
Durchpusten vor der letzten Saisonphase Chancen und Risiken für Eintracht Frankfurt
Die Eintracht-Saison wird zwar weiterhin von einigen Problemen begleitet, alles in allem aber lohnt der zuversichtliche Blick nach vorne. Gerade der Erfolg von Bochum könnte als Brustlöser nachwirken.
Für den Mittwoch hatte sich Dino Toppmöller, der Coach von Fußball-Bundesligist Eintracht Frankfurt, seine ganz persönliche Belastungssteuerung genehmigt. Akkus aufladen statt Testspiel coachen. Auf den sinnfreien Kick gegen den Fünftligisten Großaspach (0:1-Niederlage) verzichtete Toppmöller kurzerhand und überließ den Job Assistent Jan Fießer.
Auch aus dem Bundesliga-Kader waren in Abwesenheit der Nationalspieler, der Verletzten, des erkankten Junior Dina Ebimbe und des geschonten Mario Götze nur fünf Profis im Sportpark Dreieich angetreten. Und Kaua Santos, Jens Grahl, Mo Dahoud, Niels Nkounkou sowie Tuta erlebten schließlich einen Abend, an dem sie mehr Autogramme schrieben denn Bälle traten.
Ein Mix aus Höhepunkten und Tiefschlägen
So bleibt in diesen ruhigen Zeiten, die den Spielern bis nächste Woche einige trainingsfreie Tage bescheren, auch der eine oder andere Moment, aufs große Ganze zu blicken. Und bestenfalls aus dem Erlebten erfolgsbringende Schlüsse fürs Kommende zu ziehen. 15 Pflichtspiele hat der hessische Erstligist in diesem Kalenderjahr absolviert. Die Bilanz: acht Siege, drei Unentschieden, vier Niederlagen. Ist das jetzt gut? Oder schlecht? Am ehesten irgendwas zwischendrin. Es gab einerseits fußballerische wie emotionale Höhepunkte, etwa in der Europa League gegen Ajax Amsterdam, im Heimspiel gegen Dortmund, auch zuletzt in Bochum.
Andererseits kassierte die Eintracht diverse Tiefschläge. Die Abreibungen von den großen Zwei, Bayern und Bayer, seien genannt. Auch das eine oder andere Unentschieden gegen den Liga-Mittelstand, vor allem aber die Bruchlandung gegen Union Berlin, die sicher die vermeidbarste Pleite des Jahres war. Und damit auch die ärgerlichste.
Wahi und Batshuayi erfüllen Erwartungen (noch) nicht
Auch wenn es der Sportvorstand, die Trainer und Spieler wohl nicht mehr hören können, spielt der Verkauf von Omar Marmoush bei der Lage-Beurteilung natürlich weiterhin eine Rolle. Denn die Frankfurter haben zwar unter Einsatz erheblicher Finanzmittel (mehr als 20 Millionen Euro) versucht, auf den Verlust ihres Besten zu reagieren, den gewünschten Ertrag aber brachte das verpflichtete Stümer-Doppel Elye Wahi und Michy Batshuayi bisher nicht.
Letztgenannter hat immerhin zweimal getroffen, gegen Union und Bochum, über die Rolle des Ergänzungsstürmers aber kam der erfahrene Belgier trotzdem nicht hinaus. Dass sich das alsbald ändern wird, dass Trainer Toppmöller an der Seite von Hugo Ekitiké dauerhaft auf eine zweite Starfraumkraft setzen wird, darauf deutet wenig hin. Batshuayi aber dürfte in den richtigen Momenten, in den passenden Spielen weiterhin hilfreich sein.
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Und Wahi? Der enttäuscht, zumindest bisher. Kein Tor, kein Assist, kaum Impact aufs Spiel. Nur 169 Minuten stand der 22-Jährige auf dem Feld, er ist körperlich zurück hinter dem Rest. Sein fußballerisches Potenzial, das gerade Sportchef Markus Krösche schätzt, konnte er bisher nicht in Zählbares ummünzen.
Freilich: All das ist eine Stand-jetzt-Bewertung. Und es hat die Erfahrung doch eindrucksvoll gelehrt, besser Geduld zu bewahren, denn den Stab über Wahi zu früh zu brechen. Das wäre ein Fehler. Doch ob der Angreifer dem Team in näherer Zukunft, also in dieser Spielzeit, nachhaltig wird weiterhelfen können, ist zumindest fraglich. Vorerst fehlt er verletzt, womöglich wochenlang.
Bayoha sprintet in die Lücke hinein
Und so hatte und hat Trainer Toppmöller die schwierige Aufgabe zu bewältigen, den Marmoush-Abgang zu großen Teilen aus den zuvor schon vorhandenen Bordmitteln auffangen zu müssen. Das gelang an einigen Stellen gut, an anderen, logisch, weniger erfolgreich. Ansgar Knauff etwa rockte die Partie gegen Dortmund, später bewies Can Uzun einige Spiele lang seine Klasse. Hugo Ekitiké legte nochmals zu im auf ihn gerichteten Scheinwerferlicht. Und zuletzt sprintete im wahrsten Sinne des Wortes der junge Jean-Matteo Bahoya in die Lücke hinein.
Dass Toppmöller häufig das Personal wechselt und es dem Gegner anpasst, hat gewiss auch damit zu tun, dass die genannten Positiv-Erscheinungen ihre Leistungen nicht konstant genug abrufen. Die Abteilung Attacke befindet sich weiterhin in ihrer Findungsphase - mit den derzeit besten Karten für den jungen Bahoya.
Die Suche nach der Stabilität
Auch auf der anderen Seite des Feldes lief es nicht reibungslos für die Frankfurter, litt punktuell die Stabilität. Zum einen unter der veränderten Statik des ganzen Spiels, zum anderen unter den Leistungsschwankungen oder Verletzungen einzelner Profi. So war Robin Koch mal angeschlagen, dann Arthur Theate. Die Rolle des Ersatzchefs geriet für Tuta zudem zu belastend, er wackelte.
Nnamdi Collins pendelte zwischen bockstarken und sehr schwachen Leistungen. Nathaniel Brown rutschte zwischenzeitlich gar raus aus dem Team. Gerade bei Collins und Brown, das sei angemerkt, sind solche Ausschläge aber schlicht normal, performen die jungen Burschen doch ohnehin weit über den allgemeinen Erwartungen.
Das Torwart-Thema bleibt ein brisantes
Unter den Erwartungen parierte dagegen Kevin Trapp, was automatisch die seit Saisonbeginn schwelenden Diskussionen rund um die Nummer eins befeuerte. Trapps nobler Versuch, sich körperlich angeknockt in den Dienst der Mannschaft zu stellen, fällt ihm derzeit ein wenig aufs sowieso schmerzende Schienbein. Die eigenen Leistungen gerieten nicht optimal und in seiner Abwesenheit nutzte Vertreter Kaua Santos nun die Chance eindrucksvoll.
Der Frischling ist dem etablierten Ballfänger durch seinen überragenden Auftritt von Bochum noch enger auf die Pelle gerückt. Trapp soll bei voller Gesundheit zwar zurückkehren unter die Latte, das Torwart-Thema aber bleibt mindestens mittelfristig ein brisantes. Doch wer auch mal die positive Seite betrachten will: lieber zwei gute Keeper in den eigenen Reihen als gar keinen.
Bochum-Dreier als Brustlöser? Warum nicht!
Und so wird die Eintracht zwar weiterhin von diversen Schwierigkeiten begleitet, alles in allem aber ist die Mannschaft Tabellenvierter der Bundesliga und steht im Europa-League-Viertelfinale vor Highlight-Duellen gegen Tottenham. Täuscht der Eindruck nicht, könnte zudem der Erfolg von Bochum so etwas wie ein emotionaler Brustlöser gewesen sein. Die Eintracht spielte an der Castroper Straße zwar nicht die Königsklassen-Sterne vom Himmel, sie leistete einem der garstigsten Gegner überhaupt aber erbitterten Widerstand.
Eine Eigenschaft, die ihr in der Frühphase des Jahres an der einen oder andere Stelle gefehlt hatte. Dass der Bochum-Sieg eine Initialzündung gewesen könnte, für die letzte Saisonphase nun endgültig die passende Einstellung gefunden zu haben, ist zumindest kein abwegiger Gedanke.