NDR-Sport Tennis am Rothenbaum: "Aufbruch in neue Ära" verschoben
Dank Zugpferd Alexander Zverev kann der neue Veranstalter des Tennisturniers am Rothenbaum ein positives Fazit ziehen: Die Hamburg Open lockten mehr Fans ins Stadion als im Vorjahr. Nun hofft der Turnierchef für nächstes Jahr im Mai auf mehr Stars und kündigt weitere Neuerungen an.
Strahlende Gesichter am Rothenbaum, ellenlange Schlangen vor den Kassenhäuschen und in Alexander Zverev sowie dem Doppel Kevin Krawietz/Tim Pütz die deutschen Zugpferde im Finale. Die Tennis-Lust bei den diesjährigen Hamburg Open erinnerte beinahe an glorreiche Tage, als das traditionsreichste deutsche Turnier noch zur zweithöchsten Kategorie der weltweiten Tennis-Events zählte.
"Tennis lebt - es funktioniert."
— DTB-Präsident Dietloff von Arnim
Den "Aufbruch in eine neue Ära" hatte Kristoff Puelinckx, der Chef des neuen spanischen Ausrichters Tennium versprochen - und ein bisschen war es das schon. Oder wie der Präsident des Deutschen Tennis Bundes (DTB), Dietloff von Arnim, am Sonntag in der Rückschau auf eine Woche mit insgesamt 75.000 Zuschauern (11.000 mehr als im Vorjahr) meinte: "Tennis lebt - es funktioniert."
Turnierdirektor: Zverev "extrem wichtig"
Tatsächlich funktionierte die Veranstaltung vor allem deshalb, weil Lokalmatador Zverev seine in Wimbledon erlittene Knieverletzung erfolgreich überwinden konnte und sich nach anfänglichen Schmerzen "so gut wie lange nicht mehr" fühlte. In jedem Match zeigte der 27-Jährige zudem, dass sein Bekenntnis zu seiner Heimatstadt und den Hamburg Open mehr ist als nur leere Worte.
Den Frust von Wimbledon, wo er verletzt im Achtelfinale gegen den Amerikaner Taylor Fritz ausgeschieden war, und die Vorfreude auf Olympia in Paris befeuerten den Ehrgeiz des Titelverteidigers augenscheinlich zusätzlich. "Wir können ihm gar nicht genug danken: Es ist extrem wichtig, ihn zu haben", sagte Turnierdirektor Enric Molina.
Gute Bilanz - aber noch Luft nach oben
"Wir sind so zufrieden und glücklich, wie es in unserem ersten Jahr hier als Veranstalter gelaufen ist", fügte Molina hinzu. Natürlich gebe es noch Luft nach oben, aber das Konzept sei im Wesentlichen aufgegangen. Dass die großen Namen der Branche fehlten und wie der Spanier Rafael Nadal lieber im schwedischen Bastad aufgeschlagen haben, verschwieg der frühere Stuhlschiedsrichter auf der ATP-Tour keineswegs. Auch fehlt weiterhin ein Titelsponsor und überhaupt: Marketing und Werbung dürften durchaus expandieren.
"Aber das zufriedene Lächeln der Zuschauer, wenn sie von den Matches und der Anlage kamen", wertete er als "überaus positiv". Vor allem das Stadion sei schon eine Attraktion der besonderen Art - und die Begeisterung der Zuschauer, ihr Engagement sowieso. Kurzum: "Die ganze Atmosphäre ist beispielhaft."
2025: Neuer Termin und weitere Neuerungen
Für das kommende Jahr, wenn das Turnier wieder auf seinen einstmals angestammten Platz im Mai vor den French Open (17. - 24.) wechselt, kündigte Molina "weitere Verbesserungen" an. Schon diesmal zeigte sich die Anlage in einem veränderten Outfit: mehr Platz für VIP-Gäste, mehr Spaß und Spiel für Groß und Klein und allerlei Buden mit Leckereien und Utensilien. Dafür musste allerdings ein Trainingsplatz weichen.
Zudem sorgten Thementage wie der Kids Day oder der Ladies Day, zu dem Ana Ivanović, einstige Topspielerin und Ehefrau von Fußball-Weltmeister Bastian Schweinsteiger, eigens an die Elbe gekommen war, für ein wenig Flair. Aber das sei nur der Anfang gewesen, so Molina: "Wir wissen, dass wir vieles noch besser machen können."
Vor allem aber soll das 32er-Feld einem Turnier der 500er-Serie angemessen besetzt werden - was mit dem Termin zwischen Wimbledon und Olympia tatsächlich schwer möglich gewesen sein dürfte. Priorität für die Zukunft des bis 2028 geltenden Vertrags mit dem DTB habe in jedem Fall, so Molina, "dass die Zuschauer eine tolle Zeit auf dem Platz und auch auf der Anlage haben".
DTB-Präsident: "Sind nicht Herrscher über die Damen-Lizenz"
Auch DTB-Präsident von Arnim, der aus persönlichen Gründen erst am finalen Wochenende an den Rothenbaum kommen konnte, war zufrieden mit der Premiere unter dem neuen Veranstalter: "Wir haben einen Schritt nach vorne gemacht. Nur das Öffnen und Schließen des Dachs hat manche gestört." Aber wer hat schon Einfluss auf das Hamburger Schietwetter?
Das Aus für ein kombiniertes Turnier, wie es im Vorjahr von der Agentur MatchMaker der österreichischen Familie Reichel organisiert worden war, sei unausweichlich gewesen, so der Düsseldorfer: "Wir sind nicht die Herrscher über die Damen-Lizenz."
Der DTB verfügt zwar über die ATP-Lizenz für das Herren-Turnier, nicht aber über die der WTA für das Damen-Turnier. Von Arnim: "Dafür fehlen uns die Mittel."
Hoffnung auf Comeback eines Damen/Herren-Turniers
Turnierdirektorin Sandra Reichel musste das eigentlich geplante 250er-Turnier für die Damen in diesem Jahr aus organisatorischen Gründen sogar komplett absagen, weil zum angestammten Termin weder der Rothenbaum noch eine Ausweichanlage zur Verfügung standen.
In deutlich abgespeckter Version wird nun Anfang August auf der Anlage an der Hallerstraße ein 125er-Turnier gespielt. In puncto kombinierter Veranstaltung bleibt den Tennis-Enthusiasten in der Hansestadt zumindest ein kleiner Hoffnungsschimmer, denn von Arnim kündigte vage an: "Wir bewegen uns in diese Richtung."
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Hamburg Journal | 21.07.2024 | 19:30 Uhr