Fußball | Oberliga "Wird kein Harakiri mehr passieren" – Der VFC Plauen und der Aufstieg durch die Hintertür
Vom Tal der Tränen in die kleine "Champions League": Der VFC Plauen profitiert vom Aufstiegsverzicht des Oberliga-Meisters Bischofswerdaer FV und kehrt nach neun Jahren nun doch in die Regionalliga Nordost zurück.
Der VFC Plauen erlebt die verrücktesten vier Tage der jüngeren Vereinsgeschichte. Nach der sportlich auf den allerletzten Oberliga-Metern verspielten Meisterschaft blieben nur Enttäuschung, Trauer und Leere. Am Mittwoch (12. Juni) aber erreichte die Vogtländer dann doch noch die frohe Kunde: Die Gelb-Schwarzen dürfen aufsteigen und werden neun Jahre nach ihrem Bankrott mitsamt des sang- und klanglosen Abstiegs in der kommenden Saison wieder auf der prestigeträchtigen Regionalliga-Bühne mitmischen.
Weil der Bischofswerdaer FV, der den VFC am Samstag mit einem 6:0-Auswärtssieg in Arnstadt unverhofft vom Thron gestoßen hatte, aus wirtschaftlichen und strukturellen Gründen auf den Aufstieg verzichtet, rückt der VFC nach. Der Nordostdeutsche Fußballverband (NOFV) hatte dafür bereits unmittelbar nach der Schiebock-Absage grünes Licht gegeben.
Fassungslos lagen die Plauener Spieler am letzten Samstag nach der knapp verpassten Oberliga-Meisterschaft auf dem Rasen.
"Für uns ist die Regionalliga wie die Champions League"
Es ist ein Aufstieg, der nach dem Knockout am Samstag nicht ganz unerwartet kam. Die Gerüchte um die negative Bischofswerdaer Entscheidung waren auch bis ins Vogtland vorgedrungen. "Wir haben schon mal was durchsacken hören", gesteht VFC-Trainer Karsten Oswald am Mittwoch im Interview mit SPORT IM OSTEN. "Dass es letztendlich so gekommen ist, freut uns natürlich sehr. Nach diesem Schlag in die Fresse am Samstag herrscht eine 'Jetzt erst recht'-Stimmung. Darauf sollten wir aufbauen. Aber jetzt beginnt auch die Arbeit", ergänzte der frühere Dynamo-Profi. Denn: "Diese Liga ist für uns gefühlt wie die Champions League."
Apropos Arbeit. Seine Mannschaft in Plauen führt der A-Lizenzinhaber nur nebenberuflich. Werktags arbeitet Oswald in der Firma von Hubert Wolf – seines Zeichens Vereinspräsident des künftigen Ligarivalen ZFC Meuselwitz. Die Unterstützung von dort ist "Ossi" auch weiterhin gewiss. "Sie halten mir jeglichen Rücken frei. Wenn es vom Pensum her nicht zu schaffen ist, kann ich mit den Stunden runter gehen", erzählt der 48-Jährige, der einst auch Spieler und Co-Trainer beim ZFC war. Nur wenn es nun zum Aufeinandertreffen mit den Thüringern kommt, könne es schwierig werden, schmunzelt Oswald.
VFC: Gerüst steht – punktuelle Verstärkungen gesucht
Dies dürfte aber auch die einzige Komplikation werden. Ansonsten sieht sich der VFC für die Regionalliga gewappnet. Auch personell. Von den Stammspielern verlässt nach aktuellem Stand nur Tim Kießling den Verein und wechselt zu einem noch nicht genannten Liga-Konkurrenten. 19 Spieler hätten dagegen einen Liga-unabhängigen Vertrag, sagt Thomas Popp, Sportlicher Leiter in Plauen, auf Nachfrage von SPORT IM OSTEN.
Der VFC Plauen ist zurück in der Regionalliga Nordost.
Gleichwohl sucht der VFC noch nach Verstärkungen. Dafür sei man laut Oswald auch schon mit interessanten Spielern in Kontakt gewesen. Diese Gespräche lagen nach dem vermeintlichen Nichtaufstieg auf Eis, sollen jetzt aber wieder "aufgetaut" werden, betont der Trainer. Diesbezüglich macht sich Oswald keine Sorgen. "Mittlerweile hat Plauen wieder eine Zugkraft". Man werde trotzdem beständig bleiben. Das "Harakiri, das den Verein vor einigen Jahren ruinierte", werde nicht noch einmal passieren, versichert der Aufstiegstrainer.
Im Winter wird es eklig im Vogtland
Vielmehr setze man in der Regionalliga auf die alten Tugenden. Plauen will wieder eine Heimmacht sein, gerade Spiele im Winter waren nie ein Vergnügen für die Gegner. "Wenn du die steile Treppe runter musst, weißt du, es könnte weh tun", flachst Oswald und schiebt hinterher: "Wir spielen aber auch guten Fußball."
Übrigens ereilte die Nachricht vom Aufstiegsglück durch die Hintertür einen Teil der Mannschaft auf Mallorca. Der Trip war gebucht – und dürfte nun von der Frustbewältigung zur euphorischen Regionalliga-Willkommensause geworden sein. In zweieinhalb Wochen rückt die neue Aufgabe eine Etage höher dann auch für die Plauener Spieler in den Fokus. Am 29. Juni steigt der Trainingsauftakt. "Jetzt müssen wir schauen, dass wir einen Schritt mehr im Training machen", weiß Oswald, der sich auf die namhaften Kontrahenten freut und auf 2.500 bis 3.000 Zuschauer bei Toppartien im Vogtlandstadion hofft.
Oberliga-Meisterschaft auf Zielgerade verspielt
Sportlich hat auch Plauen die Regionalliga allemal verdient. Der VFC führte die starke Oberliga seit dem zehnten Spieltag von oben an und hatte zudem die SG Dynamo Dresden im Sachsenpokal-Viertelfinale am Rande einer Niederlage. Im Saisonendspurt bekam die Mannschaft aber das große Zittern, büßte ihren zwischenzeitlich komfortablen Vorsprung nach einem ganz späten 2:2 gegen Budissa Bautzen und der 1:2-Heimpleite gegen Einheit Rudolstadt noch ein.
Vor dem letzten Spieltag hatte Plauen nur noch vier Tore Vorsprung. Weil man "nur" 2:1 beim 1. FC Magdeburg II gewann und Bischofswerda zeitgleich Arnstadt 6:0 abfertigte, fehlten zwei Tore zum sportlichen Aufstieg. Was sich zunächst wie ein schlechter Krimi anfühlte, endete aus VFC-Sicht doch noch mit einem Happy End.
sst/mhe