
Fußball | Meinung Gewalt angedroht und mehr: Die Beleidigungen gegen Schiri Schlager sind echten VfB-Fans unwürdig
Bei der 1:2-Heimpleite des VfB Stuttgart gegen Werder Bremen stand Schiedsrichter Daniel Schlager im Mittelpunkt. Nach der Partie wird der Referee im Netz für seine Spielleitung attackiert - zum Teil in einer Art und Weise, die absolut nicht geht, findet SWR Sportredakteur Johann Schicklinski.
Die 1:2-Heimniederlage des VfB Stuttgart gegen den SV Werder Bremen hat auch für mich Schiedsrichter Daniel Schlager durch eine deutlich überzogene Gelb-Rote Karte gegen Nick Woltemade stark beeinflusst.
Schlager hat laut VfB-Boss Alexander Wehrle nach der Partie erklärt, dass es sich bei dem Platzverweis um eine Fehlentscheidung gehandelt habe. Folgerichtig legte der VfB Protest gegen die Gelb-Rote Karte ein. Dieser wurde mittlerweile abgewiesen.
Fußball ist ein Fehlersport
Fußball ist für mich ein Fehlersport. Das betrifft sowohl die Spieler als auch die Offiziellen. Wenn immer alle alles richtig machen würden, wäre seine Faszination vermutlich weitaus geringer. Referee Schlager lag am Sonntag auch für mich in seiner Entscheidung gegen Woltemade daneben. Er hat den Zweikampf des schlaksigen Angreifers mit Bremens Mitchell Weiser trotz seines guten Blickwinkels als gelbwürdig wahrgenommen und nach Spielende eingeräumt, dass er falsch lag. Das sollte nicht passieren, aber es war sicher auch keine Absicht.
Daniel Schlager und der VfB haben eine Vorgeschichte
Schon klar: Der Badener Schlager ist für einige VfB-Fans ein "rotes Tuch" - wozu er seinen Teil beigetragen hat. Etwa in der zweiten Runde der aktuellen DFB-Pokal-Saison, als er beim Stuttgarter Spiel gegen den FCK (2:1) einen Foulelfmeter für die Gäste gegeben hatte, bei dem das Vergehen - deutlich ersichtlich für alle Beteiligten, außer offensichtlich für Schlager - klar außerhalb des Strafraums begangen worden war. Bereits damals hatte der Unparteiische nach Schlusspfiff einen Fehler eingeräumt. Auch in Spielen zuvor hatte sich der 35-jährige gebürtige Rastatter mit seinen Entscheidungen bei den schwäbischen Anhängern nicht gerade beliebt gemacht.
Äußerungen unter aller Kanone
Was nun allerdings im Netz geschieht, ist ein "No-Go". Unter Bildern seines Instagram-Accounts wird Schlager von einigen - wohlgemerkt nicht allen - Personen massiv beleidigt. Die Kommentierenden halten es offensichtlich mit dem VfB Stuttgart. "Arrogantes Dreckschwein" gehört noch zu den harmloseren Äußerungen, der Referee wird auch mit Hitler verglichen, ihm wird Gewalt angedroht oder ihm gar der Freitod gewünscht.
Um es klar zu sagen: Das geht gar nicht! Unter keinen Umständen! Kritik ist immer erlaubt. Man darf Schlagers Spielleitungen und einzelne Entscheidungen gerne hinterfragen. Man darf auch die Frage stellen, warum der DFB den Badener Schlager immer wieder für VfB-Spiele ansetzt. Der Verband sollte ja um die mittlerweile bestehende Vorgeschichte wissen. Doch die Beleidigungen rechtfertigt nichts. Sie sind zutiefst geschmacklos, unter der Gürtellinie und zumindest in Teilen auch justiziabel.
In der Sportredaktion des SWR haben wir intensiv über das Thema diskutiert. Ein Kollege meinte, dass es Beleidigungen von Schiedsrichtern schon immer gäbe. Das ist für mich kein Argument, sonst gäbe es keinen Fortschritt. Ich sehe es komplett anders und will nicht, dass man solchen Anfeindungen mit einem Schulterzucken begegnet.
Der VfB Stuttgart steht auch für Werte
Das würde auch die Entwicklung des VfB Stuttgart in den letzten Jahren konterkarieren. Nicht nur sportlich (auf die letzten 20 Monate bezogen), sondern insbesondere auch abseits des Feldes. Unter Boss Wehrle wurden Werte geschaffen, der Verein hat sich in vielen Bereichen klar positioniert: Er steht für Werte, für Gleichberechtigung, für Inklusion, für ein Miteinander.
Ich finde daher: Echte Fans sollten ihre Mannschaften nicht nur sportlich unterstützen. Sondern auch die Werte, für die ihr Klub steht oder stehen will, annehmen - oder zumindest darüber nachdenken. Dann gäbe es solche Äußerungen nämlich nicht. Alles andere finde ich unwürdig.
Sendung am So., 13.4.2025 22:05 Uhr, SWR Sport, SWR