiten und besser werden. Das zahlt sich aktuell auf dem Feld aus."

Er ist ein Arbeiter im Mittelfeld, der seinem Team den Rücken freihält und so seinen Anteil daran hat, dass seinen Mitspielern mit Lobeshymnen gehuldigt werden und Nationalmannschafts-Nominierungen hereinflattern.

Das gelingt ihm so gut, dass sein Marktwert im Laufe dieser Saison von 1,5 Mio Euro um das mittlerweile elffache auf 17 Mio Euro angestiegen ist. Die Leistungen des Arbeiters dürften schon im Sommer einige Interessenten auf den Plan rufen. Für den Moment will sich Sano aber komplett auf Mainz 05 konzentrieren: "Ich mache mir während der Saison keine Gedanken, wo ich in Zukunft spielen werde. Ich fühle mich wohl hier." Eine europäische Liga, in der Sano unbedingt einmal auflaufen will, gibt es nicht. Die Champions League hat aber auch für ihn einen Reiz.

Ziel: Champions League

Mit Blick auf den Saisonendspurt sagt der Sechser: "Jedes Spiel ist gleichwertig, egal worum es geht. Ich versuche jedes Wochenende meine Arbeit zu machen und wenn wir gut performen, denke ich, dass wir ganz am Ende auf einem Champions League Platz stehen werden."

Für Sano wäre es der nächste Schritt in seiner Entwicklung, für den FSV genauso. Zunächst geht es am Samstag aber zur TSG Hoffenheim. Dort muss Sano ohne seinen Partner Amiri auskommen, der gelbgesperrt fehlt. Für den Japaner aber kein Problem: "Egal, wer jetzt neben mir spielen wird, ich werde mich anpassen, damit mein Partner seine Stärken zeigen kann." Typisch Kaishu Sano, der Dauerbrenner, der seine Teamkollegen gut aussehen lässt.

Sendung am Fr., 11.4.2025 19:30 Uhr, SWR Aktuell Rheinland-Pfalz, SWR RP