
Fußball Beleidigungen gegen Unparteiische - "Es ist seit Jahren ein Thema"
Bei einem Drittliga-Spiel wird Schiedsrichterin Fabienne Michel mit sexistischen Gesängen beleidigt. Kriminologin Thaya Vester ordnet den Vorfall ein und gibt Lösungsvorschläge.
Triggerwarnung: In diesem Artikel zitieren wir Aussagen, die Frauen herabwürdigen sowie sexualisierte Gewalt beinhalten.
Die Schiedsrichterin Fabienne Michel wird bei einer Partie in der 3. Liga sexistisch beleidigt, bei einem Jugendfußballspiel in Bad Ems wird einer Schiedsrichterin ins Gesicht geschlagen.
Profis wie Lena Oberdorf oder Lea Schüller finden dazu klare Worte: "Eine Unverschämtheit: Ich verstehe nicht - generell - wie man Hass anderen Menschen gegenüberbringen kann, nur weil mal eine Fehlentscheidung getroffen wurde. Das finde ich einfach unverständlich", so Schüller. Bereits vergangene Woche hatte Nationalspielerin Lena Oberdorf mit deutlichen Worten auf diesen Vorfall reagiert: "Da frage ich mich echt, wer den Leuten ins Gehirn geschissen hat", sagte die 23-Jährige im Podcast "Popcorn und Panenka".
Was ist genau passiert? Beim Spiel zwischen Rot-Weiss Essen und dem SC Verl in der 3. Fußball-Liga vor gut zwei Wochen prallt Schiedsrichterin Fabienne Michel unglücklich mit einem Essener Spieler zusammen, der dadurch ein Gegentor nicht verhindern kann. Im Anschluss stimmen die Essener Fans sexistische Gesänge an, beleidigen die Schiedsrichterin unter anderem als "Hure".
"Schiedsrichterinnen bekommen nicht nur Sprüche, sondern Abwertung wegen ihres Geschlechts"
Thaya Vester beschäftigt sich seit vielen Jahren mit dem Thema Gewalt im Fußball und mit der Frage, was dagegen getan werden kann. Es sei allerdings nicht leicht, wissenschaftlich festzustellen, wie häufig Unparteiische beleidigt werden. "Wir bemerken aber seit Jahren, dass es ein Dauerthema ist", so die Kriminologin der Universität Tübingen.
Die Beleidigungen gegen Fabienne Michel ordnet sie so ein: "Schiedsrichter haben ganz generell einen schlechten Stand, und werden häufig angefeindet. Bei Fabienne Michel und allen anderen Schiedsrichterinnen kommt leider eine geschlechtsspezifische Komponente dazu, die bekommen nicht nur die typische Sprüche zu hören, sondern eben Abwertungen weil sie Frauen sind."
Problematische Aussagen werden oft nicht erkannt
Erst durch eine Journalistin wurde der Vorfall um Fabienne Michel bekannt. Das zeige laut Vester, dass vieles als nicht problematisch gesehen wird, obwohl es das sei. "Das geht sogar so weit, dass dieses Narrativ 'das gehört zum Fußball dazu' sogar stellenweise von den Schiedsrichterinnen oder Frauen im Fußball verinnerlicht wird."
Dieses Verinnerlichen ist für die Kriminologien mehr als problematisch: "Dass man schon davon ausgeht, dass man beleidigt wird und diesen Preis zahlen muss, um am System teilnehmen zu können, ist nicht sonderlich fortschrittlich."
Laut Vester braucht es niedrigschwellige Lösungen
Mit der Kapitäns-Regel (nur der Kapitän darf sich auf dem Spielfeld an den Schiedsrichter wenden) sieht Thaya Vester schon einen guten Ansatz zur Eindämmung von Beleidigungen, da dadurch eine mögliche Rudelbildung verhindert werden kann. Jedoch sei die praktische Umsetzung ausbaufähig: "Bei der EM hat das noch gut funktioniert, weil eine gelbe Karte wirklich weh getan hat. Im Amateurfußball ist das aber nicht so, und dann hat die Regel auch nicht den erzieherischen Effekt."
Doch welche Lösungen gibt es denn dann? "Grundsätzlich müssen wir sensibler werden, aber auch niedrigschwellige Angebote liefern, um Gewalt zu melden." QR-Codes, über die Gewalt gemeldet werden kann, könnten laut Vester eine mögliche Lösung sein: "Das hätte auch einen erzieherischen Effekt. Wenn ich so einen Sticker am Platz vor mir sehe, dann halte ich mich mit der ein oder anderen Äußerung zurück."
Sendung am So., 13.4.2025 22:05 Uhr, SWR Sport, SWR