
Verdiente Niederlage in Bremen Eintracht-Aussetzer im Königsklassen-Schneckenrennen
Eintracht Frankfurt enttäuscht in Bremen mit einem uninspirierten Auftritt und lässt im Kampf um die Champions League leichtfertig Punkte liegen. Die Herangehensweise ans Spiel passt auf einigen Ebenen nicht.
Wie sehr sich der Frust über das eigene Abmühen aufgestaut hatte während des Gastspiels in Bremen, ließ sich an vielen Frankfurter Gesichtern am Samstagabend ablesen, am besten jedoch an jenem von Ellyes Skhiri. Der 29-jährige Mittelfeldspieler, ansonsten ein absoluter Ruhepol, wedelte plötzlich fuchsteufelswild durch die kalte Luft im Weserstadion. Er meckerte und meckerte und meckerte in dieser 81. Minute – vordringlich mit dem Schiedsrichter wegen eines seltsamerweise nicht geahndeten Rückpasses, doch gefühlt auch mit sich selbst und den Kollegen. Der Ärger musste einfach mal raus.
Wenig lief zusammen für Eintracht Frankfurt beim SV Werder, die 0:2-Niederlage war daher nur die logische Folge eines erstaunlich schwachen Auftritts. Erstaunlich deshalb, weil die Tendenz zuletzt bei den hessischen Siegen in Bochum und vor allem gegen Stuttgart eigentlich deutlich nach oben gezeigt hatte.
Toppmöllers Plan geht nicht auf
Und diesmal? Fehlte Intensität, wie Kapitän Robin Koch sagte, und Gier, wie Trainer Dino Toppmöller ergänzte. Sportvorstand Markus Krösche sah "eine der schlechtesten Saisonleistungen", bemängelte im ersten Abschnitt die fehlende Griffigkeit und empfand den zweiten Durchgang als "sehr wild" und "ohne Struktur". Nicht nur für Krösche, auch für Toppmöller war der SV Werder daher "einfach besser". Das habe zum großen Teil aber auch an der Eintracht selbst gelegen, "weil wir nicht das auf den Rasen gebracht haben, was wir uns vorgenommen haben", führte der Fußballlehrer aus.
Die Eintracht agierte oft durch die Mitte und wenig über Außen, was auch mit der Feldaufteilung der Frankfurter Spieler zu tun hatte. So war Mario Götze zwar nominell am rechten Flügel aufgeboten (dazu gleich mehr), seines fußballerischen Naturells entsprechend aber zog es ihn ständig in die Mitte, wo er sich mit Hugo Larsson auf den Füßen stand.
Der junge Schwede, diesmal nicht als Sechser, sondern als Zehner agierend, fühlte sich in seiner offensiveren Rolle sichtlich unwohl, musste mehrfach mit dem Rücken zum Tor den Ball abschirmen, statt ihn selbst mit langen Läufen durchs Mittelfeld treiben zu können. Auch Tuta, der in der eigentlichen Larsson-Rolle spielen durfte, tat dies ziemlich fahrig. Zumal er in der fluiden Systematik oft nach hinten in die Abwehrkette rutschte, was ihm wenig Sicherheit gab.
Götze und Ekitiké finden nicht zueinander
Schwer nachvollziehbar war vor allem, warum Toppmöller seinen Besten der Vorwoche von der Mitte nach rechts verschob. Völlig zu Recht war Spielmacher Götze nach dem Stuttgart-Sieg mit Lob überhäuft worden, unter anderem wegen seines hervorragenden Zusammenspiels mit Stürmer Hugo Ekitiké. In Bremen fanden sich die beiden Hochkaräter kaum – was sicher nicht nur an der Taktik lag, Ekitiké etwa erwischte einen mäßigen Tag, aber eben auch. Toppmöller begründete die Positionierung des Ex-Nationalspielers mit dem Hinspiel, als Götze aus eben jener Rolle das Siegtor gelungen war.
Als der 32-Jährige im zweiten Abschnitt wieder mittiger agierte, hinter der eingewechselten und sehr enttäuschenden Sturmspitze Michy Batshuayi, musste Ekitiké häufig auf den Flügel weichen. "Wir hatten keine Top-Struktur mit Ball", bemängelte Toppmöller. Für die Schlussphase betrat mit Igor Matanovic dann sogar ein weiterer Mittelstürmer das Feld, der dritte an der Zahl, allerdings ohne Erfolg. "Wenn wir glauben, wir könnten ein bisschen Fußball spielen und gucken mal, was dann passiert - das funktioniert nicht", kritisierte Manager Krösche die Arbeitseinstellung seines Teams.
In der Ruhe liegt die Kraft - bei Werder
Der SV Werder gewann verdient durch die Tore von Oliver Burke (28.) und Romano Schmid (84.). Es war zwar sicher nicht so, dass die Eintracht den Hanseaten heillos unterlegen gewesen wäre, aber doch in etlichen Bereichen. Die Gäste agierten zu uninspiriert, nicht zielstrebig genug, hatten kaum eine Torchance, im Grunde nur einen wirklich gefährlichen Versuch von Ekitiké im ersten Abschnitt. "Wir waren in allen Spielphasen besser", sagte der Bremer Trainer Ole Werner nicht ganz zu Unrecht. Unter anderem bei ruhenden Bällen.
Auch hier flankte die Eintracht zwar mehr Versuche in die Mitte, ein Tor aber gelang nur dem SVW. Eintracht-Kraftpaket Nnamdi Collins, ohnehin mit schwacher Leistung, hatte sich vor dem 0:1 simpel wegblocken lassen und war dann nicht mehr rechtzeitig vor dem völlig freistehenden Burke an den Ball gekommen.
Königsklassen-Chance so groß wie lange nicht
Mit Blick aufs große Ganze bleibt festzuhalten, dass das Schneckenrennen um die Champions-League-Plätze weitergeht. Denn trotz der Niederlage sind die Hessen, die am Donnerstag im Europa-League-Viertelfinale gegen Tottenham "ein anderes Gesicht zeigen müssen" (Kapitän Koch), noch immer starker Tabellendritter - mit mindestens zwei, womöglich sogar drei Zählern Vorsprung (je nach Ausgang des Gladbach-Spiels am Sonntag). Schneckenrennen jedoch deshalb, weil der Eintracht dieses Kunststück mit vergleichsweise wenigen Punkten gelingt.
Zur Einordnung: Vergangene Saison wären die Frankfurter mit ihren aktuell erreichten 48 Zählern nach 28 Spieltagen nur Sechster gewesen, mit dann schon sechs Punkten Rückstand auf einen Königsklassen-Platz. 2023 hätte diese Zählerzahl ebenfalls Rang sechs bedeutet, 2022 den fünften Platz.
Die schwächelnden Konkurrenten, allen voran die enttäuschenden, so langsam aber wieder näherkommenden Schwergewichte aus Dortmund und Leipzig, also eröffnen der Eintracht in dieser Saison die Riesenchance zur Teilnahme an der Champions League. Mit Leistungen wie in Bremen wird's dafür nicht reichen.