Union-Trainer Steffen Baumgart (imago images/Matthias Koch)

Fußball Schiebermütze ade: Warum Union-Trainer Steffen Baumgart jetzt langärmlig trägt (vielleicht)

Stand: 10.02.2025 19:40 Uhr

Mit seiner Rückkehr zum 1. FC Union Berlin hat Steffen Baumgart auch an seiner Garderobe geschraubt. Und auch wenn er vielleicht gar nicht so wirkt: Der Stilwechsel hat durchaus Methode. Von Ilja Behnisch

Damit wir es aus dem Weg haben, hier schon einmal mögliche Kommentare unter diesem Text. "Mein Gott, können wir bitte beim Fußball bleiben?!" - "Irgendwas mit Hertha." - "Was macht eigentlich Horst Heldt den ganzen Tag?"

Und natürlich haben die Kommentare allesamt ihre Berechtigung. Ist ja auch ein heikles Thema. Denn es soll um das Outfit von Union-Trainer Steffen Baumgart gehen. Das könnte man als oberflächliches Getue ablehnen, aber es heißt eben nicht umsonst, Kleider machen Leute. Und die Klamotten-Wahl Baumgarts verrät durchaus einiges über den Menschen Baumgart. Wobei man ja nie darauf käme, sich mit seinem Kleiderschrank auseinanderzusetzen, wenn er es nicht geradezu darauf angelegt hätte.

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Baumgart und die Schiebermütze

Menschen packen andere Menschen in Schubladen. Das macht es manches Mal etwas unfair. Und meistens sehr viel einfacher. Maximal drei (Haupt-)Merkmale verbinden wir mit uns bekannten Personen, so eine goldene Regel des Marketings. Und schließen Sie bitte einmal die Augen, öffnen das Herz und beantworten für sich die folgende Frage: Woran denken Sie, wenn Sie an Steffen Baumgart denken?

Nun sind wir hier weder bei der legendären TV-Sendung "Familienduell", bei der auf einfache Fragen ("Nennen Sie einen Raum mit wenig Beinfreiheit!") oft geniale, weil unerwartete Antworten folgten ("Spanien!"). Und auch mit einer repräsentativen Umfrage können wir nicht aufwarten. Aber sehr wahrscheinlich würden in Zusammenhang mit Steffen Baumgart viele modisch geprägte Assoziationen genannt werden. Baumgart, der mit der Schiebermütze. Der, der auch bei Minusgraden im T-Shirt die Seitenlinie entlang tigert. Der, der immer so aussieht, als rechne er jederzeit mit der ihm bestimmten Lautsprecher-Durchsage, der Halter des LKW mit der Kraftbrühe-Werbung möge doch bitte vom VIP-Parkplatz vor dem Stadion fahren.

Vom Boyband-Mitglied zum Solo-Künstler

Das Interessante nun ist, dass Baumgart, der so beiläufig hemdsärmelig wirken mag, über die Jahre durchaus Anpassungen an seinen Outfits vorgenommen hat. Auf seiner ersten Trainer-Station im Profi-Fußball, beim SC Paderborn, etwa, trug Baumgart auffällig häufig die folgende Kombination (siehe Beweisstück A): Jogginghose, Sportshirt, Basecap. Alles ein bisschen baggy und so, als begleite man das ehemalige Mitglied einer Boyband bei seinen ersten Schritten als Solo-Künstler.

Steffen Baumgart beim SC Paderborn (imago images/pmk)

Beweisstück A

Auf Paderborn folgte Köln und ein kompletter Shift in der Arbeitsuniform. Baumgart trug jetzt (etwas zu enge) Jeans, offenes Polo-Shirt und eine Schiebermütze, die bald schon zum Kult-Objekt und Verkaufsschlager wurde (Beweisstück B). Mitsamt dem "72"-Aufdruck, der schon auf dem Paderborner Baseceap zu lesen war. Baumgarts Geburtsjahr und der Beweis, dass da jemand nicht einfach zufällig in die Grabbelkiste vom Zeugwart greift.

Steffen Baumgart beim 1. FC Köln (imago images/Peter Hartenfelser)

Beweisstück B.

In der kurzen Zeit beim Hamburger SV blieb er dieser Linie weitestgehend treu. Auch wenn die optische Anbiederung an Verein und Stadt noch etwas plakativer gestaltet wurde als zuvor (Beweisstück C). Trotzdem: Hier stand längst niemand mehr, der sich beweisen musste. Hier stand einer, der es seiner Meinung nach schon bewiesen hatte.

Steffen Baumgart beim HSV (imago images/Eibner)

Beweisstück C.

Mit dem Amtsantritt beim 1. FC Union nun der nächste Wandel. Die Schiebermütze? Hat ausgedient. Zu wenig Arbeiterverein? Dafür tritt Baumgart jetzt abseits der Spiele mit modischen Brillen auf und trägt während der Spiele dicke Hoodies und Steppwesten (Beweisstück Titelbild). Nur: Welche Botschaft will er damit aussenden? Hat ihn plötzlich doch die innere Kälte ereilt?

Steffen Baumgart als Spieler (imago images/Eberhard Thonfeld)

Kein Beweisstück. Einfach nur der junge Steffen Baumgart (1995), der einen Kragen hochstellte, wenn er einen Kragen sah.

Schaut man kulturhistorisch auf den Kapuzenpullover, landet man bei Mönchen, Elfen und Feen. Mystische Wesen, deren Kraft keine körperliche ist, sondern eine übernatürliche. Und das würde natürlich passen angesichts der Aufgabe, die Baumgart in Berlin erwartete: einen Sturm zu beleben, der keine Stürmer hatte. Und könnte tatsächlich einen wahren Kern haben. Denn beim 4:0-Erfolg in Hoffenheim war Baumgart plötzlich wieder kurzärmelig an der Seitenlinie unterwegs. Bei schlanken vier Grad. Während Sturm-Neuzugang Marin Ljubicic ein Traumdebüt mit Treffer und Vorlage gelang.
 
Zufall? Schreiben Sie’s in die Kommentare.

Sendung: rbb24, 10.02.2025, 22 Uhr