Fußballwelt verliert ihren "Kaiser" "Lichtgestalt" Beckenbauer - ein Nachruf
Fußballer, Trainer, Weltmeister, Präsident, Funktionär, Kosmopolit - Franz Beckenbauer war eine der schillerndsten Figuren im Fußball. Am Sonntag (07.01.2023) ist der "Kaiser" im Alter von 78 gestorben.
Er war der "Kaiser", ein begnadeter Fußballer, der alles gewonnen hatte, was es zu gewinnen gibt und als Trainer seinen Erfolg fortsetzte, um zur "Lichtgestalt" aufzusteigen. Mit dem "Sommermärchen" 2006 krönte er als WM-OK-Chef sein Lebenswerk. Doch ausgerechnet die Fußball-WM 2006 sollte später noch Schatten auf die Lichtgestalt werfen.
Erfolge von Anfang an
Der Sohn eines Postobersekretärs aus dem Münchner Stadtteil Obergiesing spielte in der Jugend zunächst für den SC 1906 München. Und schon damals zeichnete sich ab: Der Junge konnte wie kein anderer mit dem Ball umgehen. Sein Weg war vorgezeichnet. Mit 18 Jahren debütierte er beim FC Bayern, mit gerade einmal 20 Jahren verzauberte er im 1966er-WM-Team ganz Fußballdeutschland.
Die glorreiche FC-Bayern-Mannschaft der 70er-Jahre
Was dann folgte, war eine einzige große Erfolgsgeschichte, die mit dem dreimaligen Gewinn des Europapokals der Landesmeister, der heutigen Champions League, in den Jahren 1974 bis 1976 gekrönt wurde. Außerdem wurde Beckenbauer mit dem FC Bayern als Spieler viermal Deutscher Meister, viermal DFB-Pokalsieger, holte einmal den Europapokal der Pokalsieger und gewann 1976 den Weltpokal. Gegen Ende seiner Karriere spielte er für Cosmos New York und den Hamburger SV.
Mit der Nationalmannschaft wurde er 1966 in England zunächst Vize-Weltmeister, 1972 Europa- und schließlich bei der Heim-WM 1974 Weltmeister.
Beckenbauer – die "Lichtgestalt" des Fußballs
Nach seinem Karriereende als aktiver Spieler im Jahr 1983 wechselte Beckenbauer auf die Trainerbank. 1984 übernahm er als Teamchef (Bundestrainer durfte er sich wegen des fehlenden Trainerscheins nicht nennen) die Nationalmannschaft von Jupp Derwall. 1990 holte der damals 44-Jährige auch als Trainer den Weltmeisterpokal und wurde damit endgültig zur "Lichtgestalt" des deutschen Fußballs.
Im Video: Franz Beckenbauer ist tot - ein Nachruf
Beckenbauer – der Vater des Sommermärchens
Nach seiner Zeit als Spieler und Trainer war Beckenbauer von 1994 bis 2009 Präsident des FC Bayern München. Zusammen mit dem damaligen Manager Uli Hoeneß formte er den FCB zu einem international wettbewerbsfähigen Verein. 1998 wurde er Vizepräsident des Deutschen Fußball-Bundes und machte die Bewerbung für die WM 2006 zur "Kaisersache".
Für das "Sommermärchen" in Deutschland flog er rund um die Erde und kassierte dafür offenbar eine ordentliche, aber ungeklärte Aufwandsentschädigung. Erste Schatten fielen auf die Lichtgestalt. Beckenbauer musste sich erklären, aber er blieb vage in seinen Ausführungen:
Es kam zur Anklage, doch Beckenbauer musste sich aufgrund seines Gesundheitszustandes nicht vor Gericht verantworten. Er hatte in den letzten Jahren mit erheblichen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, musste sich Herz-Operationen unterziehen und trat kaum noch in der Öffentlichkeit auf.
Aus der Öffentlichkeit weitgehend zurückgezogen
Zu einer gerichtlichen Aufklärung kam es nicht - seine Gesundheit sei zu stark angegriffen, hieß es. "Was da alles war in den letzten Jahren. Mit all den Operationen und auch mit der Geschichte 2006. Das hat mich schon sehr mitgenommen", sagte Beckenbauer kurz vor seinem 75. Geburtstag in einem Zeitungsinterview.
Seit 2016 musste Franz Beckenbauer unter anderem zweimal am Herzen operiert werden. In der Öffentlichkeit sah man ihn nur noch selten.
Alter macht Beckenbauer "zum ersten Mal nachdenklich"
Dem FC-Bayern-Klubmagazin "51" gab er anlässlich seines 75. Geburtstages im September 2020 eines seiner selten gewordenen Interviews: Dieses Alter mache ihn "zum ersten Mal in meinem Leben ein bisschen nachdenklich." Über den Tod habe Beckenbauer häufig philosophiert, und er war auch direkt mit ihm konfrontiert: Am 31. Juli 2015 starb sein drittgeborener Sohn Stephan im Alter von 46 Jahren an einem Hirntumor.
Das Grübeln zum 75., sagte er damals, rühre daher, "dass man zwangsläufig mal an den Punkt kommt, an dem man darüber nachdenkt, dass das Leben endlich ist: Wann ist es so weit, dass Du entschwindest?" Wenn er zurückblicke, sei er "sehr zufrieden", versicherte Beckenbauer, und das sei "das Wichtigste."