Cortina d'Ampezzo

DSV-Alpinchef kontra Olympia 2026 Kritik an weiten Wegen: "Bricht olympischem Gedanken das Genick"

Stand: 06.02.2025 10:17 Uhr

Werden die Spiele von Mailand und Cortina d'Ampezzo ein ähnlicher Erfolg wie die Sommerspiele in Paris? DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier findet klare Worte.

Von Nicole Hornischer

Nach 20 Jahren gibt es wieder Olympische Spiele in Europa, mitten in den Alpen, quasi der Geburtsstätte der Winterspiele: 1924 fanden in Chamonix erstmals Winterspiele statt. Turin war 2006 der letzte kontinentale Austragungsort, danach machte Olympia Station in Vancouver, Sotschi, Pyeongchang und Peking - vor allem die letzten drei genannten Städte lösten viel Kritik aus: Die meisten Sportstätten mussten dort neugebaut werden und Wintersportresorts im herkömmlichen Sinne sind diese Städte auch nicht. Dem IOC wurde Gigantismus vorgeworfen, von Nachhaltigkeit war keine Spur - und olympisches Flair mochte auch nicht so richtig bei Athleten und Zuschauern aufkommen.

Weite Wege - wo bleibt der olympische Flair?

Wird nächstes Jahr in Mailand und Cortina d'Ampezzo alles besser? Werden die Wettkämpfe in Italien eine ähnliche Euphorie auslösen wie die Sommerspiele 2024 in Paris? Schließlich besticht die Region rund um den Olympiaort von 1956 mit zahlreichen traditionellen Wintersportorten auf. Biathlon in Antholz, Ski Alpin in Bormio und Langlauf in Val di Fiemme - Veranstaltungen dort gehören jedes Jahr zu den Höhepunkten im Wintersportkalender.

DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier sieht die Spiele 2026, die vom 6. - bis 22. Februar stattfinden, im BR-Interview kritisch: Denn die Wettkampfstätten liegen alle sehr weit auseinander - Mailand und Cortina sind fünf Autostunden entfernt, Val di Fiemme trennen weitere zwei Autostunden von Cortina.

Ski-Männer-Rennen in Bormio, Frauen in Cortina: Fahrzeit 5,5 Stunden

Die weiten Wege, die räumliche Trennung der Wettkampfstätten der verschiedenen Sportarten, das stößt dem 64-Jährigen auf und er sagt deutlich was er davon hält: "Das bricht dem olympischen Gedanken das Genick", sagt Maier.

Und er versteht nicht recht, warum das so ist. Denn für die Ski-WM 2021 tätigte Cortina viele Investitionen: Die Männer bekamen eine neue Abfahrtstrecke und einen neuen Slalomhang . "Von den alpinen Möglichkeiten her ist Cortina ein Traum. Alle Pisten sind Olympia-würdig", stellt der ehemalige Trainer der Alpinen fest. Trotzdem finden die Männerwettbewerbe 2026 in Bormio, die der Frauen im 306 Kilometer bzw. 5,5 Stunden entfernten Cortina statt. "Sie hätten wenigstens Männer und Frauen zusammen lassen können, um das olympisches Flair aufkommen zu lassen."

"Zusammenbringen der Sportfamilie" fehlt in Italien

2024, bei den Sommerspielen in Paris, gab es das viel beschworene olympische Flair. Mit ein Grund dafür war, dass - mit Ausnahme der Surfwettbewerbe - alle Wettkampfstätte zentral lagen, viele Sportler konnten als Zuschauer Athleten anderer Sportarten anfeuern - Paris war ein großes Fest.

"Das, was man in Paris gesehen hat, war das Zusammenbringen der Sportfamilie - komprimiert an einem Ort mit sensationellen Sportstätten. Jetzt in Italien macht man genau das Gegenteil. In der Historie der olympischen Geschichte gab es das noch nie, dass alpine Damen und Herren soweit auseinander liegen", sagt Maier und stellt fest: "Es war immer das Besondere, dass Damen und Herren gemeinsam an einem Ort sind und gemeinsam diese Olympischen Spiele durchführen. Und jetzt trennt man das."

Olympia 2026 : "Einzelweltmeisterschaften an verschiedenen Orten"

Olympia heißt für Maier, die Menschen zusammenzubringen. Aber mit den Spielen 2026 "wird das Gegenteil erreicht werden", glaubt der DSV-Funktionär und zählt auf: "Man gibt die Langläufer (Val di Fiemme, Anm. d. Red.), man gibt die Biathleten (Antholz, Anm. d. Red.), weg. Das werden Einzelweltmeisterschaften an verschiedenen Orten. Der Sport soll die Menschen verbinden, aber der Sport soll nicht die Menschen auseinanderreißen. Deshalb bin ich persönlich kein Unterstützer der Idee, dass man diese Olympischen Spiele auf das ganze Land verteilt."

Zieht Olympia 2030 die Lehren aus 2026?

Für Maier waren "die besten Spiele ever" im norwegischen Lillehammer 1994. "Die Menschen konnten von einer Sportart zu anderen gehen. Und das ist ja gerade das, was es so interessant macht." Wolfgang Maier glaubt, dass die Veranstalter bei den Spielen in den französischen Alpen 2030 "schon ihre Lehren aus den Spielen in Italien ziehen werden - wenn alles getrennt ist, kann man den olympischen Spirit nicht umsetzen."

Quelle: Blickpunkt Sport 09.02.2025 - 21:45 Uhr