Felix Klingler

BR24 Sport Ski-Löwe als Kitzbühel-Vorläufer: "Omas sehen das nicht gerne"

Stand: 23.01.2025 19:08 Uhr

Felix Klingler vom TSV 1860 München ist Vorläufer beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel. Er bezwingt die Streif als Testpilot - noch vor Odermatt, Paris und Co. Im Ziel wird Klingler dafür gefeiert - nur seine Omas schauen nicht gerne zu.

Von Mona Marko

Noch bevor die Ski-Stars Marco Odermatt, Dominik Paris oder Romed Baumann beim Hahnenkammrennen in Kitzbühel an den Start gehen, muss Felix Klingler auf die wohl gefährlichste Strecke der Welt. Felix Klingler ist Skirennfahrer vom TSV 1860 München. Er ist 25 Jahre alt – und startet dieses Jahr schon zum siebten Mal beim Hahnenkammrennen. Zum Vergleich: Thomas Dreßen hat die Streif während seiner gesamten Karriere "nur" neun Mal bezwungen – Super-Gs und Abfahrten zusammengerechnet.

Doch Felix Klingler startet am Samstag und Sonntag außer Konkurrenz und noch vor den regulären Teilnehmern. Der 25-Jährige ist Vorläufer, er ist einer der Testpiloten auf der schwierigsten Rennstrecke der Welt. Er testet die Sprünge; checkt, ob die Piste frei und die Sicht okay ist. Erst wenn Klingler im Ziel ist und sein "Go" gibt, dann dürfen auch Odermatt, Paris und Co. auf die Streif.

"Ich riskiere als Vorläufer nicht 100 Prozent - du sollst ja auch sicher runterkommen", sagt Klingler im Interview mit dem BR. "Im Netz zu landen, wäre das schlechteste, was du als Vorläufer machen kannst."

Bekannte Vorläufer: Marcel Hirscher und Johan Eliasch

Für diesen Job "gecastet" hat ihn Peter Eder vom Kitzbüheler Ski Club. Eder entscheidet, wer Vorläufer wird - wer auf die Streif darf und wer nicht. "Wenn ich sehe, dass jemand noch nie Rennen oder noch nie eine Abfahrt gefahren ist, dann brauche ich den nicht", sagt Eder im Interview mit BR24Sport. Heutzutage sind die Vorläufer im Normalfall selbst aktive Skirennfahrer. Auch Felix Klingler fährt FIS-Rennen.

Die Streif hatte auch schon prominente Vorläufer: Marcel Hirscher, Daron Rahlves, FIS-Präsident Johan Eliasch. "Aber der ist nur bis zum Hausberg gekommen", erzählte Eder über Eliaschs Fahrt, "dann hat ihn Toni Sailer abgewunken. Weiter konnten wir ihn nicht fahren lassen - weil er schon mit der Mausefalle und im Steilhang so überfordert war."

Bewerbungen aus aller Welt für Vorläufer-Startplatz

Vor einigen Jahren konnten sich auch Normalos als Vorläufer bewerben. Der Kitzbüheler Ski Club bekam Bewerbungen aus aller Welt – nicht alle davon waren ganz ernst gemeint. "Manche haben sich da einen Spaß draus gemacht", schmunzelt Eder. "Zum Beispiel eine Frau: Die hat geschrieben, sie will ihrem Mann zum 50. Geburtstag einen Startplatz beim Hahnenkammrennen schenken."

Dabei ist die Streif alles andere als ein Kindergeburtstag: weite Sprünge, steile Kurven, bis zu 150 km/h und 85 Prozent Gefälle. Nichts für schwache Nerven – eher etwas für kalte Füße: "Das hat es schon hin und wieder gegeben, dass ein Vorläufer nach der ersten Besichtigung zurückgezogen hat, weil er sich das nicht antun wollte", erzählt Eder.

Klingler hat die Streif schon in Badehose bezwungen

Auch Felix Klingler hatte 2017, kurz vor seinem ersten Streif-Einsatz, seine Zweifel: "Als ich das erste Mal am Start gestanden bin, hab ich mich schon gefragt: War das eine gute Idee?"

Mittlerweile kennt Klingler die Strecke in- und auswendig. 2023 ist er sie sogar bei Nacht gefahren – als Vorläufer für Lindsey Vonn. Die Ski-Queen, die aktuell ihr Comeback feiert, ist die Streif im Rahmen eines Projekts in Etappen hinuntergefahren. Ein anderes Mal ist Klingler die Streif in Badehose hinuntergerast – eine spontane Idee unter Freunden. Das Video von der Fahrt ist damals viral gegangen.

Erste Stürze und Verletzungen schon beim ersten Training

Die Strecke bleibt ein Abenteuer: "Die Angst lasst mit der Zeit nach, aber der Respekt bleibt", so Klingler. Respekt hat diese Rennstrecke auch verdient - immerhin kommt es immer wieder zu brutalen Stürzen: Klinglers Vorläufer-Kollegen David Ehrenmüller hat es am Mittwoch erwischt. Der Österreicher war bei der Landung in der Mausefalle gestürzt - er blieb unverletzt. DSV-Speedfahrer Jacob Schramm stürzte ebenfalls am Mittwoch schwer und zog sich eine komplizierte Knieverletzung zu.

Svindal, Innerhofer und Albrecht stürzten auf der Streif schwer

Auch den Besten ist die Streif schon zum Verhängnis geworden: Aksel Lund Svindal, Christof Innerhofer, Daniel Albrecht – allesamt Top-Fahrer, die in Kitzbühel schwer stürzten. Manche "Opfer der Streif" mussten nach ihrem Crash in Kitzbühel ihre Karriere beenden und trugen bleibende Schäden davon.

"Die Omas sehen das nicht so gern", sagt Felix Klingler und lacht, "aber ich mag das Adrenalin." Wenn er am Freitag beim Super-G und am Samstag bei der Abfahrt auf das Ziel zurast, dann empfangen ihn da rund 60.000 jubelnde Zuschauer. "Die feiern dich wie einen Sieger", erzählt Klingler. Nur die Omas müssen wegschauen.

Quelle: Abendschau 23.01.2025 - 18:00 Uhr