Niko Lester im Trikot von Frankfurt Galaxy

Galaxy-Spieler nach Herz-OP zurück auf dem Feld Niko Lester von Frankfurt Galaxy: "Football hat mein Leben gerettet"

Stand: 03.07.2024 07:08 Uhr

Niko Lester wollte seine Football-Karriere bei der Galaxy in Frankfurt langsam ausklingen lassen. Bevor er nur ein Spiel absolvieren konnte, musste er am offenen Herzen operiert werden. Mehr als ein Jahr später steht der 32-Jährige wieder auf dem Feld.

Von Gerald Schäfer

Niko Lester ist eine Football-Institution in Europa. Der gebürtige Kaiserslauterer ist weit rumgekommen in seinem Leben. Er spielt in Schweden, in Finnland, in Spanien, in Dänemark, gewinnt vier nationale Meisterschaften und wird in Dänemark sogar zum wertvollsten Spieler der Liga ernannt.

Lester steht gemeinsam mit Björn Werner, einem der wenigen Deutschen, die es in die NFL geschafft haben, für die Junioren-Nationalmannschaft auf dem Feld. Er wird selbst zum NFL Combine eingeladen, ein jährliches Schaulaufen in Indianapolis, bei dem die hoffnungsvollsten Talente ihr Können zeigen.

Schockdiagnose mit 18 Jahren

Seine Football-Karriere liest sich schon auf dem Papier beeindruckend, Lester aber schafft all das, obwohl ihm die Ärzte im Alter von 18 Jahren davon abraten, weiter Football zu spielen. Damals wird bei Niko Lester ein angeborener Herzfehler festgestellt.

"Das war 2010 nach einem Footballspiel", erzählt der Pfälzer im Gespräch mit dem hr-sport. "Ich habe nach einem Spiel hyperventiliert und bin ins Krankenhaus eingeliefert worden." Die Standard-Untersuchungen geben keinen Aufschluss darüber, warum Lesters Körper so reagiert. "Und dann kam Doktor Blackwell, den Namen vergesse ich niemals. Der meinte, er würde gerne noch mal einen Schlauch-Schlucktest machen mit einer Kamera, die das Herz von hinten durchröntgt." Der Test zeigt, dass sich Lesters Bikuspidalklappe nicht richtig entwickelt hat.

Ein Leben für den Football

Nicht nur die Ärzte, auch Lesters Familie möchte daraufhin, dass er mit dem Football-Spielen aufhört. Der junge Deutsch-Amerikaner sieht die Sache aber anders. Ohne seinen Sport wäre der Herzfehler vielleicht nie entdeckt worden. "Hätte ich dieses Football-Spiel nicht gehabt, dann hätte ich irgendwann wohl einen Herzinfarkt erlitten. Football hat sehr wahrscheinlich mein Leben gerettet", ist er überzeugt. Lester wiederum widmet sein Leben nun erst Recht dem Football und erreicht mit Herzfehler so viel wie nur wenige gesunde Spieler.

Mit Anfang 30 denkt er langsam über das Karriereende nach. Zum Abschluss möchte er bei Frankfurt Galaxy in der European League of Football (ELF) spielen. Auf dem höchsten europäischen Level, in der Nähe seiner Familie, die noch immer in Kaiserslautern lebt. Der Vertrag für die Saison 2023 ist schon unterschrieben, dann steht die Routine-Untersuchung des Herzens an. "Das war im November 2022 und da sagten die Ärzte, dass es jetzt Zeit für eine Herz-Operation ist", so Lester.

Die Angst vor dem Herzschrittmacher

Dass diese OP irgendwann kommen würde, war ihm schon seit der Diagnose klar. "Ich sollte aber eigentlich erst mit 50 oder 60 operiert werden. Das kam schon überraschend." Aber ihm bleibt keine Wahl. "Let's do it", sagt Lester den Ärzten.

Im März 2023 kommt der Modell-Athlet unters Messer. Die OP verläuft reibungslos, allerdings bereitet sein Herzrhythmus in den kommenden Wochen Sorgen. Es wird mit dem Gedanken gespielt, Lester einen Herzschrittmacher einzusetzen. "Der hätte alles zerstört, weil ich überhaupt keinen Kontaktsport mehr hätte spielen können."

Nach drei Wochen Beobachtung kommt die Entwarnung: Der Herzschrittmacher wird irgendwann wohl nötig sein, für den Moment hat sich Lesters Herz aber gut erholt – und ist stabil genug, um weiter Football zu spielen. Der Pfälzer kann es kaum erwarten. "Ein oder zwei Wochen nachdem ich aus dem Krankenhaus kam, bin ich direkt ins Fitness-Studio und habe Vollgas gegeben."

Die Krönung um eine Fußspitze verpasst.

Lester gehört 2024 zu den Leistungsträgern in der Frankfurter Defense. Im ersten Heimspiel am Bornheimer Hang, gegen die Panthers aus Wroclaw, fängt er sogar einen gegnerischen Pass ab und trägt ihn in die Endzone der Polen. Der sogenannte "Pick six" zählt dann aber doch nicht, weil Lester kurz vor der Endzone mit der Fußspitze ins Aus tritt.

"Die Interception war ein gutes Gefühl für mich selbst. Aber normalerweise trage ich solche Dinge nach Hause. Ich habe die Mannschaft hängen lassen", sagt er selbstkritisch. Die ELF-Saison ist aber noch lang, weitere Chancen auf einen Touchdown werden kommen.

"Für viele eine Inspiration"

Lester versteht sich als Team-Player – und das Team schaut auf zu ihm. "Das mit Niko ist eine krasse Geschichte und für viele eine Inspiration. Das Level, was er jetzt wieder auf den Platz bringt, ist bemerkenswert", sagt Defensiv-Kapitän Joshua Poznanski auf Nachfrage des hr-sport.

Geht es nach Lester, werden die Fans in Frankfurt ihn noch etwas länger auf diesem Niveau spielen sehen. "Ich glaube, wenn ich fit bleibe, kann ich noch fünf Jahre auf dem Level spielen", sagt er. "Ich werde es so weit pushen, wie es mein Kopf zulässt." Sein Kopf, wohlgemerkt. Seinem Herz vertraut er ohnehin.