Hamburger Oberliga Spielmanipulation im Amateurfußball: "Macht den Fußball kaputt"
Die Berichte über mögliche Spielmanipulationen haben die Hamburger Oberliga aufgerüttelt. Jetzt bestätigt auch ein ehemaliger Trainer gegenüber dem NDR, dass die Manipulationen nicht mit dem Wettverbot auf die Liga aufgehört hätten. Der Hamburger Fußball-Verband appelliert an das sportliche Gewissen aller.
Nachdem ein ehemaliger Oberligaspieler vor Kurzem zugegeben hatte, dass er und weitere Mitspieler vor Jahren Partien der höchsten Stadtklasse manipuliert haben, berichtet nun ein Trainer, wie er regelmäßig Zeuge von eindeutigen Gesprächen und merkwürdigen Spielsituationen wurde.
Der ehemalige Oberliga-Coach ist bis heute gut vernetzt, trainiert aktuell eine Mannschaft in der Landesliga. Er möchte anonym bleiben.
"Ich hatte einen Spieler, der mit seiner Bezahlung unzufrieden war. Der sagte dann: 'Ich hole mir das schon irgendwie!' Und dann hast du ein Spiel, wo du merkst, dass der nicht zum Kopfball geht und dann ein Gegentor daraus resultiert. Oder andere Aktionen, in denen er sich anders verhält, als er es normalweise machen könnte. Und das sind dann natürlich offensichtliche Dinge."
"So machen wir den tollen Amateursport kaputt, das müssen wir verhindern. Wir müssen aufklären, was für Konsequenzen das haben kann."
— Andreas Bergmann, Trainer Altona 93
Indizien, keine Beweise. Auch deshalb habe er Situationen wie diese nicht öffentlich angesprochen. Doch der Coach merkt, dass er nicht allein ist: In Gesprächen mit anderen Trainern komme immer wieder zum Vorschein, dass viele Ähnliches erlebten, so der Trainer. Die Schilderungen sind erschütternd, weil sie den Kern des Sports angreifen.
"Wenn wir einen schweren Gegner hatten, war ich immer richtig heiß und habe die Jungs auch in der Kabine richtig heiß gemacht. Aber wenn du dann merkst, dass ein paar deiner Jungs sich gar nicht richtig reinhängen, weil sie wahrscheinlich auf die eigene Niederlage gewettet haben, dann macht das alles kaputt. Das macht den Fußball kaputt."
"Vertraue ich den Spielern?"
Auf die Frage, ob er denn heute noch Trainer in der Oberliga werden wollen würde, muss der Informant lange nachdenken: "Das ist schon traurig, dass ich da so lange überlegen muss. Das ist so ärgerlich. Ich frage mich: Vertraue ich den Spielern, oder muss ich erst einmal zwei, drei 'wegrasieren'."
Dass hat er auch in der Vergangenheit gemacht, immer, wenn der Verdacht für ihn offensichtlich mitspielte. "Du trennst dich dann aus persönlichen Gründen von dem Spieler und hoffst, dass er sich anderswo besser benimmt." Mehr habe er nicht tun können.
Wetten auf Oberliga-Spiele seit 2015 verboten
Der NDR hat dem Hamburger Fußball-Verband (HFV) von den Schilderungen berichtet. "Was mir zugetragen wurde ist, dass Spieler gegen die eigene Mannschaft gewettet haben sollen, das war nicht nachweisbar. Fakt ist: Seit 2015 ist das Wetten auf die Oberliga verboten. Was in der Illegalität, im Ausland oder im Darknet passiert, ist schwer nachvollziehbar", sagt Christian Okun, Präsident des HFV.
Er appelliert an das Gewissen aller im Fußball: "Die Frage ist doch: Möchte ich das System sauber halten? Möchte ich meinen eigenen Verein sauber halten, möchte ich den Sport sauber halten? Da ist jeder gefordert."
Integrität des Sports ist bedroht
Insgesamt sehe er, dass die meisten sehr sorgsam auf die Integrität des Spiels achten würden. Die anderen sollten sich fragen: "Wie schade ich eigentlich dem Sport, wenn ich es nicht zur Anzeige bringe?" Anzeigen bei der Polizei könne man auch anonym geben. Hauptsache, die Sachverhalte würden gemeldet.
Okun geht davon aus, dass die Oberliga aktuell sauber ist. Der ehemalige Oberliga-Trainer bezweifelt das. Für ihn spielt das Geld in Form von Aufwandsentschädigungen und Prämien in der Oberliga eine viel zu große Rolle.
Er fordert, dass auch das Wetten auf die Liga aus dem Ausland verboten werden müsste: "Man sollte Amateurfußball Amateurfußball sein lassen. Mit Ehrgeiz, mit Leidenschaft, mit purer Lust am Fußball - und da gehören Wetten einfach nicht hin!"
Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 29.09.2024 | 22:50 Uhr