Grafik: Gesund sein (Quelle: rbb)

Zwischen Extremsport und Hilfsmitteln: Zwischen Extremsport und Hilfsmitteln: Das Geheimnis (fast) ewiger Jugend und Fitness

Stand: 15.03.2025 13:36 Uhr

Social Media ist voll von Fitness- und Ernährungstipps, nützlichen, fragwürdigen, schädlichen. Was hilft wirklich, um bis ins hohe Alter fit zu bleiben? Vanessa Klüber hat einen 83 Jahre alten Läufer und ein Zentrum besucht, das Langlebigkeit verspricht.

Es gibt Menschen, die eine Lebensfreude und Energie ausstrahlen, die direkt auf andere übergeht. Günter Hallas ist so jemand. Der 83-Jährige ist noch im vergangenen Jahr den Berlin-Marathon bis ins Ziel gelaufen, mit künstlichem Hüftgelenk. 1974 gewann er den ersten.
 
Etliche Wettkämpfe hat Hallas mitgemacht, darunter auch 100-Kilometer-Läufe. "Kilometermäßig bin ich dreimal um die Welt gerannt", schätzt er.

Günter Hallas (Quelle: rbb)

Günter Hallas, 83 Jahre alter Läufer

Hitze kein Hindernis, Regen ein Ansporn

Mit Wettkämpfen ist jetzt Schluss, aber das Laufen kann Hallas nicht sein lassen. Sein persönliches Geheimnis ist simpel: "Raus an die frische Luft, immer, immer in Bewegung bleiben", sagt er, und tut es. Radfahren, Schwimmen und dreimal in der Woche für jeweils eine dreiviertel Stunde Joggen im Tegeler Forst oder am Kanal mit Laufpartnerin Irmgard "Irma" Hanse.
 
Hitze sei kein Hindernis, Regen ein Ansporn. Mittlerweile machen sie Gehpausen, aber dann joggen sie weiter. Langsames Tempo, aber stetig. Irma ist rund 25 Jahre jünger und für sie sei er der Motivator gewesen, auch nach zwei Corona-Infektionen und Pfeifferschem Drüsenfieber weiterzumachen, "mitzuhalten mit Günter", wie sie sagt. In Gesellschaft mache es beiden außerdem mehr Spaß als alleine zu laufen.

"Spaß haben, sich nicht kaputtrennen"

An einem kalten Tag joggt der Ur-Spandauer Hallas mit seiner Laufpartnerin an seiner Gartenlaube am Hohenzollernkanal vorbei, hier kennt ihn Hinz und Kunz und Hund. Bruno bellt zur Begrüßung – der Hund des Gartennachbars hat Hallas auf einigen Trainingsläufen begleitet. In seinem Garten verbringt der 83-Jährige viel Zeit – wenn er keinen Sport treibt, schneidet er hier Hecken, bepflanzt Beete, mäht den Rasen.

Was kann man sonst noch von dem Energiebündel lernen? "Spaß dran haben. Nach dem Training muss man frisch sein, man darf sich nicht kaputtrennen. Man muss locker bleiben, von Anfang an", sagt Hallas. Und: niemals Pillen zur Leistungssteigerung. Selbst die vom Arzt verschriebenen Blutverdünner und Cholesterin-Senker nehme er nur widerwillig. Sport-Gimmicks und Funktionskleidung sind ihm nicht wichtig, lediglich die Schuhe sollten eine gewisse Qualität haben.

"Er beschwert sich nie", sagt Irma. Grund sich zu beschweren hätte es gegeben, als Hallas sein künstliches Hüftgelenk bekam. Da war er erstmal zwei Jahre raus. "Man muss von vorne anfangen, wenn man so eine lange Pause hat, wie ein Anfänger", erklärt er. Eine gesunde Lebenseinstellung gehört zum erfolgreichen Altwerden auch dazu.

Langlebigkeit und Verjüngung in Marzahn?

Wenn der Wille weniger stark ist als bei Günter Hallas, man angeschlagen ist, eine Abkürzung zu mehr Gesundheit und Fitness nehmen oder sich irgendwo noch optimieren will – in sozialen Medien gibt es Fitness- und Ernährungstipps für alles; sinnvolle, fragwürdige, schädliche. Wie kann man da den richtigen Weg finden, um auch im hohen Alter fit und gesund zu bleiben?

Das "Aiva-Institut für Vitalität und Ästhetik" in Berlin-Marzahn hat sich auf "Longevity" und "Reverse Aging" spezialisiert – was so viel heißt wie Langlebigkeit und Verjüngung. Auf zwei Etagen in einem Gebäude am Blumberger Damm haben sich Investoren aus dem Städtchen Singen am Bodensee ausgetobt – Ende 2023 war die Eröffnung. Marmor ist verbaut und andere Naturmaterialien, in Lounges werden Smoothies serviert, in etlichen Räumen stehen Geräte.

Felix Edeha (Host) (Quelle: rbb)

Explainer-Host Felix Edeha mit Sauerstoffmaske

Es gibt auch eine Kältekammer – hier kann man bei minus 120 Grad Celsius unter anderem etwas für die Immunabwehr tun. Und eine Druckkammer, in der über eine Maske eine extra Portion Sauerstoff zugeführt werden kann. Ein Messgerät für die Körperfett-Muskelanteil-Masse. Einen Bereich für Schönheits-Operationen vom Oberlid übers Bauchfett bis zur Haarwurzel. Vitamininfusionstherapie für die optimale Nährstoff-Zusammensetzung im Blut und vieles andere. Versprochen werden Methoden von der Vermessung des Körpers und der mentalen Gesundheit über Prävention bis hin zur Heilung. Alles auf private Rechnung.

Optimieren lässt sich der Körper theoretisch immer

Die Vermessung sämtlicher Körperfunktionen und das Ergebnis können einen Schockmoment auslösen - oder das gute Gefühl, fast alles richtig zu machen. Denn optimieren lässt sich der Körper theoretisch immer. Aber wer sich optimieren will, muss sich zuerst gut ernähren, viel bewegen und sich ausreichend erholen, da sind sich Experten einig, auch beim Aiva-Institut.

Johanna Woolrych (Quelle: rbb)

Johanna Woolrych, Sporttherapeutin bei Aiva

Sporttherapeutin Johanna Woolrych sagt, darüber hinaus könne man zum Beispiel bei leichtem Übergewicht oder hormonellen Umschwüngen vielleicht helfen: "Ich schaue, wie meine Körper-Zusammensetzung ist und lasse mich mal beraten vom Doktor hier, wie ich das mit den Mikronährstoffen verbessern kann, um dem entgegenzuwirken. Ich glaube nicht, dass viele Leute den perfekten Lebensstil haben", so Woolrych.

Bewegung, Ernährung, Erholung

Nicht zu unterschätzen sei der Placebo-Effekt von solchen Anwendungen, sagt der ärztliche Leiter am Zentrum für Sportmedizin auf dem Olympiapark-Gelände, Fernando Dimeo. Während er redet, sitzt er auf einem Gymnastikball und will Optimierung nicht verteufeln, zweifelt aber daran, ob das bei einem gesunden Lebensstil notwendig ist. Er sehe das als "Kirsche auf der Torte", wenn man sich gesund ernährt, sich viel bewegt, sich genügend erholt – die Stichworte wiederholen sich.

Fernando Dimeo (Quelle: rbb)

Fernando Dimeo, leitender Arzt im Berliner Sport-Gesundheitspark

Eine Abkürzung oder ein "möglichst wenig Aufwand" auf dem Weg zur Langlebigkeit und lang anhaltenden Fitness gebe es aber nicht. "Sie sollten sich Sachen aussuchen, die Ihnen Spaß machen und vernünftig sind. Wenn Fitnessstudios nichts für Sie sind, tanzen Sie eben", sagt Dimeo. Bei einer gesunden Lebensweise könne man ausreizen, was die Genetik aus einem gemacht hat. Wenn das stimmt, und auch weil es moderne medizinsiche Möglichkeiten gibt, sehe man heutzutage die Effekte: "Im Moment ist es für mich nicht mehr überraschend, 80-Jährige auf einem Sportevent zu erleben", so Dimeo.

Günter Hallas liebt Leberwurst

So wie Günter Hallas. Doch auch der braucht mal eine Pause. Er sitzt auf der Bank in seiner Laube, isst ein Wurstbrötchen und trinkt Kaffee. "Zucker, Milch, ich nehm' alles, bei mir kommt alles auf den Tisch", sagt der 83-Jährige.
 
"Schön Leberwurst, das schmeckt doch gut, da guck' ich nicht drauf." Eine Naschkatze sei er zudem, jeden Tag gebe es abends Süßigkeiten. Sein Bauch gehe trotzdem "nach innen". Mit seiner Art zu leben verspricht sich Hallas, 100 Jahre alt zu werden.