NDR-Sport Vendée Globe: Herrmann meistert Reparatur im Malizia-Mast in 29 Metern Höhe
Höhenangst überwunden, Takelage repariert: Boris Herrmann musste bei der Vendée Globe für eine wichtige Reparatur in den Mast seiner Malizia - Seaexplorer klettern. Vom Technischen Direktor Pierre-François Dargnies gab es ein großes Lob.
"Leider sieht es so aus, als ob die Bedingungen gut genug sind, um hochzusteigen", hatte Herrmann seinem Team noch geschrieben. Bei einem Segelwechsel hatte der Malizia-Skipper aus Hamburg einen Arbalète-Schaden erkannt - die wichtige Halteleine der Takelage hatte sich aufgerieben und drohte über kurz oder lang zu reißen. Herrmann witzelte bange: "Wer weiß: Vielleicht wird es eine spaßige Ablenkung." Dann ging es die 29 Meter hoch in den Mast.
"Boris hat einen unglaublichen Job gemacht und wir hoffen, dass es hält."
— Pierre-François Dargnies, Technischer Direktor des Teams Malizia
Es war ein neuer Fall für "MacGyver" Herrmann, der im Rahmen der Vendée Globe schon einige Male seine Fähigkeiten als Bastler gezeigt hatte. Vor dieser Aufgabe hatte er aber doch Bammel, schob sich noch ein Kaugummi in den Mund - "das beruhigt mich". In schwindelerregender Höhe bastelte der 43-Jährige dann aus dem Material, aus dem die Segel sind, und Tape eine neue Ummantelung für die Halteleine und verband alles mit der Nähnadel.
Herrmann: "Bin froh, wieder runterzukommen"
Kurz darauf konnte der Skipper, der sich an Bord der Malizia selbst filmte, noch am Mast baumelnd Entwarnung geben: "Der Job ist erledigt. Ich bin froh, wieder runterzukommen. Es ist ganz schön holperig hier oben."
Technikchef Dargnies: "Hoffen, dass es hält"
Herrmann hatte zuvor seine Crew informiert, was eingehende Beratungen auslöste. Eigentlich hätte wohl das komplette Achterstag - das Seil, das verhindert, dass der Mast nach vorn umkippt - ausgetauscht werden müssen. "Aber das wäre zu riskant und zu zeitintensiv gewesen", erklärte Dargnies. "Stattdessen haben wir uns für eine vorübergehende Lösung entschieden."
Verbunden mit der Hoffnung, dass das Seil die Belastungen im Schlussteil der Weltumsegelung schon aushalten wird. Wenngleich die weitere Renntaktik natürlich nicht diskutiert werden durfte. Dargnies betonte: "Boris hat einen unglaublichen Job gemacht und wir hoffen, dass es hält."
Auch der Führende Dalin im Mast
Das Problem mit der Halteleine ist im Team Malizia nicht neu. "Schon nach einem Atlantik-Rennen war sie in so einem schlechten Zustand, dass wir dachten, bei einer Weltumsegelung würde die Leine niemals halten", sagte Dargnies. Das Team überarbeitete das Standard-Material für die Imoca-Klasse aber mehrfach und verstärkte die Ummantelung noch extra. Diese hielt lange, war nun aber auch zu sehr beschädigt.
Mit dem Problem ist Herrmann allerdings anscheinend nicht allein. Zuletzt war auch Charlie Dalin, der die Flotte mit seiner MACIF Santé Prévoyance nach wie vor anführt, in den Mast geklettert. "Wir vermuten, dass Charlie dieselben Probleme hatte wie Boris."
Die Zeit drängte nun. Für den Fall, dass es zwischen den Azoren und dem Ziel noch einmal einen schweren Sturm geben sollte, wollten das Team und nicht zuletzt Herrmann selbst vorbereitet sein. Es galt also, die aktuell ruhigen Bedingungen auszunutzen: "Es hieß wirklich jetzt oder nie, und es ist fantastisch, dass Boris es geschafft hat", so Dargnies.
Herrmann: "Ein sicherer und erfolgreicher Einsatz"
Die Erleichterung war Herrmann deutlich anzusehen, als er wieder festen Boden unter den Füßen hatte. "Es war ganz schön hoch da oben. Ich hatte Glück mit den Bedingungen. Alles hat gut geklappt", sagte der gebürtige Oldenburger, der sich noch mal bei seinem Team für die gute Unterstützung bedankte - nicht zuletzt beim Anlegen des Sicherungsgeschirrs. "Es war ein sicherer Einsatz - und er war erfolgreich."
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Sportclub | 15.01.2025 | 13:00 Uhr