
Sportpolitik Sport in den Wahlprogrammen: Was planen die Parteien?
Der organisierte Sport in Deutschland boomt. Die Sportvereine haben im vergangenen Jahr knapp 29 Millionen Mitgliedschaften gemeldet - so viele wie noch nie. Aber im Bundestagswahlkampf kommen Sport-Themen praktisch nicht vor. Dabei haben alle großen Parteien das Thema Sport in ihren Wahlprogrammen - wenn auch in sehr unterschiedlichem Umfang. SPORT IM OSTEN hat alle Wahlprogramme der großen Parteien durchforstet und mit allen sportpolitischen Sprechern Interviews geführt.
Am ausführlichsten mit dem Sport befasst sich das Wahlprogramm der Union. Zehn konkrete Wahlversprechen formulieren CDU/CSU. Nach Wichtigkeit sind sie allerdings nicht sortiert. Deshalb haben wir alle sportpolitischen Sprecherinnen und Sprecher nach dem wichtigsten Sportthema für die kommende Wahlperiode gefragt. Die kompletten Interviews finden Sie am Ende dieses Artikels.
Sanierungsstau bei etwa 35 bis 40 Milliarden
Quer über die Parteigrenzen waren sich die Union, die Linke, die AfD und die Grünen einig: Der Sanierungsstau bei den Sportstätten muss angegangen werden. Tina Winklmann (Bündnis 907Die Grünen) bringt es auf den Punkt: "Keine Sportstätten – kein Sport". Geschätzte 35 bis 40 Milliarden Euro werden für die Sanierung von Sporthallen, Schwimmbädern oder Sportfeldern benötigt.
Stephan Mayer (CDU/CSU) will dafür eine "Sportmilliarde" pro Jahr investieren. In der gleichen Größenordnung fordert André Hahn (Die Linke) eine Unterstützung vom Bund. Eigentlich ist die Sanierung der Sportstätten vorrangig eine Aufgabe der Kommunen und der Länder. Weil hier aber das Geld fehlt, wird der Sanierungsstau nur durch Bundesmittel behoben werden können, da sind sich die Parteien einig.
Für BSW und FDP ist der praktische Sport am wichtigsten. "Eine generelle Bewegungsoffensive" fordert Philipp Hartewig (FDP), um "das ganze Land wieder in Schwung zu bekommen." Matthias Herzog (BSW) will, "allen Menschen den Zugang zum Sport ermöglichen." Kinder sollen einmalig 150 Euro im Jahr erhalten für die Mitgliedsbeiträge von Sportvereinen. Sabine Poschmann (SPD) gibt sich salomonisch: Der Spitzen- und Breitensport gehöre zusammen, "deshalb müsse man das weiterhin gemeinsam denken und fördern."
Sportfördergesetz tritt nicht in Kraft
Das wichtigste Sportpolitische Thema der Ampel-Koalition war ja ein Sportfördergesetz. Tatsächlich hat das Kabinett ein solches Gesetz am 6. November 2024 verabschiedet – am selben Tag ist allerdings die Ampel zerbrochen. Das als historisch gepriesene Gesetz ist nie in Kraft getreten. SPD und Grüne wollen zwar weiterhin ein Spitzensportfördergesetz. Aber dieses bereits verabschiedete Gesetz wird wohl auch nach der Wahl nicht umgesetzt werden.
"Dieses Spitzensportfördergesetz der Ampel war gut gemeint, aber leider furchtbar schlecht gemacht", so das vernichtende Urteil von Stephan Mayer (CDU/CSU). Zwar will der sportpolitische Sprecher der Union auf existierende Vorarbeiten aufbauen. Aber das Gesetz würde "von einer unionsgeführten Bundesregierung nicht 1:1 übernommen werden." Heißt im Klartext: Die von vielen Sportlern, Verbänden und Sportpolitikern sehnlichst erwartete Spitzensportreform wird noch etwas auf sich warten lassen.
Ehrenamt soll gestärkt werden
Ansonsten finden sich in den Wahlprogrammen ganz unterschiedliche Forderungen: Einen Staatsminister für Sport im Bundeskanzleramt (CDU/CSU), den Sport als Staatsziel im Grundgesetz verankern (SPD und Linke), eine Agentur gegen Korruption in internationalen Sportverbänden (Grüne), "Biologische Männern, die sich als Frauen fühlen", soll nicht erlaubt werden "in der Frauenkategorie zu konkurrieren" (BSW), Zusammenarbeit zwischen Vereinen, Schulen, Unternehmen und sozialen Einrichtungen intensivieren (FDP) oder muslimische Schüler aufgrund ihres Glaubens nicht vom Sportunterricht befreien (AfD).
Parteiübergreifende Einigkeit herrscht bei der Stärkung des Ehrenamtes – für den Sport ein existentieller Punkt. Außerdem wollen viele Parteien dem eSport die Gemeinnützigkeit zugestehen. Und dann gibt es noch ein großes Thema, bei dem sich tatsächlich fast alle Parteien einig sind: Olympische Spiele in Deutschland. Angepeilt wird dafür das Jahr 2040. Fünfzig Jahre nach der Wiedervereinigung und 68 Jahre nach den letzten Olympischen Spielen in München.